Zombie
4K UHD | USA 1977 | D-Kino: 118 Video: 110 Argento Cut DVD: 115 (= BD 119) US-Kinofassung BD: 127 Cannes Fassung BD: 138 Minuten
Regie: George A. Romero
Filmdaten
- Originaltitel
- ZOMBIE - DAWN OF THE DEAD
- Produktionsland
- USA
- Produktionsjahr
- 1977
- Produktionsfirma
- United Film/Dario Argento/Alfredo Cuomo
- Regie
- George A. Romero
- Buch
- George A. Romero · Dario Argento
- Kamera
- Michael Gornick
- Musik
- Dario Argento · The Goblins
- Schnitt
- George A. Romero · Kenneth Davidow · Dario Argento
- Darsteller
- David Emge (Stephen) · Ken Foree (Peter) · Gaylen Ross (Francine) · David Early (Mr. Berman) · Scott H. Reiniger (Roger)
- Länge
- D-Kino: 118 Video: 110 Argento Cut DVD: 115 (= BD 119) US-Kinofassung BD: 127 Cannes Fassung BD: 138 Minuten
- Kinostart
- 28.10.2021
- Fsk
- ab 18; nf (DVD vor 2020: ungeprüft & ab 18 cut)
- Genre
- 4K UHD | Horror | Thriller | Zombiefilm
Heimkino
Der Film ist bei Laser Paradise in diversen Auflagen (z.T. als Doublefeature mit "Night of the Living Dead") erschienen. Es handelt sich dabei meist um den signifikant verlängerten Director's Cut, der z.T. zusammen mit dem sog. "Euro-Cut" (116 Min.) vertrieben wird. Der Film ist in einer schier unübersichtlichen Vielfalt von Veröffentlichungen unterschiedlichster Labels erschienen; wegen seiner Indizierungs- und Freigabe-Geschichte zumeist gekürzt und mitunter in einer sehr schlechten Qualität. Nach seiner De-Indizierung im Mai 2020 ist der Film nun neu geprüft und "ab 18" in ungeschnittener Fassung und mittels 4K Master restauriert im Handel erhältlich. Koch Media veröffentlichte auch diese Version in unterschiedlichen Umverpackungen und Sammlereditionen. In allen Versionen findet sich ein Audiokommentar von Filmkomponist Claudio Simonetti. Die Mediabooks und die "4K Retro VHS Edition" (4 Disks) enthalten alle den Argento Cut des Films. Die Extras umfassen u.a. Interviews mit George A. Romero (71 Min.), mit Produzent Dario Argento (29 Min.), mit Make-Up-Artist Tom Savini (18 Min.) und mit Stuntman Taso Stavrakis (13 Min.). Zudem ein Feature über die berüchtigte italienische Fassung des Films (30 Min.), ein Interview mit Filmemacher Nicolas Winding Refn über das Phänomen "Zombie" (8 Min.) und das Feature "Bela B. trifft George Romero" (26 Min.). Auf einer zweiten Bonus BD befinden sich die Feature "Jörg Buttgereit und Kai Nowak über 'Zombie' Rezeption in Deutschland" (61 Min.), ein zeitgenössischer deutscher TV-Beitrag über die Dreharbeiten (24 Min.), Überblicke über die Homevideos des Films (14 Min.) und die deutsche Super-8-Fassung (45 Min.). Die überformatige, wertig erstelle Box "4K Limited Special Edition" (8 Disks) enthält den Argento Cut, den US Cut und den Cannes Cut sowie ein 28-seitiges Booklet, Filmplakate, Pressehefte und den Soundtrack auf CD. Die Mediabooks, die "Retro VHS Edition" und die "Limited Special Edition" sind mit dem Silberling 2020 ausgezeichnet.
Horrorfilm von George A. Romero, der die Motive seines Überraschungserfolgs "Die Nacht der lebenden Toten" (1968) aufgreift und zum grellen Spektakel ausbaut.
Als George A. Romero 1978 das zweite Mal die Toten aus ihren Gräbern erwachen lässt, ist die Zombie-Apokalypse noch immer Neuland. Die lebenden Toten sind noch kein vertrautes Phänomen, sie konsequenzlos abzuknallen, gehört noch nicht zum Genrekanon. Diejenigen, die sie töten müssen, haben keine Routine darin. Sie sehen noch den Menschen hinter den schlurfenden Körpern mit den aschfahlen Gesichtern. Peter (Ken Foree) und Roger (Scott H. Reiniger) gehören zu denjenigen, die Zombies und die Menschen töten sollen, die sich gegen die scheidende Staatssouveränität wenden.
