Es ist der 9. März 1945. Die japanischen Streitkräfte haben die französischen Truppen in Indochina mit einem brutalen Angriff überrumpelt. Innerhalb von wenigen Stunden sterben mehr als 3.000 Soldaten der französischen Fremdenlegion. Adjudant Janiçki (Andrzej Chyra) trommelt die Männer des Lazaretts Khan Khai auf dem Hof zusammen. Es muss schnell gehen. Die als kampfunfähig geltenden Männer sind vollkommen isoliert, die nächste französische Einheit ist nicht zu erreichen, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis die feindlichen Truppen hier sein werden.
Die erschöpften und psychisch labilen Männer haben keine Wahl. Sie müssen sich in den Dschungel schlagen. 19 Soldaten sind es. Gemeinsam wollen sie eine alliierte Basis in China erreichen, um dadurch dem Tod zu entgehen. Vor ihnen liegen jedoch nicht nur 300 Kilometer, die durch unwegsames Gelände führen – den Feind immer im Nacken. Auch der aus der Erschöpfung geborene Wahn, die Paranoia und die zwischenmenschlichen Spannungen folgen jedem ihrer Schritte. Bald schon ist es der eigene Glaube, dessen Verlust den Weg in die Hölle ebnet.
Der Zustand der Hölle
Der französische Regisseur David Oelhoffen („Verbündete Feinde“, „Den Menschen so fern“) erzählt in „The Last Men“ im Grunde kaum eine Geschichte. Vielmehr übersetzt er die unmenschliche Kraftanstrengung, den archaischen Überlebenskampf und die entsetzliche Einsamkeit des Krieges in erdig-grüne, vom Schmutz beschwerte und mitunter delirierende Bilder. Die Wucht, die „The Last Men“ dabei entfaltet, ist schonungslos, brutal und von zärtlicher Intimität durchzogen. Oelhoffen gelingt es, seinen Figuren eine Tiefe zu geben: Die Soldaten sind mehr als bloße Lemminge, die der Logik des Krieges geopfert werden. Jeder der Männer ist ein Charakter, hat Ausdruck und Gefühl.
Da ist der alte spanische Anarchist, der beim Marsch ein Lied anstimmt, dessen stolzem Schmerz man sich kaum entziehen kann. Oder sein Landsmann, der verlässliche und idealistische Unteroffizier Lisbonne (Nuno Lopes), der für seine Kameraden der Fels in der Brandung ist und vom fernen Europa wie von einer anderen Galaxis der Sehnsucht spricht. Und schließlich ist da der zwielichtige Lemiotte (Guido Caprino), der sich nicht fügen will, der bereits am Anfang des Films in Haft sitzt und für die Truppe zunehmend zum Problem wird.
Doch auch dieser Figur schenkt Oelhoffen einen Moment der Verletzlichkeit, der einen empathischen Riss in das dramaturgische Geflecht des Films zieht – einen kurzen Moment, den man nicht wirklich einordnen kann. Jemand hat das Morphium geklaut. Lemiotte wird des Diebstahls verdächtigt und aufgefordert, seine Taschen auf dem Boden auszuleeren. Doch das Schmerzmittel findet sich nicht unter den persönlichen Gegenständen. Es ist ein kleiner, beinahe nebensächlicher Augenaufschlag, in dem sich der Schmerz und die Einsamkeit von Lemiotte verdichten, ohne übermäßig ausgestellt zu werden: Der Mann, bloßgestellt vor der Truppe, hebt ein kleines Spielzeugpferd, eine Spielfigur, auf. Wie ein Kind hält er es in seinen Händen: unschuldig und verletzlich. Was mag es ihm wohl bedeuten? Mit Sicherheit die ganze Welt.
Die Sprachen der Fremdenlegion
Es ist eine verworrene und brutale Kolonialgeschichte, die man mit dem Begriff Indochina verbindet. Weite Teile des Festlandgebiets in Südostasien (das heutige Vietnam, Laos und Kambodscha) standen bis 1940 unter französischer Kolonialherrschaft. Von da an gewannen die Japaner an Einfluss und brachten das Land de facto unter ihre Kontrolle. In diesem seltsamen Zustand zwischen den Ordnungen verkeilt sich die Fremdenlegion. Sie setzt sich zusammen aus Zeitsoldaten, die von überall herkommen, sich verpflichten, als Fremde für Frankreich zu kämpfen.
Offiziell und kriegsrechtlich gehört diese Einheit zur französischen Armee, gilt heute als Elitetruppe. Dennoch handelt es sich bei den Soldaten streng genommen um Söldner, die aus 120 Ländern der Welt kommen. Für viele Männer war und ist die Fremdenlegion ein Neustart, eine letzte Chance. Vorstrafen sind nicht unbedingt ein Hindernis, wenngleich verurteilte Mörder (oder Drogenhändler) abgewiesen werden. All das ist heute streng geregelt, was im Lauf der Geschichte nicht immer der Fall war.
Und so findet sich also in „The Last Men“ diese bunte Truppe aus verlorenen Seelen in einem geteilten Überlebenskampf wieder. Alle sprechen ihr eigenes, durch die Muttersprache gefärbtes Französisch. Alle haben ihre eigenen Gründe, im Kampf für eine ihnen fremde Nation eine Heimat gefunden zu haben. Wenn dieser Kampf allerdings eskaliert, gibt es wenig, an das man sich noch halten kann. Auch davon erzählt der Film mit einem poetischen Nihilismus, der hauptsächlich durch die aus dem Off vorgelesenen Tagebucheinträge des Adjudanten Janiçki erzeugt wird: Er vermag der Reise in das Herz der Finsternis oder ans Ende der Nacht ihren Rhythmus zu geben. Er weiß, dass das Delirium nur der Vorbote ist – der Anschein von prekärer Normalität, die das wilde Biest des Wahnsinns zurückhält. Die Natur jedoch ist es, die im Dschungel die Oberhand behält und das Schlimmste aus dem Menschen herausholt.