Demon Pond
Fantasy | Japan 1979 | 124 Minuten
Regie: Masahiro Shinoda
Filmdaten
- Originaltitel
- YASHAGAIKE
- Produktionsland
- Japan
- Produktionsjahr
- 1979
- Produktionsfirma
- Grange Communications Inc./Kino International/Shochiku
- Regie
- Masahiro Shinoda
- Buch
- Haruhiko Mimura · Tsutomu Tamura
- Kamera
- Masao Kosugi
- Musik
- Isao Tomita
- Schnitt
- Zen Ikeda · Sachiko Yamachi
- Darsteller
- Tamasaburo Bando (Yuri / Prinzessin Shirayuki) · Go Kato (Akira Hagiwara) · Tsutomu Yamazaki (Gaukuen Yamazaki) · Kôji Nanbara (Priester Shikami) · Yatsuko Tan'ami (Amme)
- Länge
- 124 Minuten
- Kinostart
- 15.06.2023
- Fsk
- ab 12; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 14.
- Genre
- Fantasy | Liebesfilm | Melodram
- Externe Links
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Kunstvoller Fantasyfilm um einen See, an dem das fragile Gleichgewicht zwischen Menschen und Dämonen gestört wird.
Die Frau sitzt im Bildhintergrund, der Kamera abgewandt, an einem Teich. Ihre Stimme aber ist ganz nah. Nah bei uns und auch nahe bei Yamazaki (Tsutomu Yamazaki), einem Professor, den es im Zuge wissenschaftlicher Studien in eine abgelegene Bergregion verschlagen hat. Die Worte, die sie spricht, scheinen nicht nur ihrem scheuen, zarten Körper zu entstammen, sondern zugleich der Natur um sie herum. Yuri heißt sie, und sie ist eine Wächterin. Gemeinsam mit ihrem Mann Hagiwara hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, dreimal am Tag eine große Glocke zu schlagen. Wenn die Glocke nicht mehr geschlagen wird, sagt sie, dann kommen die Dämonen.
Schon in den ersten Minuten von „Demon Pond“ vermittelt ein bizarr verformter Baum, den Yamazaki auf seiner Erkundungstour passiert, eine Ahnung davon, dass die Natur dem Menschen keineswegs als „objektive“, den Naturgesetzen unterworfene und damit berechenbare Umgebung gegenübertritt. Es ist ein hieroglyphenartiges Gewächs, der Wuchs scheint eine Botschaft zu enthalten, die für den Neuankömmling aus der Großstadt unlesbar bleibt. Erst die sanft dröhnende Stimme Yuris führt dazu, dass Yamazaki sich von der nüchternen Naturwissenschaft abwendet und in eine Welt eintritt, die mit den Geistern der Natur noch auf Augenhöhe kommuniziert.
Dämonen und Dorfbewohner
In „Demon Pond“ von Masahiro Shinoda gibt es zwei Sphäre: eine der Menschen und eine der Dämonen. Beide stehen sich nicht nur weitgehend feindlich gegenüber, sondern sind auch in sich selbst uneins. Bei den Menschen gibt es die, die auf ein Gleichgewicht der Kräfte spekulieren, die die Dämonen keineswegs vernichten, aber durch das Regelsystem des Glockenklangs in deren eigene Welt, in die Tiefe des Dämonensees, verbannen wollen. Es gibt aber auch jede Menge tumbe Dorfbewohner, die während einer langanhaltenden Dürreperiode die Dämonen als blutrünstige Urkräfte imaginieren und ihnen Menschenopfer darbringen möchten.
Bei den Dämonen wiederum gibt es solche, die sich im Status quo eingerichtet haben und sich darauf beschränken, in schummrigen Tiefen eine geheimnisvoll funkelnde Gegenwelt aufzubauen. Es gibt aber auch die Dämonenprinzessin Shirayuki, die sich mit ihrem nasskalten Domizil nicht abfinden möchte und nach draußen, in die Welt, zur irdischen Liebe strebt – und dadurch eine welterschütternde Katastrophe riskiert.
