Rebel - In den Fängen des Terrors

Action | Belgien/Luxemburg/Frankreich 2022 | 139 Minuten

Regie: Adil El Arbi

Ein belgisch-muslimischer Rapper gerät in Brüssel-Molenbeek immer wieder mit der Polizei aneinander, weshalb er nach Syrien flieht, um gegen Assad zu kämpfen, dort aber vom IS zwangsrekrutiert wird. Zuhause will sein jüngerer Bruder nicht glauben, dass der Ältere zum Terroristen wurde, was ihn jedoch umso leichter in die Hände radikaler Ideologen treibt. Der wuchtige, dezidiert aus muslimischer Perspektive erzählte Film kombiniert den Sound und die Ästhetik von Musikvideos mit den Mitteln des knallharten Actionkinos. Reißerisch-plakativ, aber auch mitreißend-humanistisch geht es in diesem „Jihad“-Musical um Manipulation und falsche Propheten, die Inszenierung scheinbarer „Wahrheiten“ und eine migrantische Solidarität, die sich allzu leicht fundamentalistisch missbrauchen lässt. - Ab 18.
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Filmdaten

Originaltitel
REBEL
Produktionsland
Belgien/Luxemburg/Frankreich
Produktionsjahr
2022
Produktionsfirma
Caviar Films/Beluga Tree/Calach Films/Imaginarium Films/Le Collectif 64
Regie
Adil El Arbi · Bilall Fallah
Buch
Adil El Arbi · Bilall Fallah · Kevin Meul · Jan van Dyck
Kamera
Robrecht Heyvaert
Musik
Hannes De Maeyer
Schnitt
Frédéric Thoraval
Darsteller
Aboubakr Bensaihi (Kamal Wasaki) · Lubna Azabal (Leila Wasaki) · Amir El Arbi (Nassim Wasaki) · Tara Abboud (Noor) · Younes Bouab (Abu Amar)
Länge
139 Minuten
Kinostart
30.11.2023
Fsk
ab 16; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 18.
Genre
Action | Drama | Thriller
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Busch Media Group
Verleih Blu-ray
Busch Media Group
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Reißerisch-plakatives, mitreißend-humanistisches „Jihad“-Musical um einen belgischen Rapper, der in Syrien vom IS zwangsrekrutiert wird.

Diskussion

„Rebel“ beginnt mit schockierenden Bildern, dem Video einer Hinrichtung durch die ISIS, der berüchtigten islamistischen Terrorgruppe in Syrien und dem Irak. Zwei Brüder schauen sich das Video in den sozialen Netzwerken an. Das grausame Geschehen stößt sie ab, scheint sie aber auch zu faszinieren. Denn sie sind muslimische Einwandererkinder, die in Europa unter prekären Verhältnissen leben. Sie leben überdies in einem Viertel, das seit einiger Zeit traurige Berühmtheit erlangt hat: nämlich in Molenbeek in Brüssel, aus dem die Bataclan-Attentäter stammten.

Der Film der belgischen Regisseure Adil El Arbi und Bilall Fallah, die beide selbst muslimische Einwanderer der „zweiten Generation“ sind, ist eine merkwürdige Genremischung. Ein ernstgemeinter Film über Terror und den Heiligen Krieg aus belgisch-muslimischer Perspektive, in französischer Sprache gedreht, mit flämischen, arabischen und englischen Dialogen. Das Regie-Duo nutzt seine Hollywood-Erfahrung, um einen Pop-Film zu schaffen, indem sie die Schrecken des Dschihadismus und des Islamischen Staates zeigen.

Treibende Beats und wilde Schnitte

Die Haltung von „Rebel“ ist voller Abscheu gegenüber den Terrorakten des Islamismus und seiner Verharmloser inner- und außerhalb Europas. Zugleich aber hegt der Film eine große Empathie für die Einwanderer, deren Nöte und Erfahrungen, die sich im Westen oft nur als Menschen zweiter Klasse fühlen. Insbesondere zeigt „Rebel“ große Empathie für das Brüderpaar und dessen alleinerziehende Mutter.

Zugleich ist der Film durchsetzt mit der Musik dieses Milieus; streckenweise wird „Rebel“ von Rap, HipHop und orientalisch eingefärbten Songs sogar dominiert. Diese Musik ist nicht von ihren Texten zu trennen, rohe, plakative, aber eben auch ausdrucksstarke Strophen: „Verdammt ich fühle mich schlecht/ ich will losfahren und alles niederbrennen/ überall Rauch/ Feuer verbrennt meine Haut/ ich bin mitten im Krieg/ doch bin ich 3000 Kilometer weit weg/ die Regierung tut nichts/ drangsaliert die Leute ohne Job/ nimmt die kleinen Leute aus/ aber Hilfe geht nicht raus/ alle wissen von den Schreckenstaten/ noch unsere Polizei hilft ihnen ganz brav/ Sorry Mama ich bin schon längst dort drüben/ das Kinderlied in meinem Kopf/ wird durch die Worte Allahs ersetzt.“ Zusammen mit kurzen Videos und Botschaften aus den sozialen Netzwerken sind die Musik und die Texte der Lieder integraler Bestandteil der Erzählweise.

