Sebastian Fitzeks Der Heimweg
Krimi | Deutschland 2025 | 97 Minuten
Regie: Adolfo J. Kolmerer
Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2025
- Produktionsfirma
- Amazon MGM Studios/Ziegler Film
- Regie
- Adolfo J. Kolmerer
- Buch
- Susanne Schneider
- Kamera
- Christian Huck
- Musik
- Román Fleischer · Tim Schwerdter
- Schnitt
- Laura Wachauf
- Darsteller
- Luise Heyer (Klara) · Sabin Tambrea (Jules) · Friedrich Mücke (Martin) · Rainer Bock (HC) · Andreas Döhler (Hendrik)
- Länge
- 97 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 16
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Krimi | Literaturverfilmung | Thriller
- Externe Links
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Thriller über einen Notrufmitarbeiter, der am Telefon versucht, einer jungen Frau zu helfen, die angibt, dass ein Serienmörder sie in den nächsten Stunden töten will, falls sie nicht ihren Ehemann umbringt.
An Sebastian Fitzek scheiden sich die Geister. Manche sehen in dem Autor, der zu den erfolgreichsten Thriller-Schriftstellern in Deutschland zählt, einen genialen Suspense-Schmied, andere hassen die Gewaltfülle seiner Romane und lästern über literarisches Fast Food. Etliche seiner Bestsellerkrimis wurden bereits verfilmt. Als jüngste Adaption bringt nun Amazon Prime den Thriller „Der Heimweg“ aus dem Jahr 2020 auf die Monitore, nachdem der Streamingdienst 2023 bereits die in Kooperation mit dem Autor entstandene Serienadaption „Sebastian Fitzeks Die Therapie“ gestartet hatte.
Eine Anruferin fürchtet, das nächste Opfer eines Serienkillers zu werden
Am 6. Dezember betreut Jules Tannberg (Sabin Tambrea) abends in Berlin das Heimwegtelefon für Frauen. Gerade hat er einer Anruferin geholfen, sicher von einer Bushaltestelle aus nach Hause zu kommen, da ruft die junge Mutter Klara Vernet (Luise Heyer) an. Mit zitternder Stimme erzählt die verängstigte Rechtsanwältin, dass der sogenannte „Kalenderkiller“ ihr ein Ultimatum gestellt habe: Entweder sie töte bis Mitternacht ihren Ehemann, den smarten Innenstaatssekretär Martin Vernet (Friedrich Mücke), oder sie werde ermordet. Klara versteckt sich im abgelegenen Ferienhaus der Familie vor dem berüchtigten Frauenmörder und hofft, dass Jules ihr beistehen kann.
Ähnlich wie im skandinavischen Thriller „The Guilty“ entfaltet sich auch in „Der Heimweg“ die Handlung in weiten Teilen als Kammerspiel, in dem das Telefon zum Medium wird, über das die Hauptfigur in den Kriminalfall hineingezogen wird. Ein wichtiger Schauplatz ist Jules’ Wohnung: Hier nimmt der ehrenamtliche Telefon-Wegbegleiter die Anrufe entgegen. Gelegentlich hört er zwischendurch irritierende Geräusche und schaut deshalb nach seiner schlafenden kleinen Tochter; außerdem fühlt er sich gestört durch die häufigen Anrufe seines Vaters H.C. Tannberg (Rainer Bock).
Gewalt geht nicht nur vom Killer aus
Im Gespräch, dass er mit Klara führt, kristallisieren sich allmählich die Hintergründe der Figuren heraus. So gibt sie irgendwann preis, dass ihr Mann sie häufig misshandelt. Zuletzt brachte er sie am Hochzeitstag sogar in einen geheimen Club in einem Nobelhotel, um sie auf einer „Violence Party“ anderen Männern zum Auspeitschen auszuliefern. Im Gegenzug offenbart Jules der Frau einige seiner eigenen traumatischen Erfahrungen. In ihrer Verzweiflung unternimmt Klara schließlich einen Suizidversuch, überlebt diesen aber. Kurz danach glaubt sie, vor dem Haus den Kalenderkiller zu sehen.
Das Drehbuch von Susanne Schneider verknüpft geschickt die beiden zentralen Erzählstränge um Klara und Jules, die alternierend im Bild erscheinen. Der Regisseur und Krimispezialist Adolfo Kolmerer hat die Story, die fast durchweg abends und nachts spielt, in ein fahles Zwielicht getaucht, das eine beunruhigende Atmosphäre schafft. Diese unheilvolle Stimmung wird von einem fast durchweg präsenten Soundtrack verstärkt, der oft in dissonante Klanggefilde abtaucht.
Lobenswert ist vor allem, wie dramaturgisch gewieft Fitzek sein Hauptanliegen, die Kritik an der häuslichen Gewalt hierzulande, in die Krimi-Handlung einbaut. In düsteren Bildern zeigt er am Beispiel von Karla, wie systematische physische und psychische Misshandlungen von Frauen durch ihre gewalttätigen Männer die Opfer in psychische Notlagen oder in lebensbedrohliche Krisen bringen. Zugleich beschreibt er anschaulich, wie selbst eine Juristin wie Karla aus Rücksicht auf die Tochter Amelie es über Jahre hinweg nicht schafft, sich von ihrem sadistischen Gatten zu trennen.
Es hapert mit der Glaubwürdigkeit
Allerdings gerät die filmische Darstellung einiger Gewaltakte gelegentlich plakativ oder gar reißerisch, insbesondere der brutale Missbrauch in dem Geheimclub. Ein weiterer Schwachpunkt sind die wenig glaubwürdigen „Zufälle“, die den Zuschauenden mehrfach aufgetischt werden. So wurde etwa Karla wegen „dissoziativer Störungen“ ausgerechnet in derselben psychiatrischen Klinik behandelt wie die verstorbene, schwer depressive Frau von Jules. Auch an anderen Stellen vor allem im Schlussdrittel hapert es mit der Glaubwürdigkeit – wenn etwa ein unheimlicher Besucher geistergleich in Jules’ Wohnung auftaucht. Wenig plausibel wirkt auch, dass ein Staatssekretär – und damit eine Person des öffentlichen Lebens – in einem von vielen maskierten Männern besuchten Club seine Frau vor Zeugen peinigt beziehungsweise quälen lässt und anscheinend keinerlei Sorge hat, sich damit in einen Skandal zu verwickeln.
Getragen wird der Thriller nicht zuletzt von einem versierten Schauspielerensemble. Nicht zuletzt die ausdrucksstarke Luise Heyer zieht das Publikum mit einer Mischung aus Verletzlichkeit und Leidensfähigkeit, Panikanfällen und Widerstandsgeist schnell in den Bann. Sabin Tambrea gibt mit gewohnter Differenziertheit ihren Absprechpartner als einfühlsamer Telefon-Helfer, der schließlich eigene Verletzungen enthüllt. Und Friedrich Mücke, sonst meist als Sympathieträger gecastet, füllt mit Gusto den Part des uneinsichtigen Widerlings aus.