Horror | USA 2025 | 98 Minuten

Regie: Osgood Perkins

Zwei Brüder finden in der Kammer ihres abwesenden Vaters einen alten Spielzeugaffen. Jedes Mal, wenn er aufgezogen wird, kommt es zu bizarren Todesfällen im Umfeld der Familie. 30 Jahre später findet der dämonische Affe und mit ihm das Familientrauma seinen Weg zurück in das Leben der einander entfremdeten Zwillinge und bringt auch den Sohn des einen in Gefahr. Adaption einer Kurzgeschichte von Stephen King, in der die Prämisse und das mit ihr verbundene Familientrauma als kreativ-wahnwitziges Genrestück ausgespielt werden. Die filmästhetischen Spielereien wechseln dabei mühelos zwischen Horror und Komödie. - Ab 18.
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Filmdaten

Originaltitel
THE MONKEY
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2025
Produktionsfirma
Atomic Monster/Black Bear Int./C2 Motion Picture Group/Range Media Partners/Stars Colelctive Films Ent.
Regie
Osgood Perkins
Buch
Osgood Perkins
Kamera
Nico Aguilar
Musik
Edo Van Breemen
Schnitt
Graham Fortin · Greg Ng
Darsteller
Theo James (Hal/Bill) · Christian Convery (junger Hal/Bill) · Elijah Wood (Ted Hammerman) · Tatiana Maslany (Lois Shelburn) · Rohan Campbell (Ricky)
Länge
98 Minuten
Kinostart
20.02.2025
Pädagogische Empfehlung
- Ab 18.
Genre
Horror | Komödie | Literaturverfilmung
Externe Links
IMDb | TMDB

Horrorfilm um zwei Brüder, deren Familientrauma nach drei Jahrzehnten wiederkehrt, als sie erneut einen Unheil bringenden Spielzeugaffen in Gang setzen.

Veröffentlicht am
13.12.2025 - 00:00:00
Diskussion

Der Mann in Pilotenuniform scheint ungewöhnlich aufgebracht für jemanden, der in einem Trödelladen etwas zurückgeben möchte. Der Besitzer des Ladens strahlt eher die in dieser Situation angebrachte Energie aus. Gelangweilt deutet er auf das Schild hinter ihm: „Kein Umtausch von Spielzeugen“. Der kleine Affe mit der Trommel sei kein Spielzeug, beteuert der Pilot. Während die Männer ihren Streit darüber beginnen, was Spielzeug ist und was Rückgaberecht bedeutet, erwacht der Gegenstand ihrer Auseinandersetzung zum Leben. Gleichförmig trommelt er auf die winzige Snare ein, bis wenige Sekunden später eine Statue umkippt und eine bizarre Kettenreaktion auslöst, an deren Ende eine Harpune losschießt und den Ladenbesitzer tötet. Also wirklich kein Spielzeug.

Der Prolog etabliert nicht nur den dämonischen Affen und die blutige Absurdität, die er mitbringt, sondern auch eine nicht minder bizarre Familiengeschichte. Im Mittelpunkt stehen die Söhne des Piloten. Hal (Theo James) ist der jüngere Zwilling. Sein Bruder Bill (ebenfalls Theo James) hat ihm wenige Minuten oder „das meiste der Plazenta“ voraus. Entsprechend gibt der Ältere den Ton an, sitzt im Auto vorn und kriegt auch außerhalb des Mutterleibs die größere Portion. Er ist auch der Erste, der den Schlüssel dreht, welcher den todbringenden Affen trommeln lässt und damit die Hölle ins Leben der Familie holt.

Der Tod kommt im 4/4-Takt

Das Äffchen selbst entpuppt sich als cineastischer Glücksfall für den Film „The Monkey“, nicht nur seiner gläsernen Augen wegen, in denen sich die Kamera wieder und wieder verliert. Sein tödlicher 4/4-Takt klingt immer gleich und doch immer anders. Horrorspezialist Osgood Perkins versteht sich darauf, ihn als Rhythmus für seine kreativ ausufernde Genreästhetik zu nutzen. Mal ist das Trommeln Metrum einer tödlichen Drehorgelmelodie, die ein elaboriertes Geschehen von Tod und Zerstörung begleitet; mal ist es ein auf 600 Schläge pro Minute beschleunigter Vernichtungsrhythmus, der einen ganzen Landstrich mit Chaos und Zerstörung überzieht.

