Bei den Amerikanern sind Filme über ihre Staatsoberhäupter in Mode gekommen. Nun ist Harry S. Truman an der Reihe, der 1945 im Alter von 60 Jahren zum 33. Präsidenten der USA aufstieg. Damals hielten ihn die meisten US-Bürger für einen ""sehr kleinen Mann in einer sehr hohen Position", der seinen Eintritt ins Weiße Haus allein dem Tod Roosevelts verdankte. Schon bald nach dem Ende seiner Präsidentschaft begannen die Historiker und Biografen, an seiner Legende zu stricken. Mittlerweile zählen sie ihn zu den erfolgreichsten Präsidenten des Jahrhunderts.Mit Truman war die politische Welt noch in Ordnung, behauptet auch dieser Film, der seinem Protagonisten keine wirkliche Schwäche zugesteht. Wenn es heißt, daß Truman "dickköpfiger als ein Maultier in Missouri" sei, dann ist damit nur die Hartnäckigkeit gemeint, mit der er in der "Jauchegrube" der Politik seine Moral hochhält. Truman, das ist der Mann, der das Gute vom Bösen unterscheiden kann, der die Frau heiratet, die er schon aus Kindertagen kennt, und ihr sein Leben lang ebenso treu bleibt wie seinen politischen Zielen. Kurz: Truman wird hier zum Inbegriff der Political Correctness. Ein Mann, der niemals ins Wanken gerät und in jeder Situation die richtige Entscheidung trifft. Wäre es nur das, wäre der Film bloß langweilig. Langweilig auch deswegen, weil er seinen Stoff chronologisch herunterbetet wie ein einfallsloser Geschichtslehrer. Da mögen zwar die Fakten stimmen, aber die Geschichte wird nicht lebendig. Auch Gary Sinise kann dem Film keine Tiefe verleihen. Der Versuch, Truman ein Denkmal zu setzen, mißrät vielmehr zur sentimentalen Verklärung. Gänzlich versagen Drehbuch und Regie vor der Ungeheuerlichkeit von Hiroshima, die Truman mit zu verantworten hat. "Tun Sie, was sie tun müssen", meint sein Berater, "Sie erringen damit den Sieg im Pazifik, aber sehen einen Wirbelsturm." Auf diese Wortblasen folgt das Bild vom Abwurf der Atombombe, der Atompilz, man kennt das, dann ein "Anstandsbild" von einem Opfer - und das wars. Keinerlei Auseinandersetzung, kein kritischer Ton: Viel zu schnell läßt der Film Truman und die Amerikaner den Sieg über die Japaner feiern und die Zerstörung Hiroshimas und Nagasakis mit Visionen vom großen Neuanfang der Menschheit aus der Erinnerung radieren. Auch dem Koreakrieg, dem Kalten Krieg und McCarthy zeigt er sich nicht gewachsen. Die Dokumentation der Ereignisse bleibt so lapidar wie der Schlußsatz: "Wenn wir vermeiden, Fehler zu machen, dann könnte aus der Welt von morgen vielleicht ein Paradies werden." Wenn aber, wie der Film suggeriert, der Abwurf der Atombombe die einzig richtige Entscheidung war -wo bleibt dann jenes beschworene Paradies? -Ab 12.