The Thief, His Wife and the Canoe
Drama | Großbritannien 2022 | 184 (vier Episoden) Minuten
Regie: Richard Laxton
Filmdaten
- Originaltitel
- THE THIEF, HIS WIFE AND THE CANOE
- Produktionsland
- Großbritannien
- Produktionsjahr
- 2022
- Produktionsfirma
- Story Films/ITV
- Regie
- Richard Laxton
- Buch
- Chris Lang
- Kamera
- Sergio Delgado · Hermes Marco
- Musik
- Harry Escott · Ben Pearson
- Schnitt
- Barry Moen · James Taylor
- Darsteller
- Monica Dolan (Anne Darwin) · Eddie Marsan (John Darwin) · Mark Stanley (Mark Darwin) · Dominic Applewhite (Anthony Darwin) · Carrie Cohen (Annes Mutter)
- Länge
- 184 (vier Episoden) Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 14.
- Genre
- Drama | Krimi | Serie
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Serie um ein britisches Ehepaar, das aus einer finanziellen Notlage heraus den Tod des Ehemanns vortäuscht und in heftige Turbulenzen gerät.
Anne (Monica Dolan) und John (Eddie Marsan) ziehen in das verschlafene Küstenstädtchen Seaton Carew im Nordosten Englands. Darüber ist Anne alles andere als glücklich. Denn das Haus ist in einem renovierungsbedürftigen Zustand. Wie sollen sie die Instandsetzungen bezahlen? Ihr Ehemann sieht alles recht locker. Er lebt seit jeher über seine Verhältnisse, um die Armut, aus der er kommt, wettzumachen.
Ihre langjährige Ehe war von einem steten Auf und Ab geprägt. Seine Frau hielt immer zu ihm. Doch dieses Mal wird eine Grenze überschritten. Die beiden haben enorme Schulden. Jetzt wird deutlich, dass John den Bezug zur Wirklichkeit verloren hat, wenn er ihn denn jemals besaß. Die Reibungen zwischen den Eheleuten führen zum Konflikt zwischen einem Mann, der wie ein Kind einfach das macht, was ihm einfällt, ohne die Konsequenzen zu bedenken, und einer Frau, die sich nicht von ihm trennen kann.
Eine Frau, die zu viel weiß
Da hat John eine neue Idee. Und er macht Anne zu seiner Komplizin. Er beschließt, seinen Tod vorzutäuschen. Er fährt mit dem Kanu aufs Meer hinaus, springt ins Wasser und schwimmt zurück; das Kanu wird ohne ihn gefunden. Mit diesem Täuschungsmanöver will er eine Lebensversicherung kassieren. Dass es sich dabei um Betrug handelt, scheint ihm gar nicht klar zu sein. Für John ist es einfach eine Lösung seiner finanziellen Probleme.
Er ist fasziniert von seinem Einfallsreichtum und gleichzeitig überzeugt davon, dass Anne das ähnlich sieht: „You're going to love this!“ Doch das ist nicht der Fall; Anne ist entsetzt. Aber er will ihr wieder einmal beweisen, was für ein Lebenskünstler er ist.
Es ist erstaunlich, dass Anne das alles mitmacht. Das kann nur in der langjährigen Ehe begründet sein. Über die Jahrzehnte hinweg und durch das Großziehen zweier Jungs hat sich eine Abhängigkeit verfestigt, aus der es kein Entkommen zu geben scheint. Man kann nur mutmaßen, wie Anne mehr oder weniger allein auf sich gestellt ihre beiden Jungen zu verantwortungsbewussten Menschen aufgezogen hat, denen sie nun aber vormachen muss, dass ihr Vater aus dem Leben geschieden sei. Ihre schauspielerischen Fähigkeiten werden dabei arg strapaziert.
Die Schauspielerin Monica Dolan spielt das bravourös, immer kurz davor, in die Wahrheit abzustürzen. Doch ab dem Moment, der sie zur Komplizin ihres Mannes macht, gibt es kein Zurück mehr. Sie muss der Polizei und ihrer Familie immer neue Lügen auftischen, weil John ständig andere Ideen hat, wie es weitergehen soll.
Eddie Marsan, der in den letzten Jahren oft mit Guy Ritchie zusammengearbeitet hat und als vorzüglicher Nebendarsteller gilt, spielt John als sanften Psychopathen und Underdog, dem man sein unüberlegtes Handeln nicht übelnehmen kann. „What I am is a man who thinks out of the box“. Damit liegt er zwar nicht meilenweit daneben, doch die Überheblichkeit und Rücksichtlosigkeit, die er seiner Frau gegenüber an den Tag legt, ist frappierend.
Kaskaden der Lüge
Mit Johns Vorschlag des Versicherungsbetrugs geraten er und Anne in einen Strudel aus Lügen und Ausreden, in dem sie sich zunächst gerade so über Wasser halten können. Die daraus resultierenden Situationen changieren gekonnt zwischen existentiellem Ernst und wohldosiertem britischen Humor. Doch mit jeder neuen Entwicklung gerät das Konstrukt in immer heftigere Turbulenzen, denen sie kaum noch gewachsen sind.
Noch einmal: Man fragt sich, wie Anne das so lange aushalten kann. Zumal sie ihre haarsträubende Geschichte rückblickend erzählt; der Umzug nach Seaton Carew liegt in der Rahmenhandlung bereits sieben Jahre zurück. Zählt man alles zusammen, dann muss diese Frau eine enorm hohe Widerstandskraft und Leidensbereitschaft, aber auch ein immens schwaches Selbstwertgefühl haben. Denn John ist weder physisch noch intellektuell ein Überflieger. Ihre erzwungene Komplizenschaft hätte sie mit Johns offensichtlicher Unzurechnungsfähigkeit leicht begründen können.
Wenn Anne in einem offensichtlich fremden Land zu Beginn in einem Auto auf der Flucht vor Journalisten zu sehen ist, fragt man sich, wo John abgeblieben ist. Ist der Endpunkt ihrer Odyssee, die letzte Konsequenz der sich immer schrägeren Lügenbausteine erreicht und das Gebäude eingestürzt?
„The Thief, His Wife and his Canoe“ ist ein vergnüglicher, aber durchaus auch abgründiger Blick darauf, was passiert, wenn Menschen die existentielle Not, in die sie zu geraten drohen, mit Mitteln abwenden wollen, denen sie nicht gewachsen sind. Dass die britische Miniserie von Richard Laxton auf realen Ereignissen beruht, macht sie umso verblüffender: Die Realität schreibt mitunter die erstaunlichsten Geschichten.