ZERV - Zeit der Abrechnung
Krimi | Deutschland 2022 | 150 (6 Folgen) (Staffel 1) Minuten
Regie: Dustin Loose
Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2022
- Produktionsfirma
- Gabriela Sperl Produktion/W&B Television
- Regie
- Dustin Loose
- Buch
- Michael Klette · Jens Köster · Kim Zimmermann · Gabriela Sperl
- Kamera
- Clemens Baumeister
- Musik
- Joachim Dürbeck · René Dohmen
- Schnitt
- Anna Nekarda · Sven Budelmann
- Darsteller
- Fabian Hinrichs (Peter Simon) · Nadja Uhl (Karo Schubert) · Thorsten Merten (Hajo Gärster) · Fritzi Haberlandt (Uta Lampert) · Rainer Bock (Hans Thieme)
- Länge
- 150 (6 Folgen) (Staffel 1) Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Krimi | Serie
Heimkino
Miniserie über brisante kriminelle Machenschaften in der Nachwendezeit: Eine Ost-Berliner Kommissarin und ein Ermittler der neu eingerichteten Zentralen Ermittlungsstelle für Regierungs- und Vereinigungskriminalität arbeiten 1991 gemeinsam an einem Fall illegalen Waffenhandels.
Es ist ein bewährter erzählerischer Trick, in Krimiserien unterschiedliche Auffassungen über die kriminalistische Arbeit miteinander kollidieren zu lassen. Die Dynamik der Zusammenarbeit unter den Ermittlern wird dadurch dramaturgisch meist sehr bereichert. Häufig handelt es sich um kulturell und zudem auch geschlechtlich bedingte Differenzen, die bei der Lösung des Falles überwunden oder zumindest produktiv umgesetzt werden müssen. Bekannte Beispiele sind etwa die Serie „Die Brücke“ und ihre diversen internationalen Adaptionen. In der Miniserie „ZERV – Zeit der Abrechnung“ müssen sich ein westdeutscher Polizeibeamter, der gerade zur Zentralen Ermittlungsstelle für Regierungs- und Vereinigungskriminalität versetzt wurde, und eine Ostberliner Polizistin zusammenraufen.
Unaufrichtigkeit allerorts
Der Fall beginnt mit einer Leiche. Hat Matthias Trockland Selbstmord begangen, oder war es Mord? Hier scheiden sich bereits die kriminalistischen Geister von Kriminalhauptkommissar Peter Simon (Fabian Hinrichs), der für Wirtschaftskriminalität zuständig ist, und der Hauptkommissarin Karo Schubert (Nadja Uhl), die bei der Ost-Berliner Mordkommission arbeitet. Nach und nach lernen sich die beiden zumindest zu respektieren. Als eine langjährige Mitarbeiterin Simons im Zuge der Ermittlungen schwer verletzt wird, realisieren Simon wie auch Schubert, dass sie die immer kompliziertere Angelegenheit nur als Team lösen können. Simon erhöht den Druck auf seine Vorgesetzten, die Arbeitsbedingungen in der trägen ZERV zu verbessern.
Doch Erfolge sind meist nur temporär zu verzeichnen. Manchmal gelingt ihnen etwas, doch dann folgt die nächste Enttäuschung auf dem Fuße. Militärische Waffen werden auf einem alten NVA-Übungsgelände gefunden und sichergestellt, doch eines Tages ist alles wie von Geisterhand verschwunden. Der Gegner scheint immer einen Schritt voraus. Gibt es ein Leck in der Behörde?
Für Karo Schubert werden die Ermittlungen immer privater, weil ihr tot geglaubter Vater in den Fall verwickelt zu sein scheint. Im Unterschied zu ihrer Mutter (Imogen Kogge) war sie stets der Überzeugung, dass ihr Vater noch lebt. Jetzt aber nehmen die Geheimnisse um ihn kein Ende, was ihr Leben, aber auch das ihrer Mutter ihr das Leben immer schwerer macht. mit ihrer Unaufrichtigkeit genauso schwer macht, wie die Zeugen, Verdächtigten und Kollegen im Verlauf ihrer Ermittlungen. Ihr Vater könnte allerdings der Schlüssel zur Aufklärung des Falles sein.
Wendeverbrechen
Die Arbeit der ZERV, der größten Sonderkommission der Kriminalpolizei in der Geschichte der Bundesrepublik, war in den Medien bislang wenig präsent. Bekannt sind aufgedeckte oder auch unaufgeklärte gebliebene Verflechtungen in Wirtschaft und Politik zwischen DDR und Bundesrepublik, die vor allem mit dem Namen Alexander Schalck-Golodkowski verbunden sind. In seiner Funktion als Leiter des Bereichs Kommerzielle Koordinierung (KoKo) der DDR kam er 1995 wegen illegaler Waffengeschäfte vor Gericht.
Auf diese ominöse KoKo wird auch in der Serie „ZERV“ immer wieder Bezug genommen. Der verdächtige Hajo Gärster (Thorsten Merten), kennt Karo Schuberts Vater noch aus diesem Zusammenhang. Daraus, dass die DDR ein Unrechtsstaat war, wird also kein Hehl gemacht. Was jedoch nicht bedeutet, dass die BRD mit einem blauen Auge davonkommt. Korruption gehört auch hier zum Tagesgeschäft, und jeder denkt im Zweifelsfall sowieso am liebsten an sich selbst.
Vielschichtig und stimmungsvoll
Neben dem brisanten Fall, der in seiner Entwicklung seriell überzeugend gestaltet ist, besteht der Reiz von „ZERV“ in den Figurenzeichnungen und der Stimmung der Wendezeit. Regisseur Dustin Loose, der sich mit „Tatort“-Folgen im Krimigenre empfohlen hat, und sein Team legen mit ihrer spannenden und zwischen gesellschaftlichem Umbruch und Aufbruch changierenden Geschichte den roten Teppich für großartiges Fernsehschauspiel aus. Nadja Uhl und Fabian Hinrichs gelingen vielschichtige und glaubwürdige Figuren, die mit einer gut dosierten Prise Witz angereichert werden. Die anfänglich teils stereotypen Differenzen zwischen den beiden – er trägt Anzug und Krawatte, sie hellblaue Jeans und rote Jacke; er pocht auf Seriosität, wirkt dabei aber schnöselig; sie pfeift auf alles Äußerliche und steht sich dabei manchmal selbst im Wege – zerbröckeln von Folge zu Folge. Karo Schubert bildet zudem eine weitere Paarkonstellation mit Uta Lempert von der Spurensicherung, die Fritzi Haberlandt mit frischer Frechheit und kompetenter Experimentierfreudigkeit ausstattet.
Die erste Staffel von „ZERV – Zeit der Abrechnung“ hat sich gleich einen besonders brisanten und spektakulären Fall ausgesucht. Man darf gespannt sein, ob das Duo weiter ermittelt. Es würde angesichts dieses vielversprechenden Auftakts nicht wundern. Unter den qualitativ bescheidenen Krimiproduktionen des deutschen Fernsehens ragt die Miniserie weit hervor.