Black Doves
Action | Großbritannien 2024 | 326 (sechs Folgen) Minuten
Regie: Alex Gabassi
Filmdaten
- Originaltitel
- BLACK DOVES
- Produktionsland
- Großbritannien
- Produktionsjahr
- 2024
- Produktionsfirma
- Noisy Bear/Sister Pic.
- Regie
- Alex Gabassi · Lisa Gunning
- Buch
- Joe Barton
- Kamera
- Giulio Biccari · Mark Patten
- Schnitt
- Simon Brasse · Richard Graham
- Darsteller
- Keira Knightley (Helen Webb) · Sarah Lancashire (Reed) · Ben Whishaw (Sam) · Andrew Buchan (Wallace Webb) · Andrew Koji (Jason)
- Länge
- 326 (sechs Folgen) Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Action | Serie | Spionagefilm | Thriller
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Schwarzhumorige Agentenserie um eine Spionin, die undercover als Frau eines Politikers Regierungsgeheimnisse ausspäht, dann aber in Bedrängnis gerät und Unterstützung von einem alten Freund und Kollegen bekommt.
Es weihnachtet sehr in allen sechs Folgen der Agentenserie „Black Doves“ von Serienschöpfer Joe Barton. Die Metropole London wird in festlicher Pracht präsentiert; manche Einstellung wirkt beinahe wie vom Fremdenverkehrsamt beauftragt. Aber echte Gemütlichkeit will hier nie so ganz aufkommen – trotz Adventskranz, Krippenspiel und übermannshohem Weihnachtsbaum. Die Menschen scheinen sich nicht so recht auf Sinn und Bedeutung des Friedensfestes einlassen zu können oder zu wollen. Denn bis in die gut gesicherten Behausungen hinein herrscht ein Klima der Unbehaglichkeit und Verunsicherung vor.
Zwei Agenten einer dubiosen Agentur
Das liegt unter anderem daran, dass man das vorweihnachtliche London durch die Augen von Hel und Sam wahrnimmt, zweier Söldner einer modernen Stadtguerilla jenseits des staatlichen Systems, die zu Beginn nolens volens reaktiviert werden. Helen Webb (Keira Knightley), die in Wirklichkeit ganz anders heißt, ist eine der titelgebenden „Black Doves“ einer reichlich sinistren Agentenagentur, geleitet von der etwas ölgötzenhaft agierenden Geheimdienstlerin Reed (Sarah Lancashire). Hel wurde von Reed strategisch als Ehefrau des aufstrebenden Politikers Wallace Webb (Andrew Buchan) installiert, um zu gegebener Zeit ihren Einfluss geltend machen zu können. Was dies genau bedeuten könnte, bleibt bewusst im Dunkel, ebenso wie eine konsistente Agenda der Black Doves („Wir arbeiten stets für den Meistbietenden“).
Seit Jahr und Tag spielt sie die treue Hausfrau und Mutter, nicht ohne sich auf eine wilde (und offenbar gänzlich planlose) Affäre mit dem höheren Beamten Jason Davies (Andrew Koji) einzulassen. Der Geliebte fällt jedoch wie zwei weitere Personen aus Hels Umfeld einem Mordanschlag zum Opfer: öffentliche Hinrichtungen mitten in der Metropole.
Der stylishe Black-Doves-Auftragskiller Sam (Ben Whishaw) hingegen, der „Mann am Abzug“, arbeitet vorzugsweise solo und scheint seine teilweise sehr blutigen Jobs nur widerstrebend auszuführen. Am liebsten würde er sich wohl bald zur Ruhe setzen und mit einem seiner Ex-Partner (Omari Douglas) und seiner kleinen Tochter eine schwule Romanze leben – in einem Heim mit guter Musik und in warmen Puschelsocken. Sam ist eine der queersten (auch im Sinne von seltsamsten) Killerfiguren der letzten Zeit!
Zwei schwarze Vögel
Nachdem das Verbrechen höchste Regierungskreise erreicht hat – der chinesische Botschafter wurde tot aufgefunden; seine Tochter, ein böses Mädchen, wird vermisst –, und auch bei der Londoner Mafia deutliche Zeichen von Unruhe zu erkennen sind, muss Hel sich entscheiden, welche Ausbruchsfantasie sie letztlich leben möchte – und welchen Eskapismus sie für wen preisgibt. Oder ob sich das (falsche) bürgerliche Dasein mit dem abenteuerlichen, aber potenziell tödlichen Leben einer Agentin nicht doch vereinbaren lässt.
Denn die beiden schwarzen Vögel Hel und Sam verbindet eine etwas erzwungene und reichlich grimme Vorgeschichte: Beide wählten den Vatermord als ihre Feuertaufe im Killergewerbe. Diese ultimative Störung enger zwischenmenschlicher Beziehungen unterstreicht einen wesentlichen Motivstrang der Serie: die Verdächtigung jeglichen Vertrauensverhältnisses im Familiären und auch in der Beziehung des Einzelnen zum Staat, gemäß der klassischen Ansicht, dass die Familie die Keimzelle staatlicher Ordnung sei.
So wird zum Beispiel auch der Inlandsgeheimdienst MI5 als jederzeit kompromittierbar und keineswegs vertrauenswürdig dargestellt. Das ist eine zeitgemäße Perspektive in Zeiten von Polykrisen, die allerdings auch hinter jedes potenziell versöhnliche Finale ein Fragezeichen setzt. Manchmal sieht man Hel im Kinderzimmer hinterm Rücken mit einer großkalibrigen Pistole hantieren, die sie dem Waffenarsenal in ihrem Kleiderschrank entnommen hat. Und allzu oft enttäuscht Sam seine Partner mit zwanghaften Rückfällen in sein todbringendes Gewerbe. Immerhin ist dieses im Grunde autodestruktive Verhalten den beiden ahnungsweise bewusst; die Gründe für ihre extravagante Berufswahl reflektieren sie nüchtern, wobei sie erfreulich wenig lamentieren und im Wesentlichen mit sich selbst identisch sind.
Ein düster-modernes Weihnachtsmärchen
Es ist etwas Seltsames um diese Serie. So ambitioniert gewisse gesellschaftskritische Aspekte angelegt sind und durchgeführt werden, so arg strapazieren einige fantastische Nebenfiguren die Glaubwürdigkeit. Das gilt in gewisser Weise auf für die Figur des Killers Sam, in die Ben Whishaw reichlich Anwaltschaft für alles Queere investiert und die er aus unerfindlichen Gründen in entscheidenden Szenen als verhuschtes Wesen mit Erdbeermund gibt. Sam ist zwar ein Krieger, aber Whishaw zeigt ihn vor allem als verwundet-leidenden Sankt Sebastian. Keira Knightley in ihrer zart-zerbrechlich wirkenden, dabei sehnig-starken Körperlichkeit gibt Hel wiederum überraschend gut. Zwar mangelt es zwischen ihr und ihren Partnern mitunter an der überzeugenden zwischenmenschlichen Chemie, was jedoch weniger Knightleys Verschulden ist, sondern vornehmlich an ihrer etwas konstruierten Rolle liegt. Am besten konsumiert man „Black Doves“ also als angemessen düsteres, modernes Weihnachtsmärchen britisch-großstädtischer Provenienz, mit einem Figurenensemble, das die letzte psychologische Tiefenschärfe gar nicht unbedingt aufweisen muss, um zu gefallen, und gesegnet ist mit einem Ende, das nichts anderes sein will, als was die Genrekonvention verbürgt: romantisch-märchenhaft.