Drama | Deutschland/Frankreich 2018 | 93 Minuten

Regie: Sven Taddicken

Filmdaten

Produktionsland
Deutschland/Frankreich
Produktionsjahr
2018
Produktionsfirma
One Two Films/Arsam Int.
Regie
Sven Taddicken
Buch
Sven Taddicken
Kamera
Daniela Knapp
Musik
Eric Neveux
Schnitt
Andreas Wodraschke
Darsteller
Maximilian Brückner (Malte) · Luise Heyer (Liv) · Leonard Kunz (Sascha) · Jasna Fritzi Bauer (Jenny) · Aurel Manthei (Ben)
Länge
93 Minuten
Kinostart
02.05.2019
Fsk
ab 16; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama
Externe Links
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Heimkino

Die Extras enthalten u.a. ein Feature mit im Film nicht verwendeten Szenen (11 Min.).

Verleih DVD
Polyband/WVG (16:9, 2.35:1, DD5.1 frz./dt.)
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Subtiles Beziehungsdrama um ein Lehrerpaar, das Jahre nach einem brutalen Überfall mit einem der Täter konfrontiert wird, die die Frau damals vergewaltigt haben.

Diskussion

„Glaubst du, uns hat jemand gesehen?“ – „Soll’n sie doch!“ Schwer romantisch vergnügt sich ein nicht mehr ganz junges Paar beim Sonnenuntergang am Strand von Mallorca. Sein Liebesspiel bleibt nicht unbemerkt. Es ist kein Zufall, dass die drei betrunken wirkenden Jugendlichen unvermittelt vor der Tür der Ferienwohnung stehen und sich Einlass verschaffen. Ein Raubüberfall? Oder eher eine günstige Gelegenheit zum Machtmissbrauch? Das Trio weiß nicht so recht, was es mit der Situation anfangen will. Der Überfall wirkt improvisiert, aber die Bilder vom Sex am Strand wirken in den Köpfen nach und regen die Fantasie an.

Was an Gewalt- und Ohnmachtserfahrungen folgt, ist traumatisierend. Der Film bricht an dieser Stelle ab und setzt zwei Jahre später wieder ein. Mit Alltagsimpressionen aus dem Leben eines gutbürgerlichen Lehrerpaares, die ziemlich klischeehaft ausfallen. Liv unterrichtet Deutsch, Bio und Sport; Malte Musik. Routinen im Unterricht und im Lehrerzimmer. Pädagogischer Impetus? Dienst nach Lehrplan und Vorschrift. In Deutsch fragt Liv: „Wo waren wir letzte Stunde stehengeblieben?“ Eine Schülerin antwortet: „,Die Physiker‘ von Dürrenmatt.“ Darauf Liv: „Geht es vielleicht ein bisschen spezifischer?“

Gesten der Zärtlichkeit

Diese Frage könnte man an „Das schönste Paar“ weiterreichen. Das Paar hat einen gemeinsamen Arbeitsplatz zuhause, reduziert seine Kommunikation aber auch intellektuell auf ein Minimum, kocht dafür aber mit Basilikum, und als Liv erfolgreich ihre letzte Therapiesitzung absolviert hat, gibt es – Überraschung! – ein Glas Sekt. Malte spielt in einer drittklassigen Oldie-Cover-Band die Hits der 1980er-Jahre, das aber mit Leidenschaft, die ihm sonst abgeht. Rock’n’Roll, Alter! Gesten von Zärtlichkeit behaupten eine funktionierende Beziehung, aber im Bett passiert nicht mehr viel.

Bis zu dem Moment, als Malte in einem Imbiss überraschend den Haupttäter von Mallorca wiedererkennt und ihn bis zur U-Bahn verfolgt. Atemlos berichtet er seinen Bandkollegen hinterher, dass er gerade dem Mann begegnet sei, „der meine Frau vergewaltigt hat“. Possessivpronomen, „Neanderthal Man“! Liv dagegen verschont er mit dieser Nachricht, um unmittelbar darauf sexuell selbst wieder aktiv zu werden.

Wenn Malte sich auf eine Art nachholenden Zweikampf mit dem jugendlichen Täter einlässt, dann könnte man vermuten, dass Regisseur und Drehbuchautor Sven Taddicken das Ganze eher als „Ding unter Männern“ versteht. Es ist jedenfalls ganz erstaunlich zu beobachten, wie Malte Witterung aufnimmt. Wie er geduldig auf den nächsten Zufall wartet, der ihm verrät, wo der Täter wohnt, dass der in einem Baumarkt arbeitet und eine feste Freundin hat. Malte entwickelt erhebliche kriminelle Energie, stalkt den Täter, bricht gleich zweimal in dessen Wohnung ein, konfrontiert ihn und prügelt sich sogar mit ihm, wobei er, verglichen mit seiner Performance am Anfang beim Überfall, sogar ganz gut abschneidet, weil er aus therapeutischen Gründen Box-Unterricht genommen hat. Der böse Bube entpuppt sich im Alltag als ziemlich armes Würstchen.

Keine DNA-Probe, kein Verfahren

„Das schönste Paar“ verkommt jedoch nicht zu einer Ein Mann sieht rot-Rachegeschichte, was sich Liv verdankt, die auf Maltes Investigationen ziemlich reserviert reagiert und darauf besteht, dass sie ihrerseits mit der Geschichte abgeschlossen hat. Sie versteht nicht, warum Malte ihr den Täter so stolz wie ein Kater eine tote Maus präsentiert. Offenbar hat das Paar den Überfall und die Vergewaltigung auf Mallorca seinerzeit nicht zur Anzeige gebracht. Weil keine DNA-Probe am Tatort gesichert wurde, stünde bei einem Gerichtsverfahren Aussage gegen Aussage. Was also tun? Den oder die Täter ungestraft davonkommen lassen? Wem wäre durch eine Konfrontation geholfen? Soll man den Fall vor Gericht bringen? Oder lieber das Leben des Täters untergraben, indem man dessen Freundin einweiht?

Die Beziehung von Liv und Malte scheint dieser und auch anderen Herausforderungen nicht gewachsen zu sein: Missverständnisse, Halbwahrheiten und Vertrauensverlust lassen sich mit Händen greifen. Indes: Warum sollte man aus der neuerlichen Konsultation der Therapeutin ein Geheimnis machen?

Eine Eskalation, die keine Lösung bringt

Luise Heyer und Maximilian Brückner spielen ihre Rollen mitsamt den vielen Löchern im Drehbuch so überzeugend, bis einem dieses merkwürdig oberflächliche Paar restlos unsympathisch geworden ist. Plötzlich erscheint Maltes Rachefeldzug auch als eine Art von Klassenkampf, wenn das Paar aus der Mittelschicht den Proleten mal gehörig die Leviten liest. Am Schluss, nach der Eskalation, die keine Lösung ist, sondern diese nur vertagt, kommen Malte und Liv überein, gemeinsam die Ikea-Regale in ihrer Wohnung umzukippen. Lachend, vielleicht sogar erleichtert ob dieser letzten Gemeinsamkeit.

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