Gibt es Uffie wirklich? „Fuck Fame“ könnte durchaus auch ein Mockumentary, die erfundene Biografie einer Elektropop-Sängerin sein, die ein bisschen mehr war als eine Underground-Ikone. Und Anna-Catherine Hartley könnte auch eine Schauspielerin sein, die Uffie spielt. Wer spielt wen in der doku-fiktionalen Filmerzählung von Lilian Franck und Robert Cibis?
Koks auf dem Spiegel, durch Geldscheine, in die Nase. Uffie, schon auf der Krankenliege, der Krankenwagen wartet und die Fans brüllen: „Uffie, we hate you! – No, we love you, Uffie!“ Das beschreibt ziemlich anschaulich Anna-Catherine Hartleys Selbstwahrnehmung. Als 15-Jährige zog die Tochter einer Japanerin und eines Engländers nach Paris, rutschte als Freundin eines bekannten DJs in die Musikszene und landete mit 19 Jahren ihren ersten Hit. Erst vier Jahre später kam eine Platte heraus; da war sie schon rund um die Welt getourt; ein Beispiel dafür, wie das Internet das Musikbusiness verändert hat.
Eine Dancefloor-Live-Performerin
Franck und Cibis haben die Musikerin, die eher eine Dancefloor-Live-Performerin ist, offenbar über viele Jahre immer wieder begleitet; vermutlich greifen sie aber auch auf Archivmaterial zurück; im Abspann werden jedenfalls zusätzlich zu Robert Cibis acht weitere Kameraleute aufgeführt. Das Filmemacher-Paar beschreibt „The-Rise-and-Fall-of“, das in seiner klassischen Machart an Pop- wie an Hollywoodstars erinnert, vor allem an jene, die als Kinder schon berühmt waren, etwa Whitney Houston, Drew Barrymore oder Britney Spears.
Uffie ist allerdings eher eine Nischenberühmtheit. Das macht „Fuck Fame“ unter anderem so ungewöhnlich. Der Film ist kein ikonografisches Porträt, eher eine Art Biopic, in dem Anna Hartley auf ein Leben zurückblickt, in dem sie Uffie gespielt hat. Was Inszenierung ist und was nicht, bleibt unklar – ebenso, ob Anna nicht weiß, wer sie eigentlich ist. An einer Stelle sagt sie, dass sie Arbeit und Privatleben nicht trennen kann, weil ihr Privatleben irgendwann zu ihrem Job geworden ist: auf der Bühne stehen, „Fuck“ schreien, tanzen, bis der Arzt kommt. Wer ist Uffie, wer ist Anna? Sie hat Drogenprobleme, sie hat psychische Probleme, sie bekommt ein Kind. Die Kamera ist eher mittendrin als nahe dran.
Biografische Randnotizen
Biografische Details bleiben Randnotizen, es geht um Rückschau und Selbstanalyse – Anna kommentiert aus dem Off –, aber auch um etwas Paradigmatisches: Ruhm, Jugend und ein wenig auch um die Beschleunigung, die der Ruhm, aber auch die Jugend im Zeitalter von Social Media erfahren. Ist Entschleunigung die Lösung?
Formal orientieren sich Franck und Cibis an der Musik: Sie erzählen zwar chronologisch, fallen aber immer wieder, wie in einer Assoziationsschleife, in Loops zurück.
Gegen Ende erscheint das, was während der ersten beiden Drittel des Films sehr soghaft wirkt, ein bisschen ermüdend – doch auch das spiegelt die Mühsal wider, dem Kreislauf von Ruhm, Drogen, Exzess und Selbstzerstörung zu entrinnen. Zwischendurch schaut man immer wieder in einer Aufsicht in Annas fast ungeschminktes Gesicht. Ist das Anna? Gibt es Uffie wirklich? Und muss Anna eigentlich Uffie sein?