Action-Trash ist immer für Überraschungen gut. Das gilt für die gute wie für die schlechte Seite. Manche Filme kommen desaströser daher, als man es für möglich gehalten hätte, andere entwickeln plötzlichen Charme durch ungeahnte Schlenker, halbwegs originelle Figuren oder unkonventionelle Kämpfe. Das Genre ist ein Spielplatz für Stereotype – die harten Kämpfer, das Herz aus Gold, die letzte Rettung für Frauen und Familie oder ähnliches; auch die Dialoge sind selten zum Mitschreiben.
Aber wenn das Drehbuch ein bisschen Fantasie entwickelt oder der Regisseur ein bisschen Talent, kann man Momente großer Unterhaltung entdecken, sogar in den zahllosen Werken, die Bruce Willis in den vergangenen Jahren gedreht hat. Natürlich muss man sich als Zuschauer anstrengen, genauso wie Bruce Willis sich anstrengen musste, um bei all dem Quatsch nicht die Nerven zu verlieren. Sobald man jedoch aufmerksam hinschaut, wie er mit eiserner Miene sein Geld verdient, sieht man manchmal noch etwas von dem coolen alten Bruce Willis aufblitzen, eine Schärfe oder eine Ironie wie aus früheren Tagen.
Kurze Schnitte, Dialoge aus dem Off
In „A Day to Die“ klappt das allerdings nicht. Der Film gehört eher zu den Werken, in denen nichts mehr funktioniert. Genau das aber ist eine sehenswerte Angelegenheit: Wie Willis durch diesen Film spaziert, offensichtlich wenig davon berührt, worum es geht oder was er dort tun soll, und wie dann versucht wird, seine Auftritte immerhin in die Nähe dessen zu bringen, was inhaltlich notwendig ist. Kurze Schnitte also, Dialoge im Off, freundliche Blicke ins Leere oder auf die Waffe, die er mit sich herumträgt. Das ist ein bisschen lustig und trotzdem traurig, weil man inzwischen ja weiß, dass Willis an Aphasie leidet, an einer Erkrankung des Gehirns, die mit Sprachstörungen einhergeht.
Richtiges Amüsement gibt es bei „A Day to Die“ also eher selten. Zwar wird in großem Stil geschossen, aber originell ist das kaum. Ausstattung und Musik lenken zumindest ein wenig davon ab, dass der Plot auseinanderfällt. Darin finden sich allerlei bekannte Themen des Großstadt-Thrillers, ohne dass der Zusammenhang viel Sinn machen würde. Die Polizei stürmt noch vor den Anfangstiteln eine Schule, in der die Schüler seit Stunden gefangen gehalten werden. Die Befreiung geht katastrophal schief; ein ganzer Polizeitrupp wird deshalb entlassen. Das sind diejenigen, die sich später zusammentun, um den Film mit Heldentum zu füllen.
Dazu müssen sie ihrem früheren Polizeikumpel Connor (Kevin Dillon) aus der Bredouille helfen. Dessen Frau Candice wurde von einem Gangsterboss namens Pettis entführt, der damit Connor (Brooke Butler) willfährig machen will. Zwölf Stunden Zeit bleiben ihm, um ein Drogenlabor von Pettis’ Konkurrenz auszuräumen, dann bekommt er seine Frau zurück. Candice ist schwanger, Pettis ist schwarz, Connor hat seine Ex-Militär- und Ex-Cop-Freunde mit einem einzigen Anruf auf seiner Seite, und ein ganzes Arsenal an Schnellfeuerwaffen bringen die auch noch mit. Action-Trash also, viel Klischee, wenig Logik; die Sturmgewehre aber passen ganz gut in die aktuelle Diskussion über das Waffenproblem in den USA.
Der schlimmere Feind: die Korruption
Die Geiselbefreiung klappt unabhängig davon; Candice darf sogar einen cleveren Stunt ausführen. Doch wenn dann die Helden und Pettis aufeinandertreffen, merkt man, dass im Drehbuch doch etwas Mühe steckt, denn von da an bilden Cops und Gangster eine Allianz gegen einen noch schlimmeren Feind: die Korruption im Polizeibetrieb. Das ist auf mehreren Ebenen schön entwickelt, nicht nur auf der der Gerechtigkeit, sondern auch, weil Pettis und seine Crew ordentlich Style in den sonst arg unterhemd-lastigen Film bringen. Sie sind sympathisch, lassen gelegentlich sogar Vernunft in ihrem kriminellen Business walten und wissen vor allem, wie man einen Maßanzug trägt. Deshalb erhalten sie mehr Zeit, um gut auszusehen; das schätzte schon Truffaut am Kino.
Bruce Willis spielt den Polizeichef, der mit allen möglichen Gangstern kollaboriert. Zumindest bevor Pettis geläutert wird. Willis streicht jedenfalls Unsummen an Bestechungsgeld ein und verwandelt die Stadt in ein Drogenparadies, wobei er insgeheim seine eigenen Leute abballert. „Etwas stimmt nicht mit dem Chief“, wird hinter seinem Rücken gemunkelt, wenn er mal wieder ziellos durchs Revier läuft und nicht weiß, wo das Drehbuch ihn eigentlich hinführen will. Das sind die Momente, in denen die Figur und ihr Darsteller perfekt zusammenfinden.