Die millionenschwere Hinterlassenschaft ihres an einer Überdosis Drogen gestorbenen Untermieters stürzt eine dreiköpfige schottische Wohngemeinschaft in einen Strudel von Gewalt, Intrigen und Zerstörung. Ein schwarz-humoriger Thriller, der Szenen effektvoll stilisierter Brutalität enthält. Seine Spannung bezieht er aus der ebenso ideen- wie temporeichen Regie, der fantasievollen visuellen Gestaltung und dem nuancierten Spiel.
Kleine Morde unter Freunden
Krimi | Großbritannien 1994 | 93 Minuten
Regie: Danny Boyle
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Filmdaten
- Originaltitel
- SHALLOW GRAVE
- Produktionsland
- Großbritannien
- Produktionsjahr
- 1994
- Produktionsfirma
- Channel Four/Figment Film/Glasgow Film Fund
- Regie
- Danny Boyle
- Buch
- John Hodge
- Kamera
- Brian Tufano
- Musik
- Simon Boswell
- Schnitt
- Masahiro Hirakubo
- Darsteller
- Kerry Fox (Juliet Miller) · Christopher Eccleston (David Stephens) · Ewan McGregor (Alex Law) · Ken Stott (Inspektor McCall) · Keith Allen (Hugo)
- Länge
- 93 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 16; f
- Genre
- Krimi | Komödie | Thriller
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Heimkino
Diskussion
Wohngemeinschaftserfahrenen Zuschauern könnte schon die Eröffnungssequenz dieser pechschwarzen Thriller-Komödie ein geradezu grauenhaftes Déjà Vu bescheren: Als Gast im Wohnzimmer einer reichlich exzentrischen Endzwanziger-Edel-WG in Edinburgh wird man Zeuge einer schier endlosen Serie knallharter Vorstellungsverhöre neuer Mitbewohner-Kandidaten, die als Gesinnungsfolter zu bezeichnen wohl noch harmlos wäre. Doch Juliet, die Ärztin, David, der Buchhalter und Alex, der Journalist wollen keine Kompromisse eingehen und jemand finden, der perfekt in ihre durchgestylte, hermetisch abgeschirmte Designer-Behausung paßt. Schließlich einigt sich das Yuppie-Trio auf den zwar etwas mysteriösen, aber nachweislich "coolen" und offenbar hundertprozentig psycho-kompatiblen Hugo, der leider schon tags darauf splitternackt und drogentot auf seinem purpurroten Bett ruht. Das eigentliche Problem aber verbirgt sich unter der Matratze: ein großer Koffer voller Geld. Gegen den zaghaften Widerstand des zunächst ängstlichen David entscheiden die Drei, es zu behalten und den mittlerweile eiskalten Hugo - in unidentifizierbare Einzelteile zersägt - rückstandslos im Wald zu "entsorgen".Während das Gangsterduo Goth und Andy bei der Fahndung nach seinem verschwundenen Vermögen skrupellos über Leichen geht, beginnen Alex und Juliet die Freuden des Geldsegens zu genießen. Doch schon bald kommen ihnen nicht nur die Polizei, sondern auch die beiden Killer auf die Spur, die allerdings von dem inzwischen auf den Ernstfall bestens vorbereiteten David überraschend kaltblütig getötet und mit Hilfe seiner Wohnungsgenossen in bewährter Weise bestattet werden. Es wird jedoch die letzte gemeinsame Tat der einst unzertrennlichen Freunde sein; vom plötzlichen Einbruch der Gewalt in ihr bislang unangreifbares Reich ebenso geschockt wie von gegenseitigem Mißtrauen infiziert, beginnt ein jeder, Fluchtpläne zu schmieden. Während der seinem Verfolgungswahn erlegene David auf den Dachboden zieht, um das Wohnungsgeschehen fortan nur noch durch kleine Deckenlöcher zu observieren, und Juliet sich heimlich ein Ticket nach Rio reserviert, überlegt Alex, die beiden an die Polizei auszuliefern. Als schließlich die Überreste ihrer Opfer in dem allzu flachen Grab entdeckt werden, kommt es zum blutigen Showdown zwischen Tür und Angel.Ganze 2,5 Mio. DM standen dem 39jährigen Fernseh- und Theaterregisseur Danny Boyle zur Verfügung, um seinen Kino-Erstling nach dem Debüt-Drehbuch des Glasgower Arztes und (noch) Hobby-Autors John Hodge in knapp einem Monat zu realisieren. Doch was ihm an finanziellen Mitteln fehlte, machte der ehemalige stellvertretende Leiter des Royal Court Theatre, der Teile des Teams und Hauptdarstellerin Kerry Fox ("Ein Engel an meiner Tafel", fd 29 956) aus einer BBC-Serie übernahm, durch eine Mobilmachung aller kreativen Kräfte wett. Das mit überraschenden Wendungen, Täuschungen und Entwicklungen gespickte Drehbuch erzeugt im Zusammenspiel mit einer selbst auf dem sehr eingeschränkten Schauplatz immer wieder neue, faszinierende Perspektiven findenden Kamera, einer effektvoll-schrillen Licht- und Farbgebung und einem perfekt getimten Schnitt eine ungemein bedrohliche Atmosphäre und Spannung, die bis zum Ende anhält.Zwar kommt auch Hodge nicht ohne einige genretypische Handlungs- und Charakterklischees aus, die er aber offenbar nur einsetzt, um sie schon im nächsten Moment möglichst radikal wieder zu brechen. So wechseln im komplizierten psychologischen Beziehungsgeflecht der drei Hauptfiguren ständig die Machtverhältnisse, Fronten und Allianzen: Kaum glaubt man den biederen Buchhalter David auf den Typ des neurotisch-verklemmten, aber gutmütigen Anti-Helden festlegen zu können, da mutiert er zum psychopathischen Mörder und rücksichtslosen Egomanen. Juliets plötzliches Interesse und Zuneigung zu David - alles nur Bluff und Berechnung. Und Alex, der mit seiner Arroganz als Identifikationsfigur zunächst immer weiter ins Abseits gerät, wird letztlich zum Sympathieträger und cleveren Gewinner des grausamen Spiels um Gier, Wahn und Verrat.
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