Man kann „Rebel“ deshalb nicht anders beschreiben denn als ein „Jihad“-Musical. Das ist eine sehr schräge und gewöhnungsbedürftige Mischung, aber auch sehr interessant und auf seine ganz eigene Art äußerst authentisch.

In den Fängen des IS

Zunächst lernt man die beiden Brüder kennen. Obwohl der Rapper Kamal Wasaki (Aboubakr Bensaihi) seinen 12-jährigen Bruder Nassim (Amir El Arbi) noch mit einem Klaps auf den Kopf vor allerlei Verlockungen warnt, lebt er selbst am Rande des Gesetzes. Eines Tages erwischt ihn die Polizei beim Drogenhandel. Da er sich das selbst nicht verzeihen kann, haut er einfach ab und lässt den Bruder und die alleinerziehende Mutter Leila (Lubna Azabal) zurück. Seine Entscheidung ist radikal: Kamal will den vermeintlichen „muslimischen Brüdern“ im Nahen Osten helfen. Er geht nach Syrien und hofft, dort auch innere Vergebung zu finden. Doch der Terror zwischen den kämpfenden Parteien raubt ihm bald jede Illusion. Zugleich wird seine Lage immer schwieriger, weil sich seine Miliz dem Islamischen Staat (ISIS) anschließt.

In Brüssel läuft derweil auch für seinen kleinen Bruder einiges schief. Aufgrund eines Online-Videos, in dem Kamal als ISIS-Soldat zu sehen ist, wird der junge Nassim gemobbt und zugleich von falschen Freunden hofiert. Das bringt den Jungen so sehr aus der Fassung, dass er gegen seine Umgebung rebelliert. Nassim will vor allem seinen großen Bruder wiedersehen.

Sehr deutlich wird bei dieser Art der Rekrutierung durch die Islamisten, mit welch perfiden Manipulationstechniken dabei gearbeitet wird, wie Einschüchterung und Verführung einander in die Hände spielen. Der Film macht auch deutlich, dass dies für die Führungsfiguren der Terrornetze auch ein gutes Geschäft ist, denn jeder nach Syrien überstellte Jugendliche ist bares Geld wert.

Der Film zeigt, wie vieles von dem, was man im Westen gerne als antikolonialen Widerstand interpretiert und von Fürsprechern des „Globalen Südens“ als Aufstand vermeintlich unterdrückter Muslime verteidigt wird, eine Chimäre ist und in der Realität primär ökonomischen Interessen mafiaähnlicher Banden gehorcht. Unterdrückungserfahrungen und Ideologien werden dabei sehr geschickt benutzt, um ungebildete, leicht beeinflussbare Jugendliche und junge Erwachsene zu manipulieren oder akute Notlagen auszunutzen.

Ein furioses Kino-Spektakel

Zugleich ist dieser Film immer erkennbar Unterhaltungskino, das den entsprechenden Gesetzen folgt. Ein Kino-Spektakel, das auf starke Bilder setzt, mit bewegter Kamera, flott geschnittenen, flüssigen Überblendungen und Sequenzen, die Fantasien und Tagträume der Figuren ausmalen. Ohne den Film zu sehr zu ästhetisieren, ist jede Einstellung ein wahres Fest für die Augen.

Aboubakr Bensaihi spielt den älteren Kamal. Besonders beeindruckt jedoch Amir El Arbi als manipuliertes Kind Nassim, das in allen Facetten zwischen Leiden und Unsicherheit, kindlicher Entschlossenheit und Wagemut verkörpert wird. Als Mutter ist die erfahrene Lubna Azabal zu sehen.

Die Geschichte wird sehr direkt und äußerst kurzweilig erzählt. Die Sittenwächter einschlägiger Kreise werden gewiss schon deshalb auf den Plan treten, weil dies ohne Frage Spektakelkino ist, mit Exploitation-Elementen und einer moralischen Botschaft, wie sie das Spektakelkino öfter transportiert, als man es wahrhaben möchte.

Das Beste an „Rebel“ aber ist die Leichtigkeit, mit der er dem Zuschauer die Orientierung schwer macht. Der Film berührt auf differenzierte, aber eben auch unterhaltsame Weise wichtige gesellschaftliche Themen, etwa Fragen der Integration von Einwanderern muslimischer Herkunft, die sich angesichts ihrer Not und der Ablehnung, die sie in der westlichen Gesellschaft häufig erfahren, extremistischen Ideen zuwenden. Im erzählerischen Kern aber handelt „Rebel“ von Jungs, die schlechte und falsche Entscheidungen treffen und durch ihre Verstrickungen in den Abgrund gezogen werden. Sie geraten in einen geopolitischen Sturm und ziehen ihre Familie mit ins Verderben. Nassim wird Kamal erlösen, aber nicht so, wie es das Publikum gerne sehen würde.

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