Film Inspirationen

Filme gegen rechts

Rechte Parteien finden mit radikalen Ansichten immer mehr Zulauf. Allerdings nicht ohne Widerstand. Filme setzen sich mit den „Neuen Rechten“ auseinander, erzählen von Zivilcourage und dem Aufschrei der Gesellschaft.

Rechtes Gedankengut stößt in den letzten Jahren bei deutschen Wählern zunehmend auf fruchtbaren Boden. Ausgrenzungs- und Hassparolen werden vielerorts nicht mehr als Affront wahrgenommen, sondern gefeiert. Dagegen protestieren mittlerweile aber bundesweit Millionen Deutsche. Die Bedrohung für Demokratie und Gesellschaft durch rechtsextreme Politiker ist so deutlich wie noch nie seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs.

Auch viele Filmschaffende blicken mit Sorge auf die Gefahr durch rechtes Gedankengut und die zunehmenden Wahlerfolge rechter Parteien. Ihre Spiel- und Dokumentarfilme bleiben jedoch nicht bei der bloßen Beobachtung stehen. Sie halten der Gesellschaft einen Spiegel vor und suchen nach Mitteln, um Rhetorik, Methoden und Ziele der neuen Nazis aufzudecken. Neben der Aufklärung stehen dabei der ausdrückliche Wille zum Widerstand und hilfreiche Hinweise für den eigenen Umgang mit dem Rechtsruck.

Deutschland 2011 | R: David Wnendt | Mit: Alina Levshin

Kriegerin

Eine junge Frau aus Mecklenburg schlägt und tritt sich als Neo-Nazi durch ihr tristes Dasein, bis ein Mädchen aus "besseren" Kreisen in ihre Kameradschaft drängt und ein jugendlicher Flüchtling aus Afghanistan ihre Wege kreuzt. Der spannend und intensiv erzählte, gut recherchierte Debütfilm zeichnet abseits von Klischees ein authentisches Bild des braunen Milieus in Ostdeutschland und lässt sich mutig auf die Binnensicht seiner Figuren ein. Im letzten Drittel psychologisiert er allerdings allzu sehr seine Protagonistin, was die realistische Darstellung der rechten Szene untergräbt. - Ab 16.

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Deutschland 2020 | R: Julia von Heinz | Mit: Mala Emde

Und morgen die ganze Welt

Eine junge Jurastudentin aus adeligen Kreisen schließt sich in Mannheim einer Antifa-Gruppe an, in der sie anfangs nur geduldet ist. Als die Aktivisten einem rechten Netzwerk auf die Spur kommen, das Sprengstoff und Munition bunkert, wandelt sich die Milieu- und Jugendstudie zum Politthriller, der um die Frage kreist, ab wann Gewalt im Kampf gegen Rechts erlaubt oder gar geboten ist. Der politisch engagierte Film greift ein brisantes Thema auf und glänzt durch viele sprechende Details und herausragende Schauspieler; filmsprachlich und dramaturgisch mangelt es ihm aber an der Entschiedenheit, die Konventionen wirklich zu durchbrechen. - Ab 14.
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Deutschland 2022 | R: Sebastian Peterson | Mit: Irina Usova

Das Recht der Stärkeren

Eine 18-Jährige rebelliert gegen ihre Arbeit in einer Behindertenwerkstatt und ihren alleinerziehenden Vater und reagiert sich auf ihrem Videoblog und in den Sozialen Medien ab, indem sie teilt und kommentiert, was Aufmerksamkeit erzeugt. Dadurch gerät sie in den Fokus der rechtsradikalen Szene und freundet sich immer mehr mit deren jungen Parteigängern an. Das Drama über eine Radikalisierung setzt mit einem Terroranschlag ein und erzählt seine Geschichte als Rückblick über die Videos der jungen Hauptfigur. Diese ist mit Mut zur Vielschichtigkeit angelegt und verleiht dem Film eine Intensität, die ihn trotz einiger weniger gelungener inhaltlicher Ideen interessant und diskussionswürdig macht. - Ab 16.
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Deutschland 2013 | R: Burhan Qurbani | Mit: Jonas Nay

Wir sind jung. Wir sind stark.

Die skandalösen Ereignisse aus Rostock-Lichtenhagen, wo im Sommer 1992 jugendliche Hooligans nach pogromartigen Tagen ein Wohnheim von vietnamesischen Immigranten anzündeten, verdichten sich als Abfolge kleiner Geschichten. Dabei werden nicht nur die Opfer und das politische Versagen, sondern auch die jugendlichen Brandstifter in Blick genommen, die mit rechter Gesinnung kokettieren, aber noch keine Nazis sind. Der differenzierende Rückblick wurde mit großem handwerklichem Geschick in Szene gesetzt, kreist um den Frust und die Orientierungslosigkeit der Nachwendezeit. - Sehenswert ab 14.

