Querschuss
Drama | Deutschland 2024 | 89 Minuten
Regie: Nicole Weegmann
Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2024
- Produktionsfirma
- Claussen+Putz Filmprod./BR/arte
- Regie
- Nicole Weegmann
- Buch
- Esther Bernstorff
- Kamera
- Julian Krubasik
- Musik
- Sven Rossenbach · Florian van Volxem · Matti Rouse
- Schnitt
- Andrea Mertens
- Darsteller
- Christian Berkel (Andreas) · Bibiana Beglau (Bibi) · Andrea Sawatzki (Ulrike) · Ursula Werner (Bernadette) · Thomas Prenn (Clemens)
- Länge
- 89 Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Drama
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Ein mit Ernst und Taktgefühl entwickeltes Drama um den Suizid eines alten Mannes, der seine Angehörigen in heftige Turbulenzen stürzt.
„Das Haus stürzt ein!“, ruft Stella (Stella Kann) und versucht mit ihren Händen das Gebäude zu stützen. Ihre Eltern finden sie nachts auf dem Dachspitz wieder. Das Mädchen hat einen Albtraum und „geistert herum“. Von ihrem Tun lässt sie sich erst abbringen, als der Vater verspricht, seinerseits das Dach zu halten.
Diese Szene ist sinnbildlich zu verstehen: Das Haus steht für die Familie, die zu erodieren droht. Denn in dem Drama „Querschuss“ geht es nach dem Suizid des knapp 80-jährigen Großvaters Joachim unter den Hinterbliebenen ans Eingemachte.
Umgang mit dem plötzlichen Tod
Eben noch planten Andreas (Christian Berkel), seine Frau Bibi (Bibiana Beglau) und die Kinder Clemens (Thomas Prenn) und Stella die Feier zum 80. Geburtstag, da liegt „Opi“ plötzlich tot in der Einliegerwohnung: eine Selbsttötung. Andreas treibt fortan die Frage nach dem „Warum“ um. War Joachim einsam, depressiv oder anderweitig krank? „Keine Ahnung, wer der Typ war!“, bricht es einmal aus ihm hervor. Dazu kommen Trauer, Selbstzweifel, verletzte Gefühle. Nie sei er „gut genug“ für den kühlen Patriarchen gewesen. Und das, obwohl man Tür an Tür wohnte und der alte Herr täglich zum Essen herüberkam.
Nach Stellas Geburt war Andreas mitsamt seiner Familie ins Elternhaus zurückgezogen. Als das Testament auftaucht, wird es für ihn noch schlimmer. Das Haus soll seine labile Schwester Ulrike (Andrea Sawatzki) erben und nach deren Tod auf Clemens übergehen. Der schon erwachsene Enkel, der als Arzt in die beruflichen Fußstapfen des Großvaters trat, hatte eine besonders enge Bindung zu dem Toten.
Auch Bibi trauert, still und für sich. Die selbstbewusste Frau muss für die anderen stark bleiben. Die sensible Stella ist stark verunsichert und versucht auf ihre Weise, die auseinanderdriftende Familie zusammenzuhalten. Ergänzt wird das Ensemble durch die anreisenden Ulrike sowie Bernadette (Ursula Werner), eine Ex-Geliebte Joachims.
Diese sechs Personen leben für einige Tage auf recht engem Raum zusammen. Kammerspielartig folgt der Film ihnen bei ihren Bemühungen, mit dem unerwarteten Tod umzugehen. Über ihre unterschiedlichen Perspektiven lernt man einen überraschend vielseitigen Menschen kennen, der nicht mehr unter den Lebenden weilt.
Bis sich alles endlich entlädt
Die Drehbuchautorin Esther Bernstorff stellt in „Querschuss“ erneut ihre hohe Qualität bei Figurenzeichnung, alltagsnahen Dialogen und dem Entwerfen psychologisch überzeugender Beziehungen unter Beweis. Die spielfreudigen Schauspieler bilden unter der sorgfältigen Regie von Nicole Weegmann ein stimmiges familiäres Geflecht, in dem die Figuren bei allen Zuschreibungen etwas Durchlässig-Flirrendes behalten. Das passt zum Sommer draußen vor der Tür, der in den ausgeblichenen Farben der Kamera von Julian Krubasik Hitze und Schwüle fühlbar macht, die den inneren Druck noch erhöhen. Bis sich Wetter wie Stimmung endlich entladen.
Dennoch gibt es in „Querschuss“ nicht den einen knalligen Höhepunkt; das widerspräche dem Charakter des Films. Auch bleibt in diesem atmosphärischen, durch so dezent wie effektiv eingesetzte Musik schön akzentuierten Film einiges offen, wie es im Leben ja eben auch oft der Fall ist. Die Inszenierung hält dabei gekonnt die Balance und trotzt dem Thema bei aller Schwere immer wieder auch wunderbare Momente der Leichtigkeit und des Lachens ab.
So durchschnittlich wie die Familie ist auch der Schauplatz der Geschichte: ein unspektakuläres 1960er-Jahre-Haus. Eine passende Wahl für eine universell gültige, intensive und sehr lebendige Geschichte einer ganz normalen Familie im Ausnahmezustand.