Bereits der erste Einsatz deutet das Ende der vor-epidemischen Welt an. George A. Romero entwirft die Krise als Ereignis, auf das unsere Gesellschaft keine Antwort hat. Einer der Soldaten begeht noch vor Ort Selbstmord. Andere Teile der Nationalgarde machen Fotos mit den lokalen Waffennarren, während die Untoten auf sie zumarschieren. Die Medien sind bereits zu Beginn des Films, noch bevor das Ausmaß der Bedrohung deutlich wird, im Chaos versunken. Aufnahmeleiter brüllen Mitarbeiter an, Moderatoren und Publikum kämpfen um die Mikrofone und der eingeladene Wissenschaftler hängt mit seinen Analysen bald in einer misanthropischen Schleife fest. Francine (Gaylen Ross) und ihr Freund Stephen (David Emge), ein Helikopterpilot, haben die Flucht zu diesem Zeitpunkt längst verabredet. Roger und Peter schließen sich an, nachdem der Einsatz, die Stadt und alles andere im Chaos versunken ist. Sprit gibt es kaum, ein Ziel gar nicht. So landet der Hubschrauber schließlich auf dem Dach eines Einkaufszentrums.
Die Mall als vergessene Utopie
Aus heutiger Sicht erscheint die Mall, als das unverkennbare Symbol des pathologischen Konsumzwangs, das sie für George A. Romero ist, geradezu nostalgisch. Ein Relikt abgehängter Kapitalismusformen und zugleich eine vergessene Utopie. Als Raum ist sie zwar Privatbesitz, aber bietet eben auch eine Form von Öffentlichkeit. Besonders für Jugendliche erschien die Mall einst als relevanter Gemeinschaftsraum, der im besten Fall sogar eine Form von Selbstbestimmung durch Konsum versprach (meine Musik, meine Filme, meine Kleidung). Eine Idee, die in Romeros Meisterwerk wie auch in der heutigen Zeit zunehmend ausgehöhlt und absurd erscheint.
Doch das Einkaufszentrum taugt eben auch als Erinnerung der Untoten, auch wenn sie für diese ein Ort ohne Funktion geworden ist, in dem der Körper ohne geistige Funktion im Leerlauf kreist. Die aus dem erhaltenen Rest des Unterbewusstseins abgespulten Verhaltensweisen sind nicht nur Kapitalismuskritik, sondern auch fantastische Körperperformance: Zombies schubsen Einkaufswagen durch die Hallen, fallen in die Springbrunnen oder hängen in den beständig weiterlaufenden Rolltreppen fest. Die gleichen Untoten, die in diesen Momenten ganz drollig wirken, ziehen in anderen der unachtsamen Menschheit das Fleisch von den Knochen. Die dazugehörigen Effekte von „Practical Effects“-Pionier Tom Savini haben sich auch im Alter ihren horrenden Ekel bewahrt.
Nach außen angedichtet, innen aufgeräumt
Zwischen den Drolligen, Gefährlichen und Bedauernswerten, die sinnlos durch die Hallen schlurfen, macht es sich das Quartett der Überlebenden heimelig. Nach außen wird abgedichtet, innen wird aufgeräumt. Die gefundenen Notfallrationen werden zu Schreibtischen gestapelt, alles was es sonst zum Leben braucht aus den Läden in die sichere Unterkunft der oberen Etage geschleppt. Ein Unterfangen, bei dem Gefahr und Komik immer wieder auf absurdeste Weise zusammenstoßen, bis das Überleben äußerst bequem geworden ist. Für wirkliche Leidenschaft reicht es nicht. Romero lässt sie buchstäblich im Bild einfrieren, als Francine und Stephen nach einem opulenten, gemeinsamen Abendessen nebeneinander im Bett sitzen.
Die eigentliche Spannung des Films entsteht nicht zwischen den Lebenden und den Toten, sie ist immer eine gesellschaftsstrukturelle. Romero teilt die Überlebenden in diejenigen, die horten und diejenigen, die plündern. Während das Quartett die wehrhafte Architektur des Einkaufszentrums nutzt und dessen oberste Etage vom Schutzraum vor dem apokalyptischen „da draußen“ zum Lebensraum ausbaut, hinterlässt die plündernde Motorradgang, die sich per Funk ankündigt, nur verbrannte Erde. Beide, die bauende Bourgeoisie und das plündernde Proletariat, scheinen dabei an eben der amerikanischen Gesellschaft zu hängen, der Romero, indem er die Toten auferstehen lässt, eine Absage erteilt.
Unfähig, von Konsum und Hierarchien abzulassen
Die eigentliche Tragödie ist damit nicht die Zombie-Epidemie selbst, sondern die Unfähigkeit der Überlebenden, von Konsum und Klassenhierarchien abzulassen, um einer gemeinsamen Bedrohung der Welt zu begegnen, die für beides keinen Platz mehr lässt. Als die Mall dann verlassen werden muss, ist „Dawn of the Dead“ endgültig in einem Jetzt angekommen, das mehr als vierzig Jahre später noch diese Bezeichnung verdient. „Wie viel Sprit haben wir noch?“, ist die letzte Frage, die gestellt wird. „Nicht viel.“