Action | USA/Kanada 2025 | 123 Minuten

Regie: James Hawes

Ein introvertierter CIA-Dekodierer arbeitet in einem Kellerbüro des Geheimdienstes, während seine Frau um die Welt reist. Als diese bei einem Anschlag getötet wird und seine Vorgesetzten untätig bleiben, nimmt er die Sache selbst in die Hand und spürt die Verantwortlichen auf. Sein Intellekt dient ihm dabei als ultimative Waffe, um seine Verfolger abzuschütteln und seinen Racheplan in die Tat umzusetzen. Der Spionagethriller spielt seine Prämisse des im handfesten Feldeinsatz ungeschulten, aber hochbegabten Amateur-Agenten allzu sehr aus und kann den Figuren keine Glaubwürdigkeit verleihen. So fährt er sich bald im filmischen Niemandsland zwischen generischem Agentenfilm, Rachegeschichte und moderner „MacGyver“-Version fest. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
THE AMATEUR
Produktionsland
USA/Kanada
Produktionsjahr
2025
Produktionsfirma
20th Century Studios/Hutch Parker Ent./Seed Prod.
Regie
James Hawes
Buch
Ken Nolan · Gary Spinelli
Kamera
Martin Ruhe
Musik
Volker Bertelmann
Schnitt
Jonathan Amos
Darsteller
Rami Malek (Charles Heller) · Laurence Fishburne (Robert Henderson) · Rachel Brosnahan (Sarah Horowitz) · Jon Bernthal (Jackson O'Brien aka The Bear) · Caitriona Balfe (Inquiline)
Länge
123 Minuten
Kinostart
10.04.2025
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Action | Krimi | Literaturverfilmung | Spionagefilm | Thriller
Externe Links
IMDb | TMDB

Spionagethriller um einen Schreibtischagenten der CIA, der nach der Ermordung seiner Frau unter Einsatz seiner analytischen Begabung einen handfesten Rachefeldzug startet.

Aktualisiert am
11.04.2025 - 10:29:37
Diskussion

Ein wenig albern sieht Charlie (Rami Malek) aus, als er ungelenk neben dem Taxi herrennt, das seine Frau Sarah (Rachel Brosnahan) zum Flughafen bringt. Albern genug, um zu zeigen, wie sehr er die Frau liebt, die eigentlich nur für ein paar Tage weg sein wird. Man sollte denken, dass Charlie derjenige ist, der die Welt bereist, schließlich ist er CIA-Agent.

Wer CIA-Agent hört, hat aber nicht die Hauptfigur von „The Amateur“, sondern den „Field Agent“ vor Augen: den Geheimagenten, der, geschult an der Schusswaffe, im Nahkampf und in psychologischer Resilienz, die Welt oder eben die amerikanische Vormachtstellung in der jeweiligen Krisenregion der Welt auf mal mehr, mal weniger moralisch vertretbare Weise rettet. Charlie ist die andere Sorte CIA-Agent, der Mann mit dem wichtigen, aber unendlich langweiligen Job. Der Coder beziehungsweise Decoder und Experte für Daten, der die Zentrale in Langley nie verlässt und auf dem Weg zu seinem Schreibtisch nicht den Fahrstuhl nach oben, sondern den Fahrstuhl in Richtung Keller nimmt. Um die Welt reist allein seine Frau Sarah. Charlie gießt währenddessen nach Feierabend daheim die Blumen und schraubt an seiner alten Cessna. Als er doch, ein paar Tage nachdem Sarah nach London aufgebrochen ist, in die oberen Etagen von Langley gebeten wird, gibt es schlechte Nachrichten. Sarah ist das einzige Todesopfer eines Terroranschlags.

Rache ist der nächste Schritt

Charlie versteht, dass seine Welt zusammengebrochen ist. Während er noch den Koffer mit Sarahs Klamotten umarmt, an den letzten Erinnerungsstückchen – eines davon ist ein Geschenk, das sie in London für ihn gekauft hat – festhält, ist sein Geist schon einen Schritt weiter. Rache ist der nächste Schritt. Die sensiblen Dokumente, die ihm ein Informant kürzlich zukommen ließ, nutzt er, um die von Director Moore (Holt McCallany) geleitete Chef-Etage zu erpressen, die eben nicht den Rachekurs einschlägt, den Charlie sich vorstellt. Die Täter sind längst identifiziert, von der CIA und noch einmal von Charlie selbst. Aber sie sind eben nur ein kleines Puzzleteil in einem größeren Spiel, das die CIA spielt, und deswegen nicht zum Abschuss freigegeben.

