Die Ära der Tang-Dynastie (617/18 bis 907) ist in Tsui Harks „Detective Dee“-Filmen durchaus das „Goldene Zeitalter“, als das sie in China allgemein gilt – doch zugleich wirft der 1950 geborene Altmeister des Hongkongs-Kinos einen kritischen Blick auf die Epoche: Die Schattenseiten der Macht- und Prachtentfaltung des Reiches sind machiavellistische Intrigen, denn Macht droht süchtig und grausam zu machen – ein chinesisches „Game of Thrones“, das in der „Detective Dee“-Reihe allerdings wesentlich spielerischer und weniger bierernst als in der gleichnamigen Fantasy-Serie verhandelt wird. Und Di Renjie, oder Dee, ist ein bodenständig-verschmitzter Held, der die Deduktionsfähigkeiten einer Sherlock Holmes mit Martial-Arts-Kampfkünsten vereint und unbeirrt mit Hilfe treuer Gefährten auch noch die größte Ränke auflöst.
Zu Beginn seines nunmehr dritten von Tsui Hark inszenierten Abenteuers bekommt er dafür vom Kaiser höchstselbst das sogenannte Drachenschwert anvertraut, die stärkste, aus Meteoritenstahl geschmiedete Waffe des Reiches. Eine verdiente Ehre – von Dees Qualitäten konnte man sich in den ersten beiden Teilen des Fantasy-Epos („Detective Dee und das Geheimnis der Phantomflamme“, „Detective Dee und der Fluch des Seeungeheuers“) überzeugen – die aber freilich nur das Ticket zu einem weiteren Höllenritt durch allerlei Abenteuer ist, denn natürlich weckt die Waffe sofort die Begehrlichkeit diverser Finsterlinge.
Da ist zunächst Dees alte Opponentin, die Kaiserin Wu Zeitan (Carina Lau), die gleichberechtigt mit ihrem Mann regiert, aber nicht müde wird, nach noch mehr Macht zu streben und jeden, der ihr dabei potenziell schaden könnte, zu bekämpfen. Sie setzt Dees Freund/Rivalen Yuchi Zhenjin, den man bereits aus dem letzten „Dee“-Abenteuer kennt, darauf an, die Waffe zu stehlen, was diesen in ein ziemliches Dilemma stürzt, weil er sich einerseits der Kaiserin zu Gehorsam verpflichtet fühlt, Dee aber schätzt und ihm nicht schaden will. Zudem ist er nicht begeistert davon, dass ihre Hoheit ihn nicht alleine agieren lässt, sondern ihm einen Clan von vier seltsamen Kämpfern, die allerlei Zauberkünste beherrschen, zur Seite stellt, zu denen er von Anfang an ein sehr angespanntes Verhältnis hat. Richtig eng wird es jedoch für Dee und seine Gefährten von der Untersuchungsbehörde, als klar wird, dass eine dubiose Truppe, die einst aus Indien nach China kam, die Waffe ebenfalls erringen will, um damit die kaiserliche Dynastie auszulöschen: Die sogenannten Windkrieger dienten früher unter den Tang-Kaisern, wurden dem Herrscherhaus dann aber suspekt und aufs Grausamste ausgelöscht – bis auf wenige Kämpfer, die nun wieder erstarkt sind und nach Rache dürsten.
Pures Augenweide-Material
Helden wachsen an ihren Gegnern, heißt es. Nach dem grandiosen Seedrachen, mit dem es Dee im letzten Teil zu tun bekam, schien da wenig Spielraum nach oben; Hark und seine Drehbuchautoren haben sich im dritten Teil aber trotzdem noch einmal selbst übertroffen: Mit ihren Zaubertricks und Illusionskünsten sind Dees aktuelle Gegner pures Augenweide-Material, das schon im Passiv-Zustand – den Production-Designern sei Dank – wunderliche Erscheinungen abgibt, im Kampf-Modus aber ein wahres Feuerwerk an Kino-Magie entfaltet. Was unter anderem auch für einen erneuten Drachen-Auftritt den Boden bereitet: in einer wunderschönen Action-Sequenz im Mittelteil des Films entfesseln die Windkrieger während einer kaiserlichen Audienz die Illusion, dass der majestätische goldene Drache, der eine der Palastsäulen ziert, lebendig werden würde. Beim wahrhaft