Schwarze Adler (2021)

Dokumentarfilm | Deutschland 2021 | 102 Minuten

Regie: Torsten Körner

Dokumentarfilm über schwarze Profifußballer in Deutschland und die Ausgrenzung, die sie bis heute erfahren. Mit einer Mischung aus Interviews und Archivmaterial wird das komplizierte Verhältnis zwischen den Sportlern und ihrer (Wahl-)Heimat erforscht. Dabei betont der Film einerseits die positiven Entwicklungen im Fußball, zeigt aber andererseits auch, wie wenig sich in den letzten 50 Jahren getan hat. Obwohl viele Themen nur angeschnitten werden, vermitteln die Erlebnisberichte anschaulich die alltägliche Belastung, der die Spieler privat und beruflich ausgesetzt sind. - Sehenswert ab 12.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2021
Produktionsfirma
Broadview TV
Regie
Torsten Körner
Buch
Torsten Körner
Kamera
Johannes Imdahl
Musik
Edward Maclean · Hannah von Hübbenet
Schnitt
André Hammesfahr
Länge
102 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 12.
Genre
Dokumentarfilm | Sportfilm
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Dokumentarfilm über schwarze Profifußballer in Deutschland und die Ausgrenzung, die sie bis heute erfahren.

Diskussion

Als Beverly Ranger 1975 in der Sportschau für das Tor des Monats ausgezeichnet wurde, fielen Ehrung und Demütigung zusammen. Für den Auftritt der jamaikanischen Fußballerin, die damals beim Bonner SC spielte, ließ die Redaktion Trommelmusik einspielen und Vico Torriani „Schön und kaffeebraun sind alle Frauen in Kingston Town“ singen. Was wohl witzig und würdigend gemeint war, sendete eine unmissverständliche Botschaft an Ranger: Du bist eine Exotin und gehörst eigentlich nicht hierher.

„Geliebt als Fußballer, abgelehnt als Mensch“

Im Dokumentarfilm „Schwarze Adler“ gibt es mehrere solcher Fernsehauftritte zum Fremdschämen. Jedes Mal geht es dabei um schwarze Profifußballer, die von verlegen kichernden deutschen Moderatoren auf ihr Anderssein angesprochen werden. Diese Erfahrung ständiger Ausgrenzung versucht Regisseur Torsten Körner mit einer Mischung aus Erlebnisberichten und Archivmaterial zu greifen. Der Sport erweist sich dabei als besondere Rahmenbedingung für die widersprüchliche Außenseiterrolle der Spieler. Im Film wird dieser Zwiespalt mit einem Zitat des ehemaligen Zweitligaspielers Ojokojo Torunarigha auf den Punkt gebracht: „Geliebt als Fußballer, abgelehnt als Mensch“.

In schnell vorüberziehenden Kapiteln schneidet der Film Themen wie Herkunft, Pioniere, fehlende Anerkennung und das abschätzige Verhältnis zum Frauenfußball eher an, als dass er sie vertieft. Die Gesprächspartner treten dabei als Individuen und nicht als reine Stichwortgeber auf. Sie stammen aus verschiedenen Generationen, haben sehr unterschiedliche Biografien und Gemüter. Manche sind, wie Steffi Jones, Kinder von schwarzen GIs, andere haben, wie Anthony Baffoe, ghanaische Einwanderer als Eltern. Mehrere sind, wie Jimmy Hartwig, als Deutsche geboren, einige, wie Gerald Asamoah, auch später erst geworden. Und obwohl der zeitliche Bogen vom 1946 geborenen Erwin Kostedde, dem ersten nicht-weißen deutschen Nationalspieler, bis zum erst 21-jährigen Jean-Manuel Mbom von Werder Bremen über ein halbes Jahrhundert umfasst, hat sich in dieser Zeit nur bedingt etwas geändert.

Unter dem Druck erhöhter Aufmerksamkeit

Körner porträtiert Sportler, die eigentlich zwei Jobs ausüben: Sie sollen nicht nur Fußball spielen, sondern auch einen souveränen Weg finden, um mit den ständigen Anfeindungen umzugehen. Der Togoer Guy Acolatse, der zehn Jahre in der deutschen Regionalliga spielte, erzählt etwa, dass er der erhöhten Aufmerksamkeit durchaus etwas abgewinnen konnte. Das Stereotyp des wilden Schwarzen nutzte er gezielt, um seinen Gegnern Angst einzujagen. Anthony Baffoe passte sich dagegen dem Spiel der Medien mit offensiver Leichtigkeit an. Auf jede noch so dumme Frage („Wieso sind Sie denn gerade in Bonn geboren?“) fand er eine Antwort, die zugleich höflich und witzig war. Man glaubt in den alten TV-Aufnahmen aber auch, die Anstrengung in seinen Augen zu sehen.

Der grenzenlos selbstbewusste und sympathisch einnehmende Jimmy Hartwig, der 1972 bei den Kickers Offenbach begann, sprach wiederum schon damals offen aus, dass er angesichts seiner guten Leistung eine erfolgreichere Karriere verdient hätte. Andere stimmen ihm zu, dass der ständige Druck, der auf schwarzen Spielern lastet, zwangsläufig dazu führt, auf dem Platz unter seinen Möglichkeiten zu bleiben.

Eine verhinderte Liebesgeschichte

Ein Leitmotiv des Films ist die enttäuschte Sehnsucht danach, dazuzugehören. Erwin Kostedde erzählt sogar einmal, wie er versuchte, sich mit Kernseife heller zu waschen. Mit einer alten rassistischen Waschmittelwerbung greift Körner die Vorstellung von dunklerer Haut als Mangel auf. Immer wieder erklingt die Nationalhymne auf dem Soundtrack, wird paraphrasiert oder bricht vorzeitig ab.

Trotzdem ist „Schwarze Adler“ weniger eine Abrechnung als eine verhinderte Liebesgeschichte. Wir hören Hartwig erzählen, wie stolz er war, als er den schwarzen Bundesadler auf dem Trikot trug, oder sehen Asamoah, wie er gemeinsam mit Lukas Podolski und David Odonkor bei der WM-Siegesfeier 2006 am Brandenburger Tor „Marmor, Stein und Eisen bricht“ grölt. Körner geht es zumindest teilweise auch um eine Ehrenrettung des Fußballs, etwa wenn er Joachim Löws emotionale Verteidigungsrede für Spieler mit Migrationshintergrund einspielt oder immer wieder Fan-Sticker gegen Rassismus zeigt.

Die Ausgrenzung wiederholt sich

Auf jeden Siegestaumel folgt jedoch Ernüchterung. Nur kurz nach dem WM-Sieg wird Asamoah in Rostock von Hansa-Fans mit Affenlauten begrüßt. Und wie so oft in diesem Film wiederholt sich die Geschichte. Erst 2020 ist Torunarighas Sohn Jordan dasselbe passiert. Wütend und mit Tränen in den Augen schleudert er in der Fernsehaufnahme eine Getränkekiste auf den Rasen. Der Schiedsrichter gibt ihm darauf eine rote Karte. Als Ex-Bundesligaspielerin Shary Reeves einmal über ihr Verhältnis zu Deutschland spricht, bricht ihr plötzlich die Stimme weg: „Ich liebe Deutschland ja, aber...“. Körners Film fehlt es manchmal ein wenig an Konzentration, aber was alles in diesem „aber“ steckt, vermittelt er doch ziemlich gut.

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