Die beiden Sphären berühren sich nicht in einer Figur, aber in einem Körper: Sowohl Yuri als auch Shirayuki werden von Tamasaburô Bandô verkörpert – einem weit über Japan hinaus bekannten Kabuki-Darsteller, der sich auf der Bühne und (seltener) im Film auf Frauenrollen spezialisiert hat.
Auch der Film selbst ist die Adaption eines Bühnenstücks und versucht keineswegs, seine medialen Ursprünge zu verleugnen – was sich vor uns ausbreitet, ist keine organisch gewachsene Welt, sondern Dekor. Bandôs Spiel wiederum verleiht insbesondere Yuri eine Aura der edlen, mysteriösen Zerbrechlichkeit. Ihr Schönheit scheint nicht ganz von dieser Welt und auch weitgehend der Sphäre des Sexuellen entrückt zu sein. Dass es sich bei ihr nicht um einen Menschen, sondern vielmehr um ein menschenförmiges, ursprünglich reptilartiges Fabelwesen handeln könnte: diesen Verdacht werden nicht nur die ignoranten Dorfbewohner, sondern auch die Kamera nie komplett los.
Das Fantasma der Tierfrau bleibt abstrakt
Anders als in der motivisch verwandten chinesischen „Legende der weißen Schlange“ und ihren zahlreichen filmischen Adaptionen (deren schönste ist zweifellos Tsui Harks „Green Snake“) wird das Fantasma der Tierfrau in „Demon Pond“ nicht direkt ins Bild gesetzt. In Yuris Ehe mit Hagiwara, einem Repräsentanten der Aufklärung, verliert es an unmittelbarer Überzeugungskraft, überlebt lediglich als eine ästhetische Illusion – die freilich immer noch wirkmächtig genug ist, um ein Spiel von Projektion und Gegenprojektion in Gang zu setzen, das in Tod und Verwüstung endet.
Wobei der Film die Frage, ob es sich bei der Katastrophe, die der Clash der beiden Sphären unweigerlich nach sich ziehen muss, nicht vielleicht auch um etwa Reinigendes handeln könnte, offenlässt. Die kunstvollen, Natur und Kultur bis zur Ununterscheidbarkeit ineinander verschränkenden Tableaus, aus denen „Demon Pond“ zu weiten Teilen besteht, fügen sich keineswegs zur bewahrenswerten Idylle. Vielmehr scheint in den klaustrophobischen, bis zur Enträumlichung verschachtelten, die Figuren tendenziell der Handlungsmacht beraubenden Bildkompositionen der Keim des Untergangs bereits eingeschrieben.
Zu Beginn seiner Karriere, um 1960, zählte Masahiro Shinoda zu den jungen Wilden des japanischen Kinos. Im Gegensatz zu Nagisa Oshima, dem berühmtesten seiner Neue-Welle-Mitstreiter, war er später nie daran interessiert, sein Kino in den Dienst expliziter politischer Kritik zu stellen. Im engeren Rahmen der Bildpolitik des Genrekinos jedoch bewahrte er die Radikalität seiner Anfänge. Gerade die Schönheit der Bilder und die Hinwendung zu populären Formen erweist sich bei ihm immer wieder als trügerisch – besonders eindrücklich im ebenfalls Kabuki-beeinflussten „Double Suicide“ (1969), einem Liebesmelodram von geradezu apokalyptischer Eleganz.
Der Weltuntergang als Sturm im Wasserglas
Gar so finster geht es in „Demon Pond“ nicht zu – einer großen Studioproduktion, die oft schlicht von den Schauwerten und dem Spieltrieb her gedacht ist. Im umwerfenden Sturmflut-Finale, das Caspar David Friedrich nicht wildromantischer hätte imaginieren können, kommen unter anderem Miniatureffekte zum Einsatz, die seit den Godzilla-Filmen zu den Spezialitäten des fantastischen Kinos in Japan zählen. Hier ist Shinodas feinsinnige Blockbuster-Ironie ganz bei sich selbst: der Weltuntergang als filmtechnisch brillanter Sturm im Wasserglas.