Die Opfer des Affen finden immer wieder Wege, in banalen Situationen auf groteske Weise zu verunglücken, sich im eigenen Vorgarten mit dem Schild des Immobilienmaklers aufzuspießen oder von einem Moment auf den anderen in einer blutigen Fontäne den Aggregatzustand zu wechseln. „The Monkey“ ist in diesen Momenten der „Final Destination“-Reihe oft näher als der Vorlage von Stephen King. Die „Final Destination“-Reihe gilt auch deshalb als eine der reinsten Formen des Horror- und Suspense-Kinos, die es in den Mainstream geschafft hat, weil sie das ständige Spiel mit Tod und Erwartung in einem Quasi-Vakuum zu entfalten weiß. Perkins beherrscht dieses Spiel gut genug, um es grotesk zu überziehen oder trocken und humorlos vorzutragen.

Der Tod von Mutter Lois (Tatiana Maslany) ist der tragischste der unzähligen Todesfälle. Nicht nur, weil er plötzlich kommt. Es ist Hal, der den Affen aufzieht, in der Hoffnung, dass er den älteren Bruder umbringe und damit die ständigen Demütigungen, unter denen er zu leiden hat, ein für alle Mal beende. Doch es ist die Mutter, die stirbt. Ein Aneurysma, der grausame gewöhnliche Tod, tritt an Stelle des absurden Abgangs. Die Grabrede ist plötzlich nicht mehr die mit „Fuck“ eröffnete und mit ratloser Tautologie („It is what it is“) geschlossene Absurdität; das Leben der Brüder bewegt für fortan im Schatten des dämonischen Affen.

Raum für Überraschungen

Die Linie zwischen Horror und Komödie bleibt freilich auch im Zuge der Tragödie durchlässig. „The Monkey“ lässt immer Raum für Überraschungen und filmästhetische Spielereien. Auch dort, wo der Film Hal dreißig Jahre später wiederfindet – scheinbar vom Fluch des Affen befreit, aber sichtbar in der Sackgasse des eigenen Lebens angekommen. Er ist selbst Vater geworden. Als seltsamer Entwurf des eigenen Vaters, der nie vom Zigarettenholen zurückkehrte, steht Hal nicht die außerhalb der Familie ausgelebte Libido oder ein selbstsüchtiger Freiheitsdrang im Weg, sondern das eigene Kindheitstrauma. Um es nicht an den eigenen Sohn Petey (Colin O’Brien) weiterzugeben, hält er sich aus dessen Leben fern.

Dem vereinsamten Supermarktangestellten bleibt noch eine Woche, um Zeit mit Petey zu verbringen, ehe er das Sorgerecht an dessen Stiefvater, den selbsternannten Erziehungsexperten Ted Hammerman (Elijah Wood), abtritt. Hal macht daraus allerdings nicht viel. Den Fragen des Sohns, der nicht nur wegen eines Schulprojektes willen gern mehr über seinen Vater und dessen Familiengeschichte wüsste, weicht er aus, und eigene Fragen hat er ohnehin nicht. Der Vater-Sohn-Trip versackt in Casco, Maine, und damit folgerichtig in Hals selbsterfüllender Prophezeiung. Casco ist der Ort, an den es Hal und Bill nach dem Tod der Mutter verschlug und dreißig Jahre später wieder verschlägt.

Reizvoller Griff in die Grabbelkiste

Die Kleinstadt, die Stephen King immer zugleich als Schreckens- und Nostalgieschauplatz beschrieb, ist für den Filmemacher Perkins nicht mehr als „Geburtsort seiner Bewohner“, ein in ländlicher Ödnis begrabener Witz. Der perfekte Ort also, um das todbringende Spielzeug zwischen dem Ramsch des Garagenflohmarkts wieder das Licht der Welt erblicken zu lassen.

Aus eben diesem Ramsch, aus der überfüllten Grabbelkiste des Genres, wühlt „The Monkey“ seine Überraschungen hervor. Der Film imitiert den Reiz, den das Sammelsurium ausmacht: die Erwartung, auf etwas besonders Groteskes oder Absurdes zu stoßen, den Spaß, es jemand anderem unter die Nase zu halten, und nicht zuletzt das Wissen, dass das, was andere Schund oder Spielzeug nennen, mitunter etwas sehr Feines ist.

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