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Deutschland 2018 | R: Pablo Ben Yakov

Lord of the Toys

Eine Clique Dresdner Youtuber labert, säuft und knutscht sich durch die Gegenwart, immer auf der Suche nach Alkohol und Provokation. Zentrale Gestalt und Zentrum der Gruppe ist der eloquente 20-jährige Max „Adlersson“ Herzberg, der mit Musikvideos und Challenges auf Youtube als Star gilt und 300.000 „Follower“ hat. Der clever montierte und von einer kraftvollen Toncollage getragene Film deckt eine Parallelwelt aus spätpubertärer Langeweile und geistiger Ödnis, Verwirrung und Infantilität auf. Er macht deutlich, dass es ein weiter Weg sein wird von der Deradikalisierung dieser verlorenen Jugend zu ihrer Rehumanisierung. - Ab 16.
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Deutschland 2017 | R: Fatih Akin | Mit: Diane Kruger

Aus dem Nichts

Eine Frau verliert bei einem Bombenanschlag ihren deutsch-türkischen Mann und ihren Sohn und verfällt in tiefe Depressionen. Die rechtsextremistischen Täter werden vor Gericht gestellt, doch das Verfahren endet mangels Beweisen mit einem Freispruch, was den Glauben der Witwe an den Rechtsstaat zerstört. Der an den NSU-Anschlag 2004 in Köln angelehnte Film wechselt vom Melodram über einen Gerichtsfilm zum Rachethriller, wobei er sich durchgängig auf die Trauernde und ihre Gefühle konzentriert. Zugleich macht er die Wut über die jahrelange Kriminalisierung der Opfer spürbar. Die herausragende Hauptdarstellerin bewahrt den Film jederzeit vor dem Abgleiten in ein plakatives Politdrama. - Ab 14.
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Deutschland 1992 | R: Ralf Huettner | Mit: Harald Juhnke

Der Papagei

Ein abgehalfterter Schauspieler wird während des Wahlkampfes zum charismatischen Spitzenkandidaten einer rechtsextremen Partei aufgebaut. Zunehmende Skrupel treiben ihn zu dem Versuch, Finanzierung und heimliche Führungsspitze der Partei zu enthüllen. Harald Juhnke brilliert in einer zügig inszenierten Farce, die jedoch Mühe hat, in ihrer politischen Argumentation sicheren Boden unter die Füße zu bekommen. - Ab 14.

Deutschland 1999 | R: Dominik Reding | Mit: Sascha Backhaus

Oi! Warning

Ein 17-Jähriger aus kleinbürgerlichen Familienverhältnissen brennt nach Dortmund durch, wo er in einem dumpfen Skinhead und Kickboxer sein Vorbild sucht, immer mehr in die gewalttätige Szene der Skins gerät und zu ihrem unkritischen Mitläufer wird. Erst spät trifft er eine eigene, fatalerweise nicht minder von Gewalt bestimmte Entscheidung. In krassem Naturalismus ohne jede Beschönigung der jeweiligen "Szenen" illustriert der hervorragend fotografierte Film die fatalen Sackgassen eines kollektiven Wahns, der sich in Hass und Zerstörung entlädt und damit jede Form jugendspezifischer Rebellion sprengt. Ein sperriger, "unbequemer" und schmerzhafter Film über Heimatlosigkeit und Orientierungslosigkeit; vehement gespielt und kraftvoll inszeniert. - Sehenswert ab 16.

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Deutschland 2017 | R: Charly Hübner

Wildes Herz

Dokumentarfilm über die Punk-Band „Feine Sahne Fischfilet“ und ihren Frontmann Jan „Monchi“ Gorkow, die sich in ihrer Heimat Mecklenburg-Vorpommern nicht kampflos dem Rechtsruck ergeben wollen. Mit ihren bissigen Songs über die Misere des Landes, Neo-Nazis und Alltagsfrust agieren sie gegen fremdenfeindliche Parolen und Überzeugungen, was ihnen aber auch die Beobachtung durch den Verfassungsschutz eingebracht hat. Dem engagierten Debütfilm des Schauspielers Charly Hübner mangelt es zwar an Distanz zu den Musikern und ihrem charismatischen Anführer, doch gerade dadurch vermittelt sich eine starke Unmittelbarkeit, die zur Stellungnahme im Kampf um die kulturelle Deutungshoheit herausfordert. - Ab 14.
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Deutschland 2023 | R: Julian Vogel

