Dokumentarfilm über die Arbeit in einem Schweizer Kreditkartenunternehmen, der in seiner stakkatoartigen Montage immer wiederkehrende Handlungen aneinanderreiht und damit die Monotonie der modernen, von Computern bestimmten Arbeitswelt sichtbar macht. Vorgestellt wird ein sich verselbständigendes System, das nicht nur die Arbeitswelt der Angestellten bestimmt, sondern weit in ihre Privatsphäre hineinwirkt. Der faszinierende, atmosphärisch dichte Film erschließt sich in seiner Informationsfülle erst im Nachhinein; in seiner Allgemeingültigkeit weist er weit über die dargestellten Beispiele hinaus. (O.m.d.U.)
- Sehenswert ab 14.
Well Done
Dokumentarfilm | Schweiz 1994 | 75 Minuten
Regie: Thomas Imbach
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Filmdaten
- Originaltitel
- WELL DONE
- Produktionsland
- Schweiz
- Produktionsjahr
- 1994
- Produktionsfirma
- Bachim Film/Filmkollektiv Zürich
- Regie
- Thomas Imbach
- Buch
- Thomas Imbach · Monika Gsell
- Kamera
- Jürg Hassler · Thomas Imbach · Peter Liechti
- Schnitt
- Thomas Imbach · Jürg Hassler
- Länge
- 75 Minuten
- Kinostart
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- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 14.
- Genre
- Dokumentarfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Diskussion
Das System spielt Streiche! Der Informationsfluß ist kaum noch kontrollierbar! Finanzmarkt ist Krieg! Beziehung braucht Investment! Fast pausenlos fallen verräterische Sätze dieser Art, die die Mitarbeiter eines weltweit operierenden Züricher Kreditkarten-Unternehmens völlig unbedarft äußern. Sie sind Ausdruck einer durch und durch verinnerlichten Arbeitswelt, die kaum noch von Menschen geprägt wird, sondern dem Rhythmus von Schaltkreisen, Datenströmen und Mikroprozessoren untergeordnet ist. Schöne neue Welt, die längst Wirklichkeit geworden ist. Der Schweizer Dokumentarfilmer Thomas Imbach hat über Monate hinweg sieben Mitarbeiter vom leitenden Angestellten bis zur Bürobotin der Zürcher Telekurs AG, beobachtet und befragt; er dokumentiert ihre Arbeitswelt, begleitet sie auf dem Nachhauseweg und während des Feierabends. 75 Stunden grobkörniges Videomaterial ergab die Rechereche, ein Wust an Informationen, der sich scheinbar kaum ordnen ließ. Erst im Schneideraum konnte Ordnung in die filmische Fundgrube gebracht werden – eine Ordnung, die ebenso erhellend wie erschreckend ist. Mit stakkatoartigen Schnitten reiht Imbach immer Gleiches aneinander, dokumentiert die immer gleichen Telefongespräche um Geld und Geschäftsabschlüsse; zeigt eine schier endlose Abfolge von Telefonhörern, die auf die Gabel geknallt werden; rückt Finger ins Bild, die belehrend oder drohend zeigen oder unbewußt den Arm kratzen; zeigt Firmenweiterbildungen und ratlose Techniker, die unter immensem Zeitdruck dem neuen Computer-System auf die Schliche kommen wollen oder müssen. Die Hektik, die der Film über die ganze Dauer verbreitet, und die ihn ebenso faszinierend wie anstrengend macht, wird immer wieder durch leise, lange Einstellungen von den menschenleeren Korridoren der Telekurs AG, die das Bild einer gespenstischen, trügerischen Ruhe vermitteln, unterbrochen und strukturiert: Ruhe vor dem Sturm auf dem Finanzmarkt oder dem finalen Systemcrash.Imbach beschreibt ein (Computer-) System, das unter enormem Streß steht und damit eine Arbeitswelt, die sich über die Köpfe der Menschen hinweg verselbständigt hat. Hoher Krankenstand, Nervenzusammenbrüche, Angst, den Anforderungen nicht mehr gewachsen zu sein und damit den Job zu verlieren, Selbstausbeutung und der Verlust der Freizeit, weil ein Abschalten (!) nicht mehr möglich ist, sind die Folgen. Durch seine faszinierende Struktur und seine Rasanz, die keine technische Spielerei oder Kopflosigkeit ist, erreicht „Well Done“ einen hohen Grad an Allgemeingültigkeit, die weit über die Büros der Telekurs AG hinausweist und die moderne Arbeit als einen Prozeß beschreibt, der von binären Schaltkreisen bestimmt wird und kaum noch auf die Bedürfnisse der Menschen abgestimmt werden kann. Äußerst erhellende, auf dem schmalen Grat zwischen Wahrheitsfindung und Denunziation liegende Züge erhält Imbachs Film, wenn er den Feierabend seiner „Probanden“ beschreibt und beispielweise einen Vater zeigt, der ein Gespräch mit seinen Söhnen wie ein Gespäch in der Firma gestaltet, dem systemkonformes und nutzorientiertes Verhalten bereits in Fleisch und Blut übergegangen sind. Ein besonderer Kontrast entsteht zusätzlich dadurch, daß die musizierenden Jungs in einer anderen, noch heilen Welt zu leben scheinen; spielen sie doch mit „Yesterday“ und „I feel fine“ Evergreens von den Beatles, eine Musik, die wohl auch die Jugend des Vaters bestimmte, von deren Verträumtheit er sich aber längst verabschieden mußte.„Well Done“ ist kein Film, der sich auf den ersten Blick erschließt, zu vielfältig und verwirrend sind die Eindrücke. Nach und nach aber setzen sich die tausendfachen Bruchstücke zu einem sinngebenden Puzzle zusammen, und es wird deutlich, daß nicht das System dem Menschen dient, sondern daß es sich umgekehrt verhält. Dies wird auch durch die extremen Nahaufnahmen des Kameramannes Jürg Hassler unterstrichen, die kaum noch Individualität zulassen, sondern Handgriffe, vielfach eingeübte Bewegungsabläufe und erschöpfte Gesichter zeigen, in denen sogar beim Lachen die Anspannung zu sehen ist.
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