Last Night (1998)

Fantasy | Kanada 1998 | 90 Minuten

Regie: Don McKellar

Toronto am 31.12.1999: Genau um Mitternacht wird der Weltuntergang stattfinden. Für einen Architekten Mitte 30 steht der Entschluss fest, das denkwürdige Datum allein in seinem Appartement zu verbringen, doch auf dem Rückweg vom letzten Besuch bei seinen Eltern stößt er auf eine junge Asiatin, die ihn bittet, sein Telefon benutzen zu dürfen. Erstlingswerk, das einen Reigen individueller Abgründe entwirft. Das psychologisch genaue Drama benutzt das populäre Genre des Fantasy-Films als Vehikel für die unaufdringlich formulierte, doch überaus komplexe Botschaft, dass jede Nacht die letzte sein kann und als solche auch wahrgenommen werden sollte. (Film aus dem Millennium-Zyklus "2000 vu par...", der kurzzeitig auch im Kino zus ehen war; O.m.d.U.) - Sehenswert.
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Filmdaten

Originaltitel
LAST NIGHT
Produktionsland
Kanada
Produktionsjahr
1998
Produktionsfirma
Rhombus Media/La Sept arte/Telefilm Canada/Canadian Broadcasting
Regie
Don McKellar
Buch
Don McKellar
Kamera
Douglas Koch
Musik
Alexina Louie · Alex Park
Schnitt
Hans Lucas
Darsteller
Don McKellar (Patrick) · Sandra Oh (Sandra) · Callum Keith Rennie (Craig Zwiller) · Sarah Polley (Jennifer) · David Cronenberg (Duncan)
Länge
90 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert.
Genre
Fantasy
Externe Links
IMDb | TMDB

Diskussion
Toronto am 31. Dezember 1999: Der Weltuntergang steht vor der Tür. Die Regierung hat sich bereits vor zwei Monaten aufgelöst, seit Tagen geht die Sonne nicht mehr unter. In den Straßen herrscht eine etwas unentschlossene Katastrophenstimmung. Erst in den Abendstunden machen sich zunehmend marodierende Gruppen auf den Weg, so, als erfüllten sie eine Bürgerpflicht. Gewehrsalven sind zu hören, Brandschatzungen und sinnlose Plünderungen finden statt. Die Fernsehstationen übertragen live bis zum letzten Augenblick. Patrick, ein Mittdreißiger und im „richtigen Leben“ eben noch als Architekt beschäftigt, scheint entschlossen, nach einem gegenteiligen Motto zu handeln. Dieses könnte ungefähr „Stell dir vor, es ist Apokalypse, und niemand geht hin“ heißen. Er stattet seinen Eltern noch einen Besuch ab, um sich anschließend in sein Appartement zurückziehen und vielleicht eine Bruckner-Sinfonie zu hören. Auf dem Heimweg trifft er allerdings auf die junge Asiatin Sandra, die ihn bittet, sein Telefon benutzen zu dürfen.

Der Kanadier Don McKellar gehört als Schauspieler zur festen Besetzung der Filme von Atom Egoyan - in „Exotica“ (fd 31 113) verkörperte er beispielsweise den scheuen, doch betrügerischen Besitzer einer zoologischen Handlung - , spielte aber auch für Bruce McDonald („Roadkill“, fd 28 653) oder schrieb am Drehbuch von „Die rote Violine“ (fd 33 426) mit. Es scheinen recht familiäre Verhältnisse zu herrschen im kanadischen Kino. Im ersten eigenen Film des Darstellers McKellar sind nun wiederum Sarah Polley (die Überlebende aus „Das süße Jenseits“, fd 33 033), Egoyans Partnerin Arsinée Khanjian sowie David Cronenberg, der Pionier des Autorenfilms Kanadas schlechthin, zu erleben. Dies hat freilich nichts von jener Penetranz gegenseitiger Protektion, wie man sie etwa vom Vilsmaier-Komplex her kennt, entspricht vielmehr einem verwandten ästhetischen Gestus innerhalb dieser speziellen nordamerikanischen Film-Community. Cronenberg jedenfalls hätte es bestimmt nicht nötig, sich als Kleindarsteller für einen völlig unbekannten Kollegen zu verdingen. Seine Rolle als Angestellter der städtischen Gaswerke, der kurz vor dem Ende sämtliche Kunden persönlich anruft, um sich von ihnen zu verabschieden, ist zwar vergleichsweise klein, transportiert aber sehr intensive Momente. Kein Zweifel: Cronenberg nimmt seine Arbeit überaus ernst. So entspannt diese Kollegialität daherkommt, so unangestrengt widmet sich der Film seinem naturgemäß radikalen Thema: dem Ende aller irdischen Dinge. Man erfährt weder, wie sich die Katastrophe konkret gestaltet, noch werden irgendwelche Rettungsszenarien ausgebreitet. Das Ende wird ohne Umschweife postuliert, dient als Rahmen für eine Dramaturgie des geschlossenen Raums, in dem sich die wenigen Protagonisten auf sich selbst zurückgeworfen sehen. Man erlebt einen universellen Reigen individueller Nöte und Verwicklungen. Der Film ist deshalb kein Science-Fiction- oder Fantasy-Film im klassischen Sinne, sondern ein genau ausgezirkeltes psychologisches Drama, das das populäre Genre als Vehikel für seine unaufdringlich formulierte, doch überaus komplexe Botschaft benutzt; dass nämlich jede Nacht die letzte sein kann und als solche auch wahrgenommen werden sollte.
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