Get Millie Black
Drama | Großbritannien 2024 | 243 (5 Folgen) Minuten
Regie: Tanya Hamilton
Filmdaten
- Originaltitel
- GET MILLIE BLACK
- Produktionsland
- Großbritannien
- Produktionsjahr
- 2024
- Produktionsfirma
- Motive Pic./Channel 4/HBO
- Regie
- Tanya Hamilton · Annetta Laufer
- Buch
- Marlon James
- Kamera
- Shabier Kirchner · Kanamé Onoyama · Eduardo Enrique Mayén · Tony Miller
- Musik
- Carly Paradis
- Schnitt
- Tad Dennis · Cecily Rhett · Mark Hermida · Tania Reddin
- Darsteller
- Tamara Lawrance (Millie-Jean Black) · Joe Dempsie (Luke Holborn) · Gershwyn Eustache jr. (Curtis) · Chyna McQueen (Hibiscus) · Nestor Aaron Absera (Corsica)
- Länge
- 243 (5 Folgen) Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Drama | Krimi | Serie
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Krimiserie um eine toughe Ermittlerin, die aus London in ihre Heimat Jamaika zurückkehrt und mit einem verzwickten, abgründigen Vermisstenfall konfrontiert wird.
Dort ermitteln, wo andere Leute Urlaub machen. Das ist die Prämisse von zahlreichen Vorabend-Krimiserien in europäischen Hauptstädten und von James-Bond-Filmen, die hauptsächlich aufgrund der visuellen Schauwerte an exotischen Orten rund um den Globus spielen. In der Serie „Get Millie Black“ ist das Gegenteil der Fall. Darin wird der Handlungsort Jamaika nicht auf türkise Sandbänke und karibische Leichtigkeit reduziert, sondern in aller Widersprüchlichkeit dargestellt und miteingebaut. In der Hauptstadt Kingston kreuzen sich moderne Bürokomplexe mit bunten Kolonialbauten und dreckigen Slums. Die Farbpalette der Filmbilder ist entsättigt – tagsüber staubig und nachts düster.
An diesen unwirtlich anmutenden Ort kehrt die ehemalige Scotland-Yard-Ermittlerin Millie Black (Tamara Lawrance) aus London zurück. Sie ist in Jamaika aufgewachsen, doch ihre schwierige Familiensituation zwang sie, nach England zu ziehen. Ihr Vater hat die Familie früh verlassen; ihre Mutter hat die Kinder geschlagen. Bei der Rückkehr in das Heimatland und besonders in das geerbte Elternhaus kommen die negativen Erinnerungen von Millie wieder hoch. Auch ihre Trans-Schwester Hibiscus (Chyna McQueen) hat versucht, sich von der Familiengeschichte loszulösen und sich stattdessen einer queeren Gruppe angeschlossen.
Düstere Taten von düsteren Charakteren
Mittlerweile arbeitet Millie bei der örtlichen Polizei, die mit dem Fall eines vermissten Mädchens namens Janet konfrontiert wird. Weder ihre Mutter noch die Ordensschwestern der Schule haben eine Vermutung. Erst in der Bar „Hot Pinky“ erfahren Millie und ihr Kollege Curtis (Gershwyn Eustache jr.), dass sich Janet auf Freddie – einen Typen aus dem Luxusviertel der Weißen – eingelassen hat. Die Spur führt Millie zu weiteren vermissten Personen. Janet und Freddie tauchen zwar irgendwann auf, aber weigern sich, gegenüber der Polizistin auszusagen. Erschwert wird der Fall dadurch, dass Curtis verletzt wird und ein ehemaliger Kollege von Scotland Yard auftaucht und eigene Recherchen mit eigenen Absichten anstellt.
Diese komplexe Krimihandlung hat sich der jamaikanische „Man-Booker“-Preisträger Marlon James ausgedacht; Regisseurin Tanya Hamilton inszeniert sie kongenial als Neo-Noir-Serie, in der die Taten genauso düster sind wie die vielen Charaktere. Zu Beginn jeder Folge hört man im Voice-Over eine der Figuren von ihrer Herkunft erzählen: Millie von ihrer gewalttätigen Mutter, Janet von ihrer Außenseiterrolle in der Schule oder der Scotland-Yard-Kollege von seiner Familie aus der britischen Arbeiterklasse. Die Hintergrundgeschichten machen die Charaktere aber nicht unbedingt sympathisch. Hibiscus will keine Hilfe von der Schwester und will ihr auch nicht helfen. Selbst Millie als Ermittlerin ist nicht ganz unschuldig, wenn sie das Leben ihrer Kollegen während einer Razzia riskiert.
Beziehungen voller Misstrauen
Das Misstrauen unter den Bewohner:innen von Jamaika und besonders gegenüber den Neuankömmlingen aus der ehemaligen Kolonialmacht Großbritannien zeichnet die meisten Beziehungen der Serie aus. Mit dem Scotland-Yard-Kollegen möchte niemand so wirklich zusammenarbeiten. Dass er ein liebevoller Familienvater ist, lässt ihn nur kurzzeitig menschlich erscheinen. Viele Figuren bleiben zwielichtig in ihren Motiven. Der Kriminalfall ist zwar spannungsreich inszeniert, aber beinhaltet auch altbekannte Genreversatzstücke wie eine genervte Polizeichefin, eine korrupte Elite und ein dubioses Bordell und so weiter.
Vor allem besticht die Serie in der Zustandsbeschreibung eines Inselstaats, der zwischen Aufbruch und Rückschritt zu Grunde zu gehen droht. Der heimliche Freund von Curtis plant schon die Ausreise, weil er im Alltag an der Homophobie der Behörden und der Bevölkerung leidet. Auch Janet beharrt lieber auf ihrer Unabhängigkeit, als sich der Polizei anzuvertrauen, obwohl sie in Lebensgefahr schwebt. Wenn sogar die Helfershelfer lieber an ihrem prekären Status quo festhalten, anstatt die Mafiamachenschaft zu verraten, dann kann man das Land wahrlich nicht als Urlaubsparadies bezeichnen.