Drama | Norwegen 2023 | 90 Minuten

Regie: Eirik Sæter Stordahl

Eine Elfjährige freundet sich mit einem neuen Mitschüler an, der das Down-Syndrom hat. Sie hält die Freundschaft jedoch geheim, weil sie befürchtet, wie er verspottet zu werden. Als sie sich dem Druck einer Mitschülerin beugt und sich an deren gehässigem Blog über den Jungen beteiligt, wendet dieser sich tief verletzt von ihr ab. Betroffen versucht das Mädchen, ihre Tat wiedergutzumachen. Das kindgerechte Coming-of-Age-Drama schildert stilsicher und facettenreich, wie schwer die Folgen von Mobbing über Soziale Medien gerade für Kinder mit Handicap sein können. Der einfühlsame Film vermeidet einfache Moralpredigten und wirbt eindringlich für Rücksichtnahme, Respekt und das Zeigen von Rückgrat. - Sehenswert ab 8.
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Filmdaten

Originaltitel
LARS ER LOL
Produktionsland
Norwegen
Produktionsjahr
2023
Produktionsfirma
Nordisk Film Production
Regie
Eirik Sæter Stordahl
Buch
Eirik Sæter Stordahl · Iben Akerlie
Kamera
Marius Matzow Gulbrandsen
Musik
Benjamin de Murashkin
Schnitt
Cathrine Ambus
Darsteller
Lilly Winger Schmidt (Amanda) · Adrian Øverjordet Vestnes (Lars) · Norah Lulu Ali-Amoafo (Sari) · Agnes Grønneberg Hagen (Anna) · Ilias Bouyambib (Adam)
Länge
90 Minuten
Kinostart
24.04.2025
Fsk
ab 6
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 8.
Genre
Drama | Familienfilm | Literaturverfilmung
Externe Links
IMDb | TMDB

Kinderfilm um ein elfjähriges Mädchen, das in ein schweres Dilemma gerät, als es erfährt, dass der neue Mitschüler mit Down-Syndrom von Klassenkameraden online gemobbt wird.

Veröffentlicht am
15.04.2025 - 16:41:02
Diskussion

Bullying und Mobbing gibt es so lange, wie es Schulen gibt. Aber seit Kinder und Jugendliche Smartphones und Soziale Medien nutzen, ist es einfacher geworden, andere online lächerlich zu machen, zu beleidigen und auszugrenzen. Welche schmerzhaften Folgen der Missbrauch dieser allgegenwärtigen Kommunikationsmittel in der jungen Generation haben kann, zeigt der norwegische Regisseur Eirik Sæter Stordahl in seinem ersten langen Spielfilm „Lars ist LOL“. Das eindringliche Coming-of-Age-Drama ist erzählerisch dabei vor allem in zweierlei Hinsicht besonders: Zum einen ist das Mobbing-Opfer ein Junge mit einem Handicap, was die Tat noch inhumaner macht. Zum anderen steht im Mittelpunkt ein Mädchen, das selbst zur Zielscheibe von Drohungen und Erpressung wird, ehe es sich selbst an Mobbing-Aktivitäten beteiligt, um in Frieden gelassen zu werden.

Impulsiv und Fan von Harry Potter

Zu Beginn von „Lars ist LOL“ freut sich die elfjährige Amanda (Lilly Winger Schmidt) mit ihrer besten Freundin Sari (Norah Lulu Ali-Amoafo) auf den ersten Schultag nach den Sommerferien. Sie erwartet, dass sie als Mentorin eine Erstklässlerin begleiten darf. Doch ihre Lehrerin vertraut ihr den neuen Mitschüler Lars (Adrian Øverjordet Vestnes) an, der das Down-Syndrom hat. Amanda ist zunächst nicht begeistert, weil sie von ihren Mitschülerinnen und Mitschülern bemitleidet wird. Außerdem will sie sich nicht vor ihrem Kameraden Adam (Ilias Bouyambib) blamieren, für den sie zarte Gefühle hegt. Doch dann freundet sich Amanda schnell mit dem impulsiven Lars an, der ebenfalls ein großer Fan von Harry Potter ist. Er wohnt mit seinem alleinerziehenden Vater Bent (Øystein Røger) in einer weitläufigen Villa, wo die beiden sich spielerisch mit Zaubersprüchen belegen oder in fantasievollen Rollenspielen vergnügen.

