In the Mood for Love

4K UHD | Hongkong 2000 | 98 Minuten

Regie: Wong Kar-wai

Anfang der 60er-Jahre lernt ein Journalist in einem Mietshaus in Hongkong seine Nachbarin kennen und teilt mit ihr bald die traurige Gewissheit, dass ihre jeweiligen Ehepartner miteinander ein Verhältnis haben. Als er sich in die Frau verliebt, seine Liebe aber unerwidert bleibt, verlässt er das Haus. Ein faszinierender, dramaturgisch wie kameraästhetisch formvollendeter Film, der über die Unmöglichkeit einer Rückkehr in persönliche wie kollektive Erinnerungen an die frühen 60er-Jahre trauert und ein höchst differenziertes Bild seelischer Befindlichkeiten zeichnet. - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
IN THE MOOD FOR LOVE
Produktionsland
Hongkong
Produktionsjahr
2000
Produktionsfirma
Block 2 Pictures/Paradis Films/Jet Tone Prod.
Regie
Wong Kar-wai
Buch
Wong Kar-wai
Kamera
Christopher Doyle · Mark Li Ping Bing
Musik
Michael Galasso · Umebayashi Shigeru
Schnitt
William Chang Suk-Ping
Darsteller
Maggie Cheung (Li-zehn) · Tony Leung (Chow Mo-wan) · Rebecca Pan (Mrs. Suen) · Lai Chen (Mr. Ho) · Siu Ping-Iam (Ah-Ping)
Länge
98 Minuten
Kinostart
01.07.2021
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
4K UHD | Liebesfilm | Melodram
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

Heimkino

Die originell konzipierte Special Edition (Universal, 2 DVDs) enthält neben mehrerer informativer Kurzfeatures über spezielle Aspekte des Films, ein aufschlussreiches Feature, mit dem es interaktiv möglich ist, die ausgeklügelte Musikdramaturgie des Filmes nachzuvollziehen. Des Weiteren ist enthalten: ein Interview mit Wong Kar-Wai ("Apartment der Chow", 22 Min.), ein Mini-"Making of" ("Apartment der Chan", 18 Min.) sowie ein kommentiertes Feature mit drei unveröffentlichten Szenen und einem alternativen Ende ("Zimmer 2046", 33 Min.). Die Edition der Süddeutschen Zeitung (DVD, SZ Cinemathek) enthält keine bemerkenswerten Extras. Die Neuauflage (DVD, Prokino) unter dem Titel "Alles Liebe - In the Mood for Love") ist weniger interaktiv, enthält aber weitestgehend das Bonusmaterial der Universal DVD, indes komprimierter zusammen mit dem Film auf einer Disk. Das wertig aufgemachte Digipak (4K UHD, BD plus DVD) enthält den brillant restaurierten Film und umfasst neben ausgewählten Extras der alten DVD-Special Edition vor allem eine interessante Pressekonferenz vom Filmfestival Toronto (39 Min.) und das "Making of"-Feature "@'in the mood for love'" (51 Min.) sowie ein 12-seitiges Booklet mit einem Kurztext zum Film. Das Digipak ist mit dem Silberling 2021 ausgezeichnet.

Verleih DVD
Universal & SZ Cinemathek & Prokino/Universum & Koch (16:9, 1.85:1, DD5.1 kant./dt.)
Verleih Blu-ray
Koch (16:9, 1.85:1, dts-HDMA kant./dt.)
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Anfang der 1960er-Jahre lernt ein Journalist in einem Mietshaus in Hongkong seine Nachbarin kennen und teilt mit ihr bald die traurige Gewissheit, dass ihre jeweiligen Ehepartner miteinander ein Verhältnis haben.