Charlie ist genial und verzweifelt genug, die schmutzige Wäsche, die Teil der Geheim-Dokumente ist, die ihm zugespielt wurden, zu nutzen, um sich seine Ausbildung zum „Field Agent“ zu erschleichen und mit ihr seinen persönlichen Rachefeldzug zu starten. Eine Idee, die auf alle Beteiligten so lächerlich wirkt wie die 30-Tage-Challenge eines YouTubers. Aber anders als beim Social-Media-Äquivalent stehen 170 IQ-Punkte hinter dieser Idee. Für den Film ist das immer wieder ein Freifahrtschein, dem Protagonisten den nötigen Schritt voraus zu schenken. Als erstes bekommt ihn Ausbilder Colonel Henderson (Laurence Fishburne) zu spüren, der weiß, dass er keinen Killer vor sich hat, aber unterschätzt, dass der Mann, der kein Killer ist, eben andere Mittel hat, an sein Ziel zu kommen: Charlie setzt sich, die Ausweise und einige wertvolle Trainingslektionen im Gepäck, nach Europa ab, um die Terroristen und ihre Mittelsfrau zur Strecke zu bringen.

Die Realität kommt Charlie in die Quere

Der Plan und die mangelnde Toughness Charlies unterlaufen ein wenig den reaktionären Grundgedanken dahinter. In der Waage hält den Film aber zunächst schlicht die Realität am Boden, die Charlie bereits beim ersten Mord in die Quere oder eben doch zu Hilfe kommt. Schnell hat er sich eine Waffe beschafft und noch schneller festgestellt, dass er tatsächlich nicht fähig ist, sie so kaltblütig einzusetzen, wie es notwendig wäre. Für die umständliche Methode besorgt er sich eine Tüte voll Pollen, einen Arztkittel und ist wenig später drauf und dran, seinem Opfer einen anaphylaktischen Schock zu verpassen. Als das nicht gelingt, das Opfer den Angreifer dazu noch mit den nötigen Nahkampf-Fähigkeiten niederringen und entkommen kann, ist es der Zufall, der ihm zu Hilfe kommt.

Es ist die aufregendste Szene des Films, weil sie, als einzige Action-Szene, das Potenzial der eigenen Prämisse wirklich auszuspielen vermag. Wo die brillante Vorbereitung auf die Hindernisse der Praxis trifft und dem Agenten, der eigentlich eben dafür nicht geschaffen ist, Improvisation abverlangt, findet „The Amateur“ die Nische, die er als Film eigentlich besetzen möchte. Das passiert allerdings äußerst selten. Die Lücke, die zwischen dem Anspruchsdenken des Amateur-Rächers und der Realität seiner Mission klafft, bleibt ein allzu wenig genutzter filmischer Spielraum.

Eine generische Note

Der Rest der Mission läuft nicht glatt im eigentlichen Sinne, aber glatt genug, um dem Film eine generische Note zu geben, die er nicht auszustreichen vermag. Dass Charlie bei jeder Gelegenheit seinen ehemaligen Vorgesetzten, seinem Mentor und späteren Kontrahenten Colonel Henderson und schließlich den Terroristen, die er zur Strecke bringt, um die Ohren haut, dass Sarah ein wichtiger Mensch gewesen sei, bleibt schlichtweg eine Behauptung, die der Film nie zu untermauern weiß und der vielleicht deutlichste Hinweis darauf, dass „The Amateur“ ein Remake des gleichnamigen Films von 1981 ist (der seinerseits auf Robert Littells gleichnamigem Roman basiert). Die verstorbene Ehefrau ist in Charlies weder von ihm noch vom Film reflektierten Rachefeldzug nur der Schutzschild, mit dem jegliche Ambiguität oder Reflexion umgelenkt werden kann, um die Mission fortzusetzen. Das ist per se kein Problem, doch zur Figur des ansonsten empathischen und reflektierten Genies mag das nicht so recht passen.

„The Amateur“ steckt bald im Niemandsland zwischen generischem Agententhriller, Rachegeschichte und moderner „MacGyver“-Version fest, will dabei nicht allzu ungelenk wirken, nicht wirklich Amateur, sondern immer schon Profi sein – und tritt damit meist auf der Stelle.

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