Etwa 50 Samurai-Schwerter stecken in der Fahrerkabine des Trucks, den Snake Eyes (Henry Golding) und Storm Shadow (Andrew Koji), entgegen aller Wahrscheinlichkeit, lebendig verlassen. Der unfreiwillige Zaubertrick markiert den Beginn einer Allianz zwischen den Ninjas, die in der GI-Joe-Reihe seit jeher Rivalen sind.
Für Snake Eyes ist die hier entstehende Freundschaft zunächst nur Mittel zum Zweck. Er nähert sich dem Thronfolger des Arashikage-Clans, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht Storm Shadow, sondern schlicht Tommy heißt, im Auftrag eines Dritten. Für den zwielichtigen Kenta (Takehiro Hira) soll er den Clan infiltrieren, um das „Juwel der Sonne“, ein magisches Artefakt, zu stehlen.
Der Weg zum Juwel gestaltet sich zu zeitaufwändig, um eine aufrichtige und enge Bindung an Tommy und dessen Sicherheitschefin Akiko (Haruka Abe) zu vermeiden. So muss sich Snake Eyes, um seine ursprüngliche Mission zu erfüllen, auf die falsche Seite der Geschichte stellen.
Mit einer Portion Charisma
Dass die Hauptfigur als fleischgewordenes Äquivalent der Actionfigur aus dem Hause Hasbro – die zwar regelmäßige Zeitgeist-Updates bekommt, aber schon dem Namen nach hoffnungslos generisch ist – zumindest halbwegs elegant durch die archaische Erzählung kommt, ist primär Henry Golding geschuldet, der dem eigentlich stummen Ninja eine Stimme und eine gehörige Portion Charisma verpasst. Das trägt den Film durch hoffnungslos klischierte Momente, die Snake Eyes’ Bindung an die Familie, die den Arashikage-Clan anführt, eine Grundierung geben soll.
Regisseur Robert Schwentke kehrt nach seinem expressionistischen Täterfilm „Der Hauptmann“ in seine mittlerweile „gewohnte“ Umgebung von Hollywoods Blockbustern aus der zweiten Reihe zurück. Wie wohl sich der Filmemacher hier fühlt, zeigt „Snake Eyes: GI Joe Origins“, der sich mustergültig in Schwentkes Hollywood-Arbeiten einreiht. Ein wenig scheitert der Film mitunter an den Versuchen des Drehbuchs, seine Rache- und Loyalitäts-Topoi auf Teufel komm raus an die Topografie des Films, sprich: seine exaltierten Actionsequenzen zu binden und dabei das größere, bisher an den Kinokassen eher mäßig erfolgreiche Franchise nicht aus den Augen zu verlieren.
In der Praxis wirkt das mitunter wie eine Reihung möglichst monumentaler Szenen, deren schiere Massen den Film sukzessive aufgebläht. Dazu kommt ein unnötig verkomplizierter Plot: geheime Syndikate treffen auf geheime Terrororganisationen, was zu zerfahrenen Koalitionsverhandlungen führt, die auf den neonbestrahlten Straßen von Tokio beginnen und in der verspielten Licht-und-Schatten-Welt der Arishikage-Festung enden.
Die Kamera erkundet stets neue Wege
Während sich also eine eigentlich recht geradlinig angelegte Geschichte in ihrem Franchise-Universum verheddert, klatschen Schwentke und der Kameramann Bojan Bazelli unbeirrt Altbekanntes aus dem Action-Genre zusammen. Der visuelle Reiz ist das einzig wirkliche Ordnungssystem der bunt, aber eben nicht wahllos zusammengewürfelten Action-Versatzstücke. Katana und Sturmgewehr, Edo-Zeit-Kitsch und neonfarbene Postmoderne, Shinobi-Anzug und Kimono werden ebenso vermengt wie stilprägende Elemente der Action-Genres aus Ost und West; mit wenig Feingefühl, aber einem unbändigen Stilwillen, der konsequent seinen Weg geht, bis sich auch die letzte Kombination des stets unblutigen Potpourris erschöpft hat.
Was „Snake Eyes“ davor bewahrt, sich allzu schnell im wiederholten Spektakel festzufahren, ist die sichtbare Freude daran, die Kamera auf stets neue Wege in das Geschehen einzubinden. Als sich Snake Eyes und Tommy in den Vereinigten Staaten begegnen und im gemeinsamen Kampf gegen unzählige Schergen ihre fragile Allianz schmieden, stolpert die Handkamera mit ihnen durch die unübersichtliche Masse von Feinden, um später, als habe sie zusammen mit Snake Eyes die Erhabenheit japanischer Traditionen – im Film freilich nicht mehr als eine große Portion Kulturkitsch – gelernt, schwerelos über den Asphalt zu gleiten, als Zeugin der CGI-verstärkten Höchstgeschwindigkeitsstunts. Nicht jeder dieser Zaubertricks ist neu oder spektakulär, aber die Illusion ist mitunter gut genug, um die Schwächen der Show zu verdecken.