Dokumentarfilm | Deutschland 2021 | 43 Minuten

Regie: Christof Wolf

Auf dem Hintergrund der Lebenserfahrungen einer Krisenberaterin, einer Clownin und eines Jazzmusikers werden die Bedeutung von Motivation, Verstand, Willen und dem sprichwörtlichen Bauchgefühl für ein gelingendes Leben beleuchtet. Der Philosoph Godehard Brüntrup und der Psychologe Hugo M. Kehr steuern theoretische Gedanken über Entscheidungen und Motive bei, die durch Aussagen der Interviewpartner und die elegant ins Bild gesetzte Metapher vom Segelboot illustriert werden. Die dramaturgisch flüssig inszenierte Dokumentation bietet kurzweilige Einblicke in zentrale psychologische Fragestellungen, bleibt bisweilen aber abstrakt und bewegt sich vorrangig in der Welt von Kreativen und Künstlern. Dennoch ein anschlussfähiger Impuls zu grundlegenden Fragen nach individuellen Wegen, Zielen und Lebenssinn. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2021
Produktionsfirma
Loyola Productions
Regie
Christof Wolf
Buch
Christof Wolf · Godehard Brüntrup
Kamera
David Emmenlauer · Christof Wolf
Musik
Carl Gari
Schnitt
Christof Wolf · Uwe Wrobel
Länge
43 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm | Filmessay

Heimkino

Verleih DVD
Loyola Productions
Verleih Blu-ray
Loyola Productions
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Essayistische Doku über die inneren Kräfte von Menschen wie Verstand, Wille und seelische Gestimmtheit, die für ein gelingendes Leben bestimmend sind.

Diskussion

„Der Mensch ist geistig immer in Bewegung, wie ein Schiff auf dem Meer, dessen Destination und Richtung noch nicht feststeht.“ Mit dieser Beschreibung gleich zu Beginn von „Seelensegler“ wird ein roter Faden präsentiert: Das Bild des Schiffes und seiner Bestandteile wie Steuerrad, Segel oder auch Kiel dient der Annäherung an die Phänomene wie Verstand, Wille, Motivation und Lebenssinn. Auf der Bildebene wird ein Anker gelichtet, das Segel gesetzt; ein Segelboot durchzieht bei strahlendem Sonnenschein das blaue Meer. Der Philosoph und Jesuit Godehard Brüntrup führt als Erzähler durch den Film. Zugleich ist er es, der das Segelboot steuert und das Segel setzt.

Was im Leben bewegt und motiviert

Nacheinander werden drei Personen vorgestellt, deren Gedanken vor dem Hintergrund der Segelboot-Metapher eine Deutung erfahren: die Journalistin Tamara Dietl, die Schauspielerin Katharina Klein, die als Clownin tätig ist, und der Jazzsaxophonist Moritz Stahl. Sie erzählen davon, was sie bewegt und motiviert, welche Ereignisse und Erfahrungen in ihrem Leben sie zu ihren heutigen Berufen geführt und ihren Platz im Leben begründet haben. Begleitend dazu sieht man sie bei ihren Tätigkeiten als Coach, Clownin oder Musiker.

Brüntrup verbindet die Interviews mit weiteren Erläuterungen der Schiffsmetapher sowie mit Zitaten von Philosophen. So weist er schon zu Beginn auf Aristoteles hin, nach dem die Seele das Schiff des Lebens steuere. Auf den römischen Denker Seneca geht ein anderes Bild zurück: „Wer den Hafen nicht kennt, in den er segeln will, für den ist kein Wind ein günstiger.“

Nach und nach wird die Schiffs- und Lebensmetapher über die philosophische in eine psychologische Interpretation überführt: Die Winde, welche das Schiff in Bewegung setzen, können als zentrale Motive des Menschen gedeutet werden: Bezogenheit, Macht/Autonomie und das Erleben von Kompetenz. Der Psychologieprofessor Hugo M. Kehr forscht über die Wirkung von Zielen und unbewussten Motiven sowie die Funktion des Willens. Er trägt begriffliche Erläuterungen bei. So unterscheidet er explizite und implizite Motive. Während mit Hilfe der expliziten Motive Ziele bewusst gesetzt werden, stellen die impliziten Motive eher das „Bauchgefühl“ dar, welches für das individuelle Handeln oft entscheidend ist. Ziel müsse die Passung von expliziten und impliziten Motiven sein.

Während der Musiker Moritz Stahl von einem Gefühl der Einheit innerhalb der Band beim Musizieren berichtet, welches den Eindruck zu fliegen vermittle, gesteht die Schauspielerin Katharina Klein, dass sie bei ihrer Berufswahl ihrem Bauchgefühl gefolgt sei, obwohl sie die Rolle der Clownin zunächst an persönliche Grenzen geführt habe. Tamara Dietl erzählt von Krisen durch das Sterben einer Freundin, aber auch durch den Tod ihres Ehemannes, des Regisseurs Helmut Dietl. Dadurch kam es für sie zu einem fundamentalen Perspektivenwechsel: Durch den Tod wird der Wert des Lebens neu bewusst. Was bedeutet vor diesem Hintergrund Motivation, was meint Freiheit? Gibt es Ziele, die es auch „gegen den Wind“ zu erreichen gilt? Wann braucht „mein Schiff“ eine Kurskorrektur?

Der Wechsel aus Theorieebene, Schiffsmetapher und in den Interviews geschilderten Lebenserfahrungen gelingt weitgehend. Fragen zu eigenen Entscheidungen, Lebenswegen und Zielen lassen sich in der Rezeption durchaus mit dem Film verbinden. Allerdings sind die drei Interviewpartner nicht wirklich repräsentativ. Sie stammen aus dem Feld kreativer Berufe und üben eher außergewöhnliche Tätigkeiten aus. Was würde die Kassiererin im Supermarkt oder der Kranführer wohl zu den dargestellten Modellen von Motivation und Sinnsuche sagen?

Der Verstand und das Herz

Die gut mit den Interviewszenen harmonierenden Bilder des Segelbootes und die Musik des Münchner Live-Jam-Techno-Trios Carl Gari bedingen einen gelungenen dramaturgischen Fluss innerhalb der Dokumentation, die trotz der anspruchsvollen Themen nicht schwerfällig wirkt. Ganz ähnlich dem Hinweis auf Kiel und Schwert, die einem Boot die richtige Stabilität verleihen, sind auch in „Seelensegler“ Bild-, Ton- und Musikebene gut austariert. Dennoch bleibt eine gewisse Abstraktheit der Thematik, da der Alltag der sogenannten „einfachen Bevölkerung“ nicht wirklich angesprochen wird. Gleichwohl gibt es Anschluss- und Übertragungsmöglichkeiten der geschilderten Erfahrungen und Deutungen. Vielleicht sollte man die Metapher der Segelreise auf dem Meer des Lebens auch nicht überstrapazieren. So formuliert es auch Godehard Brüntrup sehr treffend, wenn er zum Schluss konstatiert, dass das ganz große Ziel sich nicht durch den Verstand festlegen lässt; es kann nur im Herzen geahnt werden.

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