Bis hierhin und wie weiter?

Dokumentarfilm | Deutschland 2023 | 95 Minuten

Regie: Felix Maria Bühler

Der Dokumentarfilm begleitet fünf Protagonisten von „Letzte Generation“, „Fridays for Future“, „Extinction Rebellion“ und „Ende Gelände“ ein Jahr lang bei ihren Aktionen, mit denen sie für eine klimagerechtere Welt streiten. In Form einer teilnehmenden Beobachtung wird dabei auf Interviews verzichtet und ein breites Spektrum an Positionen und umkämpften Schauplätzen abgebildet, vom Hambacher Forst bis zu dem inzwischen abgerissenen Dorf Lützerath. Dadurch werden viele Themen nur angerissen. Trotz der großen Nähe und Unmittelbarkeit der Aufnahmen bleibt der Regisseur unsichtbar; der Blick auf die heftigen Zusammenstöße zwischen Demonstranten und der Polizei ist allerdings vom Wunsch nach Überhöhung getragen. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2023
Produktionsfirma
Felix Maria Bühler Produktion
Regie
Felix Maria Bühler
Buch
Felix Maria Bühler
Kamera
Felix Maria Bühler
Musik
Daria Cheikh-Sarraf
Schnitt
Lena Köhler
Länge
95 Minuten
Kinostart
19.09.2024
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
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Doku über fünf Umweltaktivist:innen, die ein Jahr lang bei ihrem Kampf gegen die Klimakatastrophe begleitet werden.

Diskussion

Sechs Monate nach dem Hungerstreik, mit dem junge Menschen Ende August 2021 vor dem Berliner Reichstag vergeblich ein öffentliches Gespräch mit den drei Kanzlerkandidat:innen über die Realitäten des Klimawandels erzwingen wollten, treffen sich Beteiligte und Unterstützer in einem Buchladen. Wortführerin des Abends, der so etwas wie ein Stimmungsbild einfangen will, ist die 19-jährige Lina; für manche ist sie ein heroisches Vorbild, für andere eher die Verkörperung sinnloser Aufopferung.

Felix Maria Bühler stellt dieses „Sondierungsgespräch“ programmatisch an den Anfang seines Dokumentarfilms „Bis hierhin und wie weiter?“. Denn was in der medialen Berichterstattung über sogenannte Klimakleber, „Hambi“- und Lützerath-Aktivist:innen meist zu kurz oder gar nicht zur Sprache kommt, sind nicht nur die hinter einer „Bewegung“ stehenden Individuen, sondern mehr noch ihre teilweise sehr unterschiedlichen Positionen. Die Anwesenden in dem Buchladen mögen sich in ihrem Ziel einer klimagerechten Welt einig sein, doch was die Methoden betrifft, herrscht großer Dissens.

Ein Ziel, viele Wege

Lina hat sich inzwischen dem „Aufstand der letzten Generation“ angeschlossen und lässt bei Sitzblockaden die rasende Wut der Autofahrer schon mal mit stillen Tränen über sich ergehen. Eine junge Frau möchte bei keiner Kampagne mehr mitmachen, die Forderungen an die Regierung stellt, da diese ohnehin unbeachtet bleiben. Eine andere fühlt sich in der Position einer passiven Unterstützerin wohler. „Werdet gewaltbereit, schlagt zurück“, appelliert dagegen Guerrero, der von der Folgenlosigkeit bisheriger Aktionen zutiefst frustriert ist und einen Strategiewechsel einfordert. Friedlicher, respektvoller ziviler Ungehorsam oder: Alles ist legitim, solange keine Menschen dabei Schaden nehmen?

„Bis hierhin und wie weiter?“ begleitet fünf Protagonist:innen unterschiedlicher Zusammenhänge – „Letzte Generation“, „Fridays for Future“, „Extinction Rebellion“, „Ende Gelände“ – ein Jahr lang bei ihren Aktionen. Interviews gibt es nicht, die Kamera ist vielmehr einfach mit dabei: inmitten von blockierten Autos, vor denen sich junge Menschen an die Straße geheftet haben, im Hambacher Forst zwischen Baumhäusern und im Pfefferspraynebel der Polizei, die mit teils drastischer Gewalt gegen die Aktivist:innen in dem an der Abbruchkante des Braunkohletagebaus liegenden Dorf Lützerath vorgeht.

Klimagerechtigkeit & Dekolonisierung

Dabei ist der Film aber immer wieder auch im Gespräch mit Passanten, Pressevertretern und Mitaktivist:innen. Zur Sprache kommen dabei durchaus auch Zweifel an der Richtigkeit und Wirksamkeit des eigenen Vorgehens. Bisweilen meldet sich auch das schlechte Gewissen, wenn der Aktivismus gerade mal aussetzen muss. Hinzu kommt die berechtigte Sorge vor behördlicher Erfassung und Gefängnisstrafen. Im Jahr 2018 verabschiedete Nordrhein-Westfalen ein mit Terrorismusgefahr begründetes neues Polizeigesetz mit erweitertem Präventivgewahrsam. Anwendung findet es vor allem bei Menschen aus der Klimabewegung.

Dass es um Klimagerechtigkeit auch noch einen anderen, dem gegenwärtigen Aktivismus kritisch gegenüberstehenden Diskurs gibt, deutet eine Veranstaltung der in zahlreichen Ländern aktiven Gruppe „Ende Gelände“ an. „Wir brauchen euch nicht, um uns zu retten“, erklärt ein Podiumsteilnehmer aus dem sogenannten „Globalen Süden“ und spricht damit die „weiße Vorherrschaft“ der Bewegung an. Keine Klimagerechtigkeit ohne Dekolonisierung.

Felix Maria Bühler, ein gebürtiger Schweizer und derzeit Regiestudent an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf, hält sich als Person ganz aus dem Film heraus. Allein die große Nähe zu dem Geschehen spricht für seine Empathie und eine Form des auf gegenseitigem Vertrauen basierenden „Embedded Journalism“. Dennoch ist gerade der Blick auf die heftigen Zusammenstöße zwischen Aktivist:innen und Polizei von dem Wunsch nach Dramatisierung und Überhöhung getragen. Unterlegt sind die Szenen mit unheilvoll dräuenden Klängen.

Der Film fügt sich in das seit einigen Jahren vermehrt auftretende Sub-Genre der Umweltbewegungsdokumentation. Doch anders als die auf einen Schauplatz konzentrierten Beobachtungen „Hambi – Der Kampf um den Hambacher Wald“ (2019) oder „Vergiss Meyn Nicht“ (2023) kann „Bis hierhin und wie weiter?“ die Themen nur anreißen.

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