Battles without Honor and Humanity

Action | Japan 1973 | 99 Minuten

Regie: Kinji Fukasaku

Nach dem Zweiten Weltkrieg blühen in Japan Gewalt und Kriminalität. Weder die US-amerikanischen Besatzer noch die japanische Polizei können für Recht und Ordnung sorgen. Stattdessen herrschen die Yakuza auf der Straße. Ein junger Kriegsheimkehrer schließt sich einem Verbrecher-Syndikat an. Als es zwischen zwei verfeindeten Yakuza-Banden zu einer Auseinandersetzung kommt, gerät er zwischen die Fronten. Der Auftakt der fünfteiligen Yakuza-Reihe von Kinji Fukasaku gilt als Zäsur im japanischen Genrekino. Der Film zeichnet die Yakuza nicht als ehrbare Verbrecher, sondern entwirft entlang ihrer Blutfehden ein schonungslos brutales Porträt der Nachkriegszeit in Japan, das seinen Aufstieg durch Korruption, Gewalt und Gier erlebt. - Ab 18.
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Filmdaten

Originaltitel
JINGI NAKI TATAKAI
Produktionsland
Japan
Produktionsjahr
1973
Produktionsfirma
Toei Company
Regie
Kinji Fukasaku
Buch
Kazuo Kasahara
Kamera
Sadaji Yoshida
Musik
Toshiaki Tsushima
Schnitt
Shintaro Miyamoto
Darsteller
Bunta Sugawara (Shozo Hirono) · Hiroki Matsukata (Tetsuya Sakai) · Kunie Tanaka (Makihara Masakichi) · Eiko Nakamura (Suzue Kunihiro) · Tsunehiko Watase (Toshio Arita)
Länge
99 Minuten
Kinostart
20.06.2024
Fsk
ab 16
Pädagogische Empfehlung
- Ab 18.
Genre
Action | Drama | Gangsterfilm | Krimi
Externe Links
IMDb | TMDB

Heimkino

Verleih DVD
REM (16:9, 2.35:1, Mono jap.)
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Epochaler Gangsterfilm um einen japanischen Kriegsheimkehrer, der sich einem Verbrecher-Syndikat anschließt und zwischen rivalisierende Yakuza-Banden gerät.

Diskussion

Der Atompilz über Hiroshima ist das erste Bild von „Battles Without Honor and Humanity“ aus dem Jahr 1973. Das alte Kaiserreich ist im nuklearen Feuer vaporisiert. Die fünfteilige Yakuza-Filmreihe von Kinji Fukasaku, die mit „Battles Without Honor and Humanity“ beginnt, zeigt, was übriggeblieben ist. Das Japan, das in den Wellblechhütten aus der Asche Hiroshimas emporsteigt, blickt nicht nach vorne. Gleich in der ersten Szene wird es von einem der noch überall präsenten US-amerikanischen Soldaten vergewaltigt.

In den folgenden Szenen beginnt es, sich im Kampf um die wenigen Reste, die nach der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs geblieben sind, selbst zu zerfleischen. Der erste Teil ist ein hässliches Wimmelbild, das junge Männer zeigt, die sich unter Führung von den Warlords der Yakuza in Blutfehden gegenseitig zerstören. Die Nachkriegs-Yakuza sind nicht mehr die ehrbaren Gesetzlosen der „Ninkyō eiga“ genannten Gangsterfilme der 1960er-Jahre. Ihre Ordnung, die aus den geschändeten Resten des Kaiserreichs erwächst, ist amoralisch und brutal.

Mehr fressen als die anderen

Mit Shozo Hirono (Bunta Sugawara), dem letzten der ehrbaren Assassinen, haben die Yakuza noch eine Art Held, der den klassischen Konflikt des „Ninkyō eiga“, den Konflikt zwischen Pflicht und Gewissen, mit sich selbst auszufechten hat. Doch die dazugehörige Unterwelt hat keinen Platz mehr für Integrität oder Ehre. Hirono ist als einer der wenigen aus dem Krieg heimgekehrt. In Hiroshima gerät auch er in den Strudel der Gewalt. Er rächt den Tod eines Freundes mit dem nächsten Mord, landet im Gefängnis und wird bald Mitglied eines Verbrecher-Syndikats und damit Teil der grausamen Logik des Yakuza-Kapitalismus, der sich in der nuklearen Asche formiert.