Amanda hält die Freundschaft jedoch geheim, weil sie befürchtet, ebenfalls verspottet zu werden. Selbst Sari weiht sie nicht ein. Als Lars im Sportunterricht enthüllt, dass er Amanda als Freundin betrachtet, geht sie auf Distanz. Ihre Mitschülerin Anna (Agnes Grønneberg Hagen), die einen gehässigen Blog füttert, der Lars als Witzfigur bloßstellt, setzt Amanda so stark unter Druck, dass diese sich bereit erklärt, dabei mitzumachen. Kurz darauf entdeckt Lars ihren Verrat und wendet sich tief verletzt von ihr ab. Er weigert sich auch, weiter zur Schule zu gehen. Amanda bereut ihre Tat, doch Lars nimmt ihre Entschuldigung nicht an und lehnt jede Kommunikation mit ihr ab.

Ein erstaunlich breites Themenfeld

Der Kinderfilm beruht auf dem Jugendbuch „Lars, mein Freund“ der norwegischen Autorin Iben Akerlie. Sie und der Regisseur haben das Drehbuch zusammen verfasst. Mit viel Fingerspitzengefühl spricht es ein erstaunlich breites Themenfeld an, das von Freundschaft und Anderssein über Vorurteile und Ausgrenzung, Mobbing und Verrat, Zivilcourage und erster Liebe bis zum Mut reicht, eigene Fehltritte einzugestehen und um Verzeihung zu bitten.

Besonders gelungen ist die Darstellung der schwerwiegenden Auswirkungen des Mobbings. Der Film macht auf subtile Weise anschaulich, wie groß das Bedürfnis der Heranwachsenden ist, respektiert zu werden und zur Peer Group zu gehören, und wie schlimm es ist, wenn man aus unerfindlichen Gründen lächerlich gemacht, geschmäht und diskriminiert wird. Er verfällt aber nicht in Schwarzweiß-Malerei oder ins Predigen. So wird die arrogante Drahtzieherin Anna keineswegs als nur fies gezeichnet. Und Lars, der offenbar schon mehrfach diskriminiert wurde, schießt in seinen verständlichen Abwehrreaktionen gegenüber Amanda übers Ziel hinaus. Dass er das Down-Syndrom hat und sich deswegen oft anders verhält als andere Kinder, wird zwar thematisiert, aber nicht überstrapaziert.

Am spannendsten ist die Figur der Amanda angelegt, aus deren Sicht der Film großenteils erzählt wird: Als Mentorin sammelt sie zunächst Sympathiepunkte, verliert diese aber durch ihre Feigheit und ihren Loyalitätsbruch gegenüber Lars. Gerade indem sie unter dem Druck des Gruppenzwangs einknickt, sich mit einer Entschuldigung erst schwertut, dann aber Einsicht zeigt und versucht, den Schaden soweit es geht wiedergutzumachen, erweist sie sich als Heldin mit Ecken und Kanten. Nur bei Lars’ Vater, der sich mit Engelsgeduld um den Sohn kümmert und für ihn ein geradezu paradiesisches Zuhause baut, trägt Sæter Stordahl etwas zu dick auf.

Einfühlsames Plädoyer für Rücksichtnahme

Besonders sympathisch an „Lars ist LOL“ ist das einfühlsame Plädoyer für Rücksichtnahme, Respekt und das Zeigen von Rückgrat. Auch die Souveränität, mit der er zeigt, dass eine Gemeinschaft nur funktioniert, wenn man eigene Fehler einräumt und die Fehler anderer verzeiht, nimmt für den Film ein. Die warmherzige Inszenierung wird von den ausgezeichneten Kinderdarstellern Lilly Winger Schmidt und Adrian Øverjordet Vestnes als Amanda und Lars getragen, die als starke Identifikationsfiguren für die junge Zielgruppe des Films dienen.

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