Historienfilm | Großbritannien 1998 | 123 Minuten

Regie: Shekhar Kapur

Als Elizabeth I., die Tochter von Heinrich VIII., 1559 den englischen Königsthron besteigt, beendet sie die blutige Rekatholisierung ihrer Vorgängerin Mary I. und setzt die protestantische Konfession wieder ein. Unter ihrer Regentschaft erlebt das Land eine neue Blüte. Dies ist der Hintergrund für einen monumentalen "Historienthriller" modernen Zuschnitts, der das Elisabethanische Zeitalter verklärt, aber auch eine Geschichtslektion in Sachen Macht erteilt. Die opulent-verschwenderische Ausstattung, Kamera und Musik sowie ein beeindruckendes Schauspielerensemble ergeben ein gelungenes Gesamtkunstwerk. (Fortsetzung: "Elizabeth - Das goldene Königreich") - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
ELIZABETH
Produktionsland
Großbritannien
Produktionsjahr
1998
Produktionsfirma
Working Title/Channel Four Films
Regie
Shekhar Kapur
Buch
Michael Hirst
Kamera
Remi Adefarasin
Musik
David Hirschfelder
Schnitt
Jill Bilcock
Darsteller
Cate Blanchett (Elizabeth I.) · Geoffrey Rush (Sir Francis Walsingham) · Christopher Eccleston (Duke of Norfolk) · Joseph Fiennes (Robert Dudley, Earl of Leicester) · Richard Attenborough (Sir William Cecil)
Länge
123 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Historienfilm
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Universal (16:9, 1.78:1, DD5.1 engl./dt.)
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Diskussion
England, 1554. Queen Mary I., eine machtbesessene Katholikin, herrscht über ein bankrottes, korruptes, von religiöser Instabilität und Hofintrigen zerfressenes Land ohne schlagkräftige Armee. Verheiratet mit einem Spanier, betreibt sie eine rigorose Politik der „Rekatholisierung“. Protestantische Gegner werden bei lebendigem Leibe zur Belustigung und Abschreckung des Volkes auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Elizabeth, ihre jüngere und protestantische Halbschwester, eine illegitime Tochter Heinrich VIII., ist den zahllosen Günstlingen ein Dorn im Auge. Dem Tod im Tower entgeht sie nur knapp und wird schließlich mit 15 Jahren zur Nachfolgerin gekrönt. Noch ganz ihrer schwärmerischen Jugendliebe Robert Dudley verfallen, glaubt sie, ein unbekümmertes Privatleben führen zu können. Aber die Berater und der Ministerrat fordern, die persönlichen Interessen zurückzustellen, um die brennenden Probleme Britanniens zu lösen. Sir William Cecil, der engste und einflußreichste Ratgeber, mahnt zur baldigen Heirat mit einem mächtigen Repräsentanten aus dem europäischen Adel, um wieder Ruhe einkehren zu lassen. Mit der Zeit erkennt die junge Regentin, daß sie ihre wachsende Autorität mit geschickten Schachzügen gegen die religiösen Eiferer und starren Machtpositionen ausbauen muß – zu Hause und im europäischen Rahmen. Anfeindungen der Franzosen und Spanier, die um verführerische Allianzen nachsuchen, insgeheim aber stets auf ihren Vorteil und eine Schwächung Englands bedacht sind, weiß sie mit Hilfe ihres neuen Ratgebers, des Superspions Sir Francis Walsingham, in die richtigen Bahnen zu lenken. Eine gefährliche Verschwörung um den Duke von Norfolk und dessen Gefolgsleute gibt ihr die Möglichkeit zur Beseitigung jeglicher Opposition. Nur ihre große Liebe Dudley bleibt verschont – als Erinnerung an die latente Gefahr. Am Ende steht ein unanfechtbarer Triumph aus Machtwillen, taktischer Strategie und nationaler Einheit.

„Elizabeth“ spielt in der großen Zeit der Tudors und schildert die strenge Regentschaft einer Königin, die im Bett starb. Die Frage, ob sie Jungfrau war, stand immer im Raum, da sie nie heiratete. Nach dem Verzicht auf ihre erste große Liebe, die später auch noch zum Verräter wurde, opfert Elizabeth ihre Privatsphäre ganz der Staatsräson. Einer immer wieder beschworenen Verheiratung entkommt sie durch die Metamorphose zur Ikone. Weiß geschminkt präsentiert sie sich dem versammelten Hofstaat und erklärt: „Ich bin mit England verheiratet.“ Sie ist intelligent, entschieden, unnahbar – und doch faszinierend. Die später als „Elisabethanisches Zeitalter“ nostalgisch verklärte Epoche wird durch Filme wie diesen retrospektiv noch einmal überhöht. Der indische Regisseur Shekhar Kapur („Bandit Queen“, fd 31 251) stilisiert die Figur der Elizabeth zur „Eisernen Lady“, so überaus drastisch, vital und rhythmisch legt er sein historisches Drama als wilden Thriller an. Als die Geschichte einer Frau, „die in Zeiten, als die Frauen nichts zählten, zwischen Liebe und Pflicht segeln mußte, und die Heirat verweigerte, um niemandem verpflichtet zu sein und allein regieren zu können“, definiert die australische Hauptdarstellerin Cate Blanchett die Perspektive von „Elizabeth“.

Es ist in der Tat ein monumentaler Historienthriller mit modernem Zuschnitt, was vor allem an der Charakterzeichnung von Mary I, Mary of Guise – eine undankbare Rolle für Fanny Ardant – , dem Lustmolch Duc d’Anjou oder dem Meisterspion Walsingham sichtbar wird. Die opulent-verschwenderische Ausstattung, die Qualitäten von Kamera und Musik sowie eines beeindruckenden Schauspielerensembles ergeben ein gelungenes filmisches Gesamtergebnis. „Elizabeth“ zelebriert unbewußt-bewußt eine Geschichtslektion in den Kathedralen der Macht. Bereits die in der Exposition mit einer rasanten Kamerafahrt auf die religiöse Diskussion einstimmende Scheiterhaufensequenz – Dreyers „Die Passion der Jeanne d’Arc“ (fd 2 876) nachempfunden – führt den Zuschauer elegant und wie beiläufig an die nötigsten zeitgenössischen Informationen und politischen Zusammenhänge heran. So sind auch die Intrigen, das höfische Zeremoniell und die Rituale von einer populären, ja fast populistischen Durchschaubarkeit. Die königliche Heldin wird zur Märtyrerin verklärt, zur Heiligenfigur. Sie unterstützt am Ende das hehre Pathos eines Lobliedes auf die englische Tudor-Dynastie, die Englands Glanz und Gloria ermöglichte – dank der Stärke und des persönlichen Verzichts einer Frau. Eine vergleichbare nationale Einigungsfigur zeichnete zuletzt Kenneth Branagh in „Henry V.“ (fd 28 627), indem er das hohe Lied auf die Geschlossenheit und den Willen zur Macht sang.
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