Mehr fressen als die anderen, ist die einzige Maxime dieses Systems. An seiner Spitze steht Yamamori Yoshio (Nobuo Kaneko), der Hirono in diesem Film und seinen vier Fortsetzungen als Verkörperung des abscheulichen Patriarchen gegenübersteht. Der Boss, dem Hirono anfangs folgt, um sich dann aber von ihm loszusagen und sich zwischen ihn und seinen Rivalen zu stellen, entpuppt sich als lächerlicher, kleinkarierter Tyrann, der nicht einmal mit seinen engsten Vertrauten teilen will. Er ist der Prototyp eines Mannes, der Fukasakus Nachkriegs-Japan und alle Gewaltzyklen, die seine fünfteilige Filmreihe durchläuft, beherrscht.

Als Yoshios Syndikat gegründet wird, gibt es keine formelle Zeremonie, nur ein von anderen Kriminellen bezeugtes, formloses Sake-Trinken. Die wenigen Rituale, die die nukleare Vernichtung überlebt haben, sind abscheuliche Selbstverstümmelungen, die keinen sittlichen Wert mehr haben. Das Seppuku, der rituelle Selbstmord der Samurai, ist hier kein ehrenvoller Tod, sondern ein Versuch, sich in den Krankentrakt des Gefängnisses verlegen zu lassen; das bei den Yakuza bekannte Abschneiden der eigenen Finger gleicht keinem erhabenen Ritual, sondern einer mit dem Küchenmesser vollzogenen Sauerei, bei der die abgetrennte Fingerkuppe im Dreck landet und schließlich als wertlose Ehrerweisung einem fremden Boss präsentiert wird.

Die profane Gewalt der Masse

Wie die Rituale sind auch die oft allegorischen Bilder der Gewalt nie zu der kunstvollen Eleganz stilisiert, die es noch in den japanischen Historienfilmen der 1960er-Jahre zu sehen gab. Wo sich Yakuza und Samurai einst rituell duellierten, bleibt hier nur die hässliche, chaotische und auf grausamste Art profane Gewalt der Massen übrig. Nicht ein elegant geführter Dolchhieb, nicht ein gut gezielter Schuss, sondern das hässliche Einstechen, Einschießen und Einschlagen auf den Leib, das sich unzählige Male wiederholt, bis das hilflos zappelnde Leben endlich entwichen ist. Bei einem Attentat auf einen verfeindeten Boss rennt Hirono einfach auf diesen zu, schießt ihm sein gesamtes Magazin in den Leib, stolpert bei der Flucht über ihn und landet zusammen mit dem Opfer selbst in dessen Blutlache.

Das Bild gerät mit der Welt aus der Balance, taumelt mit Handkamera-Aufnahme umher, zoomt hektisch auf die Hände, die sich an Bargeld oder Waffen klammern oder fängt die aufeinander prügelnden Massen in verrutschen Perspektiven ein. Die ästhetische Dynamik hebt nie den Augenblick hervor, sondern treibt den Film immer tiefer ins hässliche Chaos der Unterwelt von Hiroshima. Zum Stehen kommt diese Welt nur in jenen Momenten, die den Tod eines bekannten Yakuzas markieren – Freeze Frames, die als Todesanzeigen fungieren.

Eine neue Ära aus Gier und Korruption

„Battles Without Honor and Humanity“ entfaltet sich nicht entlang dieser Todesanzeigen, sondern folgen Fukasakus eigene Chronik der Nachkriegsjahre. Dazwischen stehen historische Aufnahmen: die ausgebrannte Genbaku-Kuppel, der Beginn des Koreakriegs, die Studentenunruhen der 1960er-Jahre. Eine tonlose Stimme verbindet den Aufstieg der Gangster mit der Geschichte. Das nukleare Feuer hat in Japan eine neue Ära eingeleitet, eine des wirtschaftlichen Erfolgs, der Gier, Korruption und Brutalität.

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