Diskussion
Wer wäre das nicht gerne: in der Stimmung für die Liebe? Und doch ist der Titel jenes gleichnamigen alten Jazz-Standards voller traurige Ironie. Nicht anders war es in Wong Kar-wais letztem Film: In „Happy Together“ (fd 32 738) kündete ein melancholischer Pop-Song davon, dass es das Glück für die meisten Menschen nur noch im Konjunktiv gibt. Auf ganz eigentümliche Art haben Wongs Filme, die von Liebe als einem Zustand intensiv empfundener Abwesenheit erzählen, aber durchaus ihre Möglichkeiten, Liebesglück zu vermitteln - wofür sich ausgerechnet Quentin Tarantinos gern als Zeuge zur Verfügung stellt: Er hat bekanntlich einst über Wongs „Chunking Express“ (fd 31 851) „geweint, weil es so schön ist, einen Film derart zu lieben“. Nun hat es Wong wieder einmal fertig gebracht, auch die notorisch Einsamen daran zu erinnern, dass man sich noch verlieben kann. Zumindest in Filme wie „In the Mood for Love“. In bis ins kleinste Detail arrangierten, von magisch-tiefen Farben beleuchteten Bildern führt er zurück in die Zeit seiner Kindheit in den frühen Sechzigern. Im Hongkong des Jahres 1962 ziehen zwei Ehepaare in dasselbe Mietshaus. Der Zeitungsredakteur Chow begegnet dabei Li-zehn, der Frau seines Nachbarn. Bald sehen sie sich fast täglich und unterhalten sich über Alltäglichkeiten, die plötzlich eine beklemmende Bedeutung erhalten: Geschenke, die sie von ihren jeweiligen Ehepartnern erhalten haben, teilen ihnen mit, dass sie betrogen werden. Wer „Chungking Express“ kennt, der weiß, welche Bedeutung Objekte in den Filmen dieses Regisseurs haben können. Da wurde die Wohnung des abwesenden Geliebten zur Spielwiese für Fantasien. Jetzt nehmen die Gegenstände gewissermaßen Rache, in dem sie für die traurige Seite der Wahrheit stehen.

Zwar verliebt sich Chow in seine Leidensgefährtin Li-zehn, doch an Partnertausch wäre niemals zu denken. Schließlich bleibt Chow nur der Auszug aus dem traurigen Mietshaus. Eine ungewöhnliche Coda lässt Wong seinem Film folgen: Nach unscharfen Videoaufnahmen eines Besuchs von DeGaulle in Kambodscha sieht man seinen Protagonisten an demselben Ort: Chow besucht eine verfallene buddhistische Tempelanlage. Von dieser gleichermaßen spirituellen wie dokumentarischen Sequenz geht nicht nur ob ihrer Unerwartbarkeit eine unmittelbare Kraft aus: Ähnlich Roberto Rossellinis „Reisen in Italien“ trifft das Erhaben-Ruinöse in der unverklärten Fotografie ganz intuitiv eine durch die Erzählung angesprochene Seelenlage. Alles in Wongs Film dreht sich um die Erfahrung von Verlust. Dessen mühevolle und zum Scheitern verurteilte Kompensation durch die Rekonstruktion hatte schon die Dreharbeiten nachhaltig bestimmt: In langwieriger Produktionszeit verstieg sich Wong immer mehr in die minutiöse Rekonstruktion einer im schnelllebigen Hongkong umso flüchtigeren Vergangenheit. Im Hauptteil des Films gelingt es Wong Kar-wai mit einem bezwingenden Trick, den Zuschauer ausschließlich für die Perspektive seiner beiden Hauptfiguren zu interessieren: ihre Ehepartner kommen im Film schlichtweg nicht vor, wodurch die Innenansicht eines Gefühls von Verlassenheit entsteht. Wong betrauert hier vor allem eine Epoche, die es nicht mehr gibt, und an die in Hongkong längst nichts mehr erinnert. Wieder einmal spielt dabei die Musik eine entscheidende Rolle: herrlich schwülstige Tangos, in miserablem Spanisch gesungen von Nat King Cole. Von Film zu Film sieht man diesen großen Regisseur reifen, ohne dass seine Neugier und spielerische Intelligenz von der emotionalen Strenge ablenken könnte. So scheint es, als sei gerade dieser Neuerer des Kinos sein letzter wahrer Klassiker: Wenn es heute noch Filme gibt, die die Zeiten überdauern, so sind es seine – auch wenn einen dieses Bekenntnis in die Rolle eines ähnlichen Nostalgikers rückt.
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