Horror | USA 2022 | 102 Minuten

Regie: Zach Cregger

Eine junge Frau, die via Airbnb eine Unterkunft am Stadtrand von Detroit gebucht hat, trifft dort auf einen charismatischen Mann, der das Haus ebenfalls gemietet hat. Notgedrungen teilen sie sich die Bleibe, obwohl sie misstrauisch ist und sich im Keller überdies ein dunkles Geheimnis zu verbergen scheint. Ein Horrorfilm, der mit gezielten Brüchen und unterschiedlichen Perspektiven auf eine unvorhersehbare Erzählstruktur setzt. Der Ansatz, die auch in die Vergangenheit springende Geschichte nicht auf einen Protagonisten, sondern ein Haus auszurichten, ist erfrischend, schwächt aber den exzellenten Spannungsaufbau des ersten Drittels ab. - Ab 16.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Originaltitel
BARBARIAN
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2022
Produktionsfirma
BoulderLight Pict./Hammerstone Studios/Almost Never Films Inc./Regency Enterprises/Vertigo Ent.
Regie
Zach Cregger
Buch
Zach Cregger
Kamera
Zach Kuperstein
Musik
Anna Drubich
Schnitt
Joe Murphy
Darsteller
Georgina Campbell (Tess) · Bill Skarsgård (Keith) · Justin Long (AJ) · Matthew Patrick Davis (Die Mutter) · Richard Brake (Frank)
Länge
102 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Horror | Mystery | Thriller
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

Horrorfilm um eine junge Frau, die via Airbnb eine Unterkunft in Detroit bucht und feststellen muss, dass sie das Haus nicht für sich alleine hat.

Diskussion

Zuerst sieht man nur eine schummrig beleuchtete Tür, die für Tess (Georgina Campbell) ins Verderben führt. Die junge Frau ist wegen eines Bewerbungsgesprächs nach Detroit gekommen. Da alle Hotels belegt sind, hat sie sich via Airbnb eine Bleibe am Stadtrand gesucht. Doch als sie nachts im strömenden Regen vor dem Haus steht, funktioniert weder der Einlasscode, noch nimmt jemand bei der Hotline ab. Plötzlich aber geht das Licht in der Unterkunft an, und die Tür öffnet sich.

Das Unbehagen entwickelt sich in „Barbarian“ von Zach Cregger zunächst aus einer peinlichen zwischenmenschlichen Situation. Denn wie sich zeigt, wurde das Haus bereits an einen anderen vermietet: den ebenso überrumpelt wirkenden Keith (Bill Skarsgård). Die beiden wissen nicht, wie sie mit diesem Buchungsfehler umgehen sollen, spielen mehrere Möglichkeiten durch und beschließen dann, dass es vielleicht das Beste sei, wenn sie sich die Unterkunft teilen.

Ein undefinierbares Knarzen

Der Film nimmt sich viel Zeit, um eine angespannte Atmosphäre zu entwickeln, die jederzeit kippen könnte. Statt konkrete Indizien zu liefern, dass hier etwas nicht in Ordnung ist, sät „Barbarian“ durch ein nicht näher zuzuordnendes Knarzen oder eine plötzlich geöffnete Tür ein diffuses Misstrauen. Mit Skarsgård hat der Film zudem einen Schauspieler, der einen als gutaussehender Charismatiker um den Finger wickelt, den man aber auch als Horrorclown Pennywise aus „Es“ kennt. Souverän spielt „Barbarian“ mit der Ungewissheit, ob man einem unschuldigen Flirt beiwohnt oder Tess doch in die Fänge eines Psychopathen geraten ist.

Man kann zumindest verraten, dass sie die erste Nacht schadlos übersteht. Bei Tageslicht stellt Tess allerdings fest, dass sie inmitten eines völlig verrotteten und verlassenen Areals haust. Das Setting ist nun klarer, aber Keiths wahre Natur bleibt auch nach einer verunsichernden Entdeckung im Keller weiterhin nebulös. Auf der Suche nach der Wahrheit reizt die Inszenierung die unheimliche Sogwirkung von langen, dunklen Gängen bis zum Äußersten aus. Und wenn die Spannung kaum noch zu ertragen ist, bricht die Geschichte jäh ab.

Schwarze Frau und weißer Mann

Es ist gleichermaßen ein Wagnis und eine verschenkte Möglichkeit, dass Cregger das Konzept nach einem Drittel der Laufzeit auf den Kopf stellt. Als Zuschauer muss man sich erst einmal neu orientieren. Auf einmal geht es um den schmierigen Schauspieler AJ (Justin Long), der gerade über einen MeToo-Skandal gestolpert ist und deshalb in einer seiner Immobilien untertaucht, die sich als das besagte Haus entpuppt.

Tess und AJ sind in vieler Hinsicht gegensätzlich: sie ist eine schwarze Frau, die versucht, in der Filmindustrie Fuß zu fassen, er ist ein weißer Mann, der bereits etabliert ist. „Barbarian“ arbeitet zwar mit solchen Gegensätzen, nutzt sie aber eher als Echo einer ungleichen Gesellschaft, als dass der Film sie in eine naheliegende sozialkritische Form pressen würde.

Später gibt es noch einen weiteren Schnitt in der Erzählung. Dabei ändert Cregger sogar das Bildformat und springt in die Vergangenheit, um sich der dunklen Geschichte der einst in einem florierenden Wohnviertel liegenden Unterkunft zu widmen. Ein US-amerikanisches Fertighaus wie dieses ist preiswert, demonstriert aber moderaten Wohlstand. Dieses Spiel mit der falschen Fassade greift „Barbarian“ auf, indem er dem Grauen hinter dem Deckmantel spießbürgerlicher Normalität nachgeht. In der Gegenwart verhält es sich umgekehrt: Als die hilfesuchende Tess Polizisten von ihrer misslichen Lage überzeugen will, halten die sie wegen des heruntergekommenen Viertels für einen verwirrten Junkie.

Ein multiperspektivischer Ansatz

Cregger setzt das Haus mit seinem Spiel um Schein und Sein fast wie einen Protagonisten ein. Sein multiperspektivischer Ansatz ist schlüssig und mitunter auch erfrischend. Die Versuche, die Erzählung möglichst unvorhersehbar und originell zu halten, schwächen aber die Stringenz und damit die Spannung. Auch wenn der Film sich durchgehend auf solidem Niveau bewegt, bleibt der Nachhall, dass „Barbarian“ ausgerechnet dann anfängt, erzählerische Haken zu schlagen, wenn er am besten funktioniert.

Kommentar verfassen

Kommentieren