Biopic | USA 2018 | 118 Minuten

Regie: Guy Nattiv

Ein Mitglied der rassistischen „White Power“-Bewegung in den USA will sich aus dem rechtsradikalen Milieu lösen und unterzieht sich einer äußerst schmerzhaften Laserbehandlung, mit der die unzähligen Tätowierungen seines Körpers getilgt werden sollen. Rückblenden beleuchten den Gesinnungswandel, aber auch die Mechanismen einer pervertierten Familienstruktur, mit denen der Clan zusammengehalten wird. Das an die Lebensgeschichte des Aussteigers Bryon Widner angelehnte Drama fokussiert nicht auf die ideologisch verbrämte Hypermaskulinität des Protagonisten, sondern rückt seine Liebesgeschichte mit der Mutter dreier Mädchen ins Zentrum, die veränderte Rollenzuschreibungen erlaubt. - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
SKIN
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2018
Produktionsfirma
Maven Pic./TUGAWOOD Pic./Come What May Prod./Hua Wen Movie Group/Item 7/Lost Lane Ent./New Native Pic./PaperChase Films/Sight Unseen Pic.
Regie
Guy Nattiv
Buch
Guy Nattiv
Kamera
Arnaud Potier
Musik
Dan Romer
Schnitt
Lee Percy · Michael Taylor
Darsteller
Jamie Bell (Bryon Widner) · Danielle Macdonald (Julie Price) · Vera Farmiga (Shareen) · Bill Camp (Fred "Hammer" Krager) · Daniel Henshall (Slayer)
Länge
118 Minuten
Kinostart
03.10.2019
Fsk
ab 16; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Biopic | Drama | Krimi
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Ascot Elite (16:9, 1.78:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Ascot Elite (16:9, 1.78:1, dts-HDMA engl./dt.)
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Drama um einen jungen Mann aus der US-amerikanischen „White Power“-Bewegung, der aus der rassistischen Szene aussteigen und seine unzähligen Tätowierungen wieder verlieren will.

Diskussion

In der kalten Sterilität eines OP-Zimmers wartet ein kahlgeschorener Mann auf die langwierige und extrem schmerzhafte Prozedur, mit der ihm seine Tätowierungen entfernt werden sollen. Sein ganzer Körper, selbst das Gesicht, ist von Zeichen, Bildern und Schriften überzogen, die nicht nur als Schmuck und Modifikation seiner Haut dienen, sondern von einer Lebensgeschichte erzählen, die sich einst dem Rassismus verschrieben hatte.

Der israelische Regisseur Guy Nattiv setzt in seinem Independent-Drama „Skin“ die Geschichte eines Gesinnungswandels in Szene, die auf den Erfahrungen des ehemaligen US-Neo-Nazis Bryon Widner basiert. Dessen Resozialisierung ist nicht nur an innere Einsichten gebunden, sondern geht mit dem äußerst schmerzvollen Akt der Entfernung seiner Körpermarkierungen einher.

Rückblenden entfalten Widners Einstieg in eine radikalisierte Szene, die sich als Clan organisiert, und jede Aufnahme eines neuen Mitglieds mit martialischen Ritualen besiegelt. Er ist erst 14 Jahre alt, als der „Vinlander Social Club“, eine Splittergruppe der berüchtigten „Hammerskins“, ihn von der Straße aufliest. Nordische Mythologien wie der Hammer Thors werden ideologisch für Krieger- und Männlichkeitsbilder instrumentalisiert, die sich an die rassistischen Überzeugungen der „White Power“-Bewegung anschließen.

(Zuge-)Hörigkeit

Die Inszenierung interessiert sich jedoch weniger für die konkrete Vorstellungswelt als vielmehr für die Mechanismen, mit denen der Clan seine Verfügungsgewalt über die Mitglieder aufrechterhält. Dies läuft interessanterweise über pervertierte Familienstrukturen. Die Vorsteher des Clans, Fred Krager (Bill Camp), und seine Ehefrau Shareen (Vera Farmiga) lassen sich von den Mitgliedern mit „Ma“ und „Pa“ anreden und erzeugen darüber Hörigkeitsbeziehungen, wie man sie auch aus Sekten kennt.

