Der 55-jährige Henri Mohen (Yvan Attal) ist Schriftsteller. Vor 25 Jahren hat er einen erfolgreichen Roman geschrieben, gleichermaßen beliebt bei Lesern wie Kritikern. Ein Bestseller, der nicht nur seine elegante Villa, sondern auch seinen weißen Porsche und seinen hohen Lebensstil finanzierte. Seitdem aber habe er nur noch Mist geschrieben, informiert Henri eingangs aus dem Off. Seine Klage will gar nicht mehr aufhören; mehrere Minuten dauert die Auflistung von Enttäuschungen und geplatzten Träumen. Vielleicht wäre ja alles anders gekommen, wenn Henri nicht Cécile (Charlotte Gainsbourg) geheiratet und mir ihr vier Kinder in die Welt gesetzt hätte, ein Mädchen und drei Jungs. Die sind nun erwachsen und haben es irgendwie gelernt, ihrem Vater aus dem Weg zu gehen.
Henri ist so etwas wie ein Ritter von der traurigen Gestalt, dem niemand mehr Respekt zollt. Eine Beschämung, die seinen Zynismus befeuert. Eines Abends steht ein schwarzgrauer, hässlicher Hund in seinem Garten: ein Mastino Neapolitano, so groß wie ein Kalb, so schwer wie ein Mann. Die Augen sind unter mehreren Hautfalten versteckt, die Lefzen hängen wackelnd herunter. Ein kräftiger, sturer und sehr dummer Hund. Darum nennt ihn Henri „Stupide“ und lässt ihn im Hause wohnen. Die Kinder sind alles andere als begeistert und ziehen eines nach dem anderen aus. Henri zählt erleichtert mit: „4 minus 1 macht drei.“ Bis er mit Cécile alleine bleibt, die ihre eigene literarische Karriere der Ehe wegen aufgegeben hatte. Noch so ein Bedauern, das ungemeinen Sprengstoff birgt.
Das Zusammenleben von Mann und Frau
„Der Hund bleibt“ ist bereits der dritte Film, den Yvan Attal als Regisseur und Schauspieler mit seiner Ehefrau Charlotte Gainsbourg gedreht hat. Zuvor waren „Meine Frau, die Schauspielerin“ und „Happy End mit Hindernissen“ entstanden, die – ähnlich wie dieser Film – das problematische Zusammenleben von Mann und Frau thematisieren. Vorlage ist eine Erzählung des US-amerikanischen Autors John Fante (1909-1983), die in dem Buch „West of Rome“ enthalten ist. Fante schrieb mit „Ich – Arturo Bandini“ einen bedeutenden Erstlingsroman, der die Beat-Generation und vor allem Charles Bukowski beeinflusste. Ein Erfolg, an den Fante nie wieder anknüpfen konnte.
Es ist also das Scheitern, das Attal interessiert. Wie kommt es, dass ein einstmals gefeierter Autor plötzlich nichts mehr zu Wege bringt und sich in seinem Leben mit Unzufriedenheit und Zynismus einrichtet? „Schreib’ über das, was du kennst“, rät ihm eine Lektorin, und so ahnt man, dass sein nächster Roman die Geschichte dieses Films sein wird.
Ein Hund, der nicht ins Bild passt
Attal und sein englischer Drehbuchautor Dean Craig verbinden die Folgen dieser Midlife-Crisis, ausgelöst durch eine Schreibblockade, auf ungewöhnliche und freche Weise mit einem anderen Clou: Hunde sind im Film zumeist überaus treue, schöne und liebenswürdige Tiere. Stupide passt mit seinem Aussehen, seiner Sturheit und einer ungebremsten Triebgesteuertheit nicht ganz in dieses Bild. Trotzdem benutzt Henri ihn, um seine Stellung im Haushalt zu stärken, fast so, als würden sich ihre schwierigen Charaktere spiegeln, getreu dem Motto: „Der Hund bleibt mir im Sturme treu, der Mensch nicht mal im Winde.“
Denn da ist noch die Geschichte einer Ehe, die längst ihren Reiz verloren hat. Henri und Cécile giften sich nur noch an; da ist kein Begehren mehr, keine Zärtlichkeit. Sie verletzten sich mit Worten und bestrafen sich mit Schweigen.
Attal hat seine Ehefrau wenig schmeichelhaft in Szene gesetzt. Charlotte Gainsbourg ist oft außer Atmen, genervt und gestresst, ohne Make-up, in unscheinbarer Kleidung. Zu den schönsten Szenen des Films gehört darum jene, in dem sich beide einen Joint teilen und lachend ihres Kennenlernens erinnern. Die Liebe ist doch noch nicht erloschen.