Wood
Dokumentarfilm | Österreich/Deutschland/Rumänien 2020 | 97 Minuten
Regie: Michaela Kirst
Filmdaten
- Originaltitel
- WOOD
- Produktionsland
- Österreich/Deutschland/Rumänien
- Produktionsjahr
- 2020
- Produktionsfirma
- WILDart Film/Filmtank/4Prood Film
- Regie
- Michaela Kirst · Monica Lazurean-Gorgan · Ebba Sinzinger
- Buch
- Monica Lazurean-Gorgan · Michaela Kirst · Ebba Sinzinger
- Kamera
- Attila Boa · Jakub Bejnarowicz · Jörg Burger
- Musik
- Sonic Youth
- Schnitt
- Roland Stöttinger · Andrea Wagner
- Länge
- 97 Minuten
- Kinostart
- 16.12.2021
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Dokumentarfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Packende Doku über Alexander von Bismarck und seine Umwelt-NGO EIA, die dem illegalen Holzraub rund um den Globus den Kampf angesagt hat.
Licht dringt durchs Blattwerk exotischer Bäume, Vogelgezwitscher umspielt die Bäume; auf dem Fluss ist ein Fischer in einem Holzboot unterwegs. Plötzlich kreischt eine Motorsäge auf, Vogelschwärme flattern davon. In einem Holzlager liegen unzählige Baumstämme im Wasser. Von oben zeigen Drohnenbilder scheinbar endlose Wälder, die von Flussläufen und Seen durchzogen werden. Es herrscht Ruhe; nur der Wind pfeift durch die sibirische Taiga. Das russische Wort für „Wald“ steht für diese ursprüngliche Landschaft. Doch sie wird von illegalen Holzräubern bedroht, die mit riesigen Lastwagen in die Wälder einfallen.
Ein Jeep ruckelt über LKW-Spuren, in dem der Umweltaktivist Alexander von Bismarck ruhig mit seinen Begleitern spricht. Sie stoßen auf ein verlassenes Lager; offensichtlich waren hier Holzdiebe am Werk und haben Eichen geschlagen, die jetzt auf dem Weg nach China sind. Auch von Bismarck reist dorthin. Zur Vorbereitung seines Meetings mit chinesischen Holzhändlern präpariert er einen Stift mit einem Mikro und prüft eine versteckte Kamera. Er gibt sich als potenzieller Investor aus. Beim Gang durch die Fabrik läuft die versteckte Kamera, ebenso beim Gespräch mit dem Unternehmenschef, der ihm jede Unterstützung zusagt.
Packend wie ein Thriller
Der Anfang der Dokumentation „Wood – Der geraubte Wald“ erinnert an einen Thriller, ebenso die Machart des Films, in dem praktisch nichts erklärt wird. Außer einigen wenigen Zwischentiteln zu Schauplätzen und Zeiten gibt es keine Informationen – weder Texteinblendungen noch Interviews. Das macht den Film spannend, aber auch intellektuell herausfordernd, denn man muss mitdenken. Es geht um die weltweiten Verflechtungen von Unternehmen, die im großen Stil mit illegal geschlagenen Bäumen handeln.
Zu ihnen gehört der österreichische Schweighofer-Konzern, der nachweislich mit dafür verantwortlich ist, dass eine unvorstellbare Menge an Bäumen in rumänischen Nationalparks gefällt wurde. „Wood – Der geraubte Wald“ zeigt die Verantwortlichen: ehrgeizige Manager, die dank enger Beziehungen zu Behörden und einer sehr elastischen Auslegung von Gesetzen ihre Geschäfte betreiben können. Doch auch die Betroffenen kommen zu Wort: ein Rumäne, der beinahe weint, als er auf kahle Hänge weist, wo noch vor wenigen Jahren ein Urwald stand: „Die Clans sägen hier alles ab. Niemand unternimmt etwas dagegen.“
Auf der anderen Seite der Erde wehren sich indigene Waldbewohner gegen die gesetzwidrige Zerstörung des peruanischen Dschungels. Alexander von Bismarck und Aktivisten vor Ort helfen überall auf der Welt bei der Aufdeckung von Umweltdelikten. Sie unterstützen bei der Medienarbeit und bei der juristischen Verfolgung von Straftaten. Ihr Vorgehen scheint Wirkung zu zeigen; „Wood“ dokumentiert einige Erfolge, etwa die Folgen für den Schweighofer-Konzern und die Strafzahlungen des US-Baumarkts „Lumber Liquidators“, der in großem Umfang illegales Holz aus China eingeführt hat.
Spannender als andere Dokus
Ebba Sinzinger, Michaela Kirst und Monica Lazurean-Gorgan haben für ihren investigativen Film über die internationale Holzmafia eine situative Erzählform gewählt. Vieles wirkt improvisiert: Verfolgungsfahrten durch den Wald, Recherchetouren, Gespräche mit Betroffenen oder Undercover-Einsätze in verdächtigen Betrieben. Meist wird offen gefilmt; die versteckte Kamera kommt eher selten zum Einsatz.
Auf diese Weise ist ein Film entstanden, der eher spröde als zugänglich ist, aber viel spannender wirkt als anderer Dokumentarfilme, eine Art Umweltthriller – intensiv, aber ohne jede Nervosität. Gefährliche Konfrontationen bilden die Ausnahme, auch wenn Naturschützer in Rumänien gefährlich leben: Mehrere Förster und Ranger wurden ermordet.
Die drei Filmemacherinnen haben Alexander von Bismarck mehrere Jahre begleitet. Er ist Geschäftsführer der „Environmental Investigation Agency“ (EIA), einer international tätigen Umwelt-NGO. Ihm geht es offenbar kaum um die spektakuläre Aufdeckung von Skandalen, sondern um eine generelle Bewusstseinsänderung in Politik und Gesellschaft zugunsten von Natur und Umweltschutz. Alexander von Bismarck ist die zentrale Figur des Films, Dreh- und Angelpunkt der Handlung. Er ist allerdings alles andere als ein Selbstdarsteller. Der Kampf gegen die Schreibtischtäter ist ihm wichtiger als gefährliche Aktionen. „Wir haben Zeit“, sagt er bei einer Sitzung in Washington. „Wir brauchen niemals Risiken einzugehen.“
Humor und gesunder Pragmatismus
Von Bismarck ist ein Meister an Ruhe und Gelassenheit; er zeigt kaum Emotionen und lächelt selten. Erst am Ende von „Wood“ geht er in einem peruanischen Urwalddorf fast aus sich heraus, wenn er zugibt, zum ersten Mal soeben Piranhas gegessen zu haben. Als leicht geheimnisvoller Held ist der schlanke Rotschopf gut geeignet, zumal er auch über Humor verfügt. Norwegen, so scherzt er, wäre nur deshalb einer der Hauptsponsoren der EIA, weil man dort wegen Verfehlungen der Holzwirtschaft im eigenen Lande ein schlechtes Gewissen habe. Diese Äußerung zeugt von einem gesunden Pragmatismus. Angesichts der Aufgaben, die im Bereich von Umwelt und Natur auf die Menschheit warten, könnte das ein nützlicher Ansatz sein.