Für die jungen Rekruten, die meist aus dysfunktionalen Elternhäusern stammen, führt dies in Abhängigkeit und eine starke Brutalisierung. Wenn Shareen ihre „Söhne“ einkleidet, rasiert und auf den Mund küsst, spürt man dieselbe übergriffige Bedrohlichkeit wie bei den unvermittelten Ohrfeigen, die „Pa“ einsetzt, um Fehlverhalten abzustrafen. Die scheinbare mütterliche Fürsorge und die patriarchale Gewalt ergänzen sich zu einem familienähnlichen System, aus dem es für die jungen Männer kaum einen Ausweg gibt.

Jamie Bell spielt den erwachsenen Bryon Widner mit beeindruckender Intensität und physischer Präsenz. Es gelingt ihm, zwischen einer maßlosen Wut und machistischen Posen eine Verletzlichkeit spürbar zu machen, die Widner schließlich zum Ausstieg aus der Szene gebracht hat.

„Skin“ konzentriert sich im Gegensatz zu vergleichbaren Filmen wie „American History X“ oder „Romper Stomper“ nicht auf die Hypermaskulinität des Protagonisten, sondern auf eine außergewöhnliche Liebesgeschichte, die Geschlechterrollen anders sichtbar werden lässt. Dies verdankt sich auch dem Zusammenspiel mit Danielle Macdonald, die Widners spätere Ehefrau Julie Price verkörpert, eine dreifache Mutter, die der rechten Szene bereits den Rücken gekehrt hat. Über die Nähe zu ihren Kindern kommt Widner mit seiner eigenen Bedürftigkeit in Kontakt und erkennt, dass er selbst lieber für andere sorgen will, anstatt seine eigene Abhängigkeit durch Gewalt abzuwehren.

Häutungen

Ein Großteil des Films widmet sich dem Prozess des Aussteigens und seinen Schwierigkeiten, wodurch noch deutlicher in den Blick kommt, welche psychischen Dispositionen junge Männer wie Widner in den Rechtsextremismus treiben. Stellenweise hätte dies sogar noch deutlicher herausgearbeitet werden können, da am Rande über die Rekrutierung eines neuen Jungen erzählt wird, in dessen Weg sich Widners eigene Geschichte spiegeln soll.

Armut, Perspektivlosigkeit und Suchtstrukturen werden als Ausgangspunkte des Abrutschens in die Szene benannt. Auch der Alkoholkonsum innerhalb des Clans, der von den Vorstehern regelrecht erzwungen wird, spielt eine wichtige Rolle. Durch seine Enthemmung werden gewalttätige Übergriffe normalisiert und gleichzeitig die Kontrolle über die Mitglieder gesichert.

Die wichtigste Rolle in Widners Ausstieg spielt jedoch der schwarze Aktivist Daryle Jenkins (Mike Colter). Das von ihm ins Leben gerufene Resozialisierungsprogramm ermöglicht es jungen Männern und Frauen, ihr Schicksal einer langen Haftstrafe oder eines frühen Todes abzuwenden. Die Zusammenarbeit mit dem Zeugenschutzprogramm des FBI macht deutlich, was dabei auf dem Spiel steht. „Skin“ zeigt dies besonders prägnant in einer Szene am Krankenbett, in der das Ehepaar Krager den schwerverletzten Widner besucht und ihm die Konsequenzen seiner Abwendung vom Clan deutlich macht. Der mörderische Anspruch auf den Besitz seines Körpers unterstreicht, was die unzähligen Tätowierungen auf seiner Haut ausdrücken: Sie sind nicht nur an die Außenwelt gerichtete Zeichen einer ideologischen Verblendung, sondern auch der Hörigkeit gegenüber Strukturen der Gewalt.

Entsprechend schmerzhaft ist auch die Wiedergewinnung der eigenen Subjektivität, für die der Film in den jahrelangen Laserbehandlungen ein äußerst eindringliches Bild findet.

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