Einzeltäter Teil 1: München

Dokumentarfilm über den Anschlag eines jungen Mannes auf das Münchner Olympia-Einkaufszentrum 2016, bei dem er neun Jugendliche ermordete. Der Film gehört zu einem dreiteiligen Projekt, das rassistische Anschläge in Deutschland beleuchtet und die These vom verwirrten Einzeltäter jeweils als Verharmlosung rechtsradikaler Netzwerke entlarvt. Dabei gibt er vor allem den Angehörigen eine Stimme, zeigt ihre verzweifelten Versuche, ihr Leben zu bewältigen, und begleitet sie bei ihrem jahrelangen Kampf um Anerkennung der wahren Umstände des Anschlags. Ein filmisch hervorragend erzählter, hochrelevanter Umgang mit Zeitgeschichte. Die anderen Teile beleuchten die Anschläge von Halle und Hanau. - Sehenswert ab 14.
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Deutschland 2006 | R: Andres Veiel | Mit: Susanne-Marie Wrage

Der Kick

Filmische Adaption eines dokumentarischen Theaterstücks, in dem die Autoren den Hintergründen eines grausamen Verbrechens nachspüren, bei dem im Sommer 2002 drei junge Männer in einem Dorf in Brandenburg einen 16-Jährigen bestialisch ermordeten. Mit den Mittel des Brechtschen Theaters entwirft der minimalistische Film ein bedrängendes Mosaik, das die Tat in soziale, politische und historische Kontexte einbindet, ohne sich mit einzelnen Erklärungen zufriedenzugeben. - Sehenswert ab 16.

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Deutschland 2020 | R: Dani Levy | Mit: Dimitrij Schaad

Die Känguru-Chroniken

Ein verschluffter Berliner Kleinkünstler lernt ein kommunistisches Känguru kennen, das ungefragt bei ihm einzieht. Durch seine Ansichten gerät es mit den Schlägern eines rechtspopulistischen Immobilienhais aneinander und versucht mit ein paar Mitstreitern, dessen Großbauprojekt zu stoppen. Die ebenso rasante wie kongeniale Verfilmung der erfolgreichen „Känguru“-Romane von Marc-Uwe Kling glänzt durch herrliche Überzeichnungen und ein erfrischendes Darstellerensemble. Der politisch ambitionierten Komödie gelingt überdies der Brückenschlag zwischen anarchischem Humor und aufklärerischem Interesse. - Ab 12.
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Deutschland 2013 | R: André Schäfer

Deutschboden

Auf den Spuren von Moritz von Uslars literarischer Reportage „Deutschboden“ erkundet der semi-dokumentarische Film auf originelle Weise das Leben junger Männer in einer brandenburgischen Kleinstadt. Nach vorherrschenden (Klischee-)Vorstellungen müsste dieses von Arbeitslosigkeit, Alkoholismus und Rechtsradikalismus geprägt sein, doch in den Begegnungen bei Grillfesten, am Tresen oder auf dem Bolzplatz ergibt sich ein weit differenzierteres Bild, das mitunter wie eine Liebeserklärung an die Langeweile und Normalität der Provinz anmutet. - Ab 14.

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Deutschland 2016 | R: Stefan Ludwig

Der zornige Buddha

Um der gesellschaftlichen Ausgrenzung der Roma in Ungarn entgegenzuwirken, haben an buddhistischen Prinzipien orientierte Pädagogen Schulen gegründet, um jungen Roma das Abitur zu ermöglichen. Über drei Jahre hinweg verfolgt der vielschichtige Dokumentarfilm zurückhaltend die Bemühungen zweier Lehrer, Jugendliche aus einem Dorf für ihren Unterricht zu gewinnen. Der Widerstand mancher Schüler gegen Disziplin und die minderheitenfeindliche ungarische Politik legen ihnen immer wieder Steine in den Weg. Der Film über das pädagogische Experiment vermittelt viel vom Mut und von den Hoffnungen der Protagonisten. - Ab 14.
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Deutschland 2017 | R: Martin Farkas

Über Leben in Demmin

Am Ende des Zweiten Weltkriegs begingen in der vorpommerschen Kleinstadt Demmin mehrere hundert Bewohner aus Angst vor der heranrückenden Roten Armee Selbstmord. Der Film porträtiert in langen Einstellungen den Ort, der mit seiner Vergangenheit kämpft. Die bewegenden Erinnerungen von Überlebenden des Massenselbstmords werden dabei mit dessen Instrumentalisierung durch Rechtsradikale kontrastiert, die Jahr für Jahr einen Fackelmarsch durch den Ort veranstalten. - Ab 14.
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