Wenn man einen Animationsfilm international in den Kinos auswerten will, geht es kaum noch ohne verblüffende Spezialeffekte und aufwändige Digitaltechnik. Falls man nicht über das dafür benötigte millionenschwere Budget verfügt, sollte man zumindest mit einer originellen Geschichte oder sympathisch-einzigartigen Charakteren punkten können. Beides ist bei der brasilianischen Produktion „Lino – Ein voll verkatertes Abenteuer“ nicht der Fall.
Der Film von Rafael Ribas, der neben der Regie auch für Drehbuch und Produktion verantwortlich zeichnet, erzählt eine grellbunte, lärmende und extrem hektische Geschichte über einen Außenseiter, der nichts auf die Reihe bekommt. Anfangs wird kurz Kindheit und Jugend des sich selbst am meisten bedauernden Antihelden Lino umrissen. Der war schon zu Beginn seines Lebens ein armseliger Tollpatsch, der von allen gehänselt, geprügelt und beklaut wurde. Im jungen Erwachsenenalter setzt sich diese Leidensgeschichte exakt so fort. Lino verdingt sich als Entertainer auf Kindergeburtstagen und lässt sich im rot-gelben Katzenkostüm von den kleinen Rabauken malträtieren.
Im rot-gelben Katerkostüm
Doch irgendwann hat auch Lino die Nase voll von diesem elenden Dasein und konsultiert Don Leon, eine krude Mischung aus nerdigem Psychiater, Problemlöser und Möchtegern-Magier. Allerdings hat er seine Zaubersprüche nicht im Griff und verwandelt Lino versehentlich in einen Kater. Jetzt muss Lino aber nicht nur seinen menschlichen Körper zurückbekommen; er weiß auch die Polizei und die halbe Stadt auf seinen Fersen, weil er mit einem Gauner verwechselt wird, der in seinem Katzenkostüm für eine Serie schwerer Einbrüche verantwortlich ist.
Regisseur Rafael Ribas packt sehr viel in den Plot hinein. So gibt es neben der Outsider-Story und der Krimi-Handlung auch einen Fantasy-Exkurs. Dabei wechseln sich Action-Elemente wie Verfolgungsjagden mit nicht enden wollenden, in ihrer Belanglosigkeit nur schwer zu ertragenden Dauerdialogen ab. Zudem fehlt eine echte Identifikationsfigur, denn Lino, der diese Rolle eigentlich ausfüllen müsste, ist als Loser eben alles andere als liebenswert, sondern nervig, lethargisch und ohne Mumm.
Die CGI-Animation wartet mit eher fahlen Farben auf; es dominieren Grau-, Braun- und Beigetöne. Nur gelegentlich wird diese Tristesse durch das rot-gelbe Katerkostüm durchbrochen. Die Hauptfiguren haben dünne Arme und Beine, aber einen großen Kopf mit überdimensionalen Kulleraugen. Zuweilen lässt Ribas sein Filmwissen aufblitzen und macht aus seinem Polizeichef eine Karikatur von Marlon Brandos Paten; zudem erweist er auf einer Burg mit Zauberlehrlingen der „Harry Potter“-Saga die Reverenz.
Weder Kontur noch Tiefe
Erschreckend eindimensional agieren auch die Synchronsprecher. Denn weder Fabian Heinrich als Lino noch Anne Menden als Love Interest Janine oder Taynara Joy als tumbe Gangsterbraut Patty können ihren Charakteren Konturen oder gar Tiefe verleihen. Sie reißen ihre Texte zu monoton und emotionslos herunter.
Auch die komödiantischen Versuche gehen bei „Lino – Ein voll verkatertes Abenteuer“ meist daneben. So ist es eher eklig als witzig, dass man bei dem übergewichtigen Don Leon ständig die Po-Ritze sieht, und auch das trottelige Cop-Duo, das in der deutschen Fassung auf die Namen Hopfen und Malz hört, kommt mit seinen unglücklichen Aktionen ebenso wenig an wie der Obertrottel Lino.
Am Ende, wenn der Spuk endlich vorbei ist, der Kater wieder Mensch geworden ist und viele Freunde gewonnen hat, hält Ribas auch noch die Binsenweisheit bereit: „Es ist nicht wichtig, was du machst, Hauptsache, du machst es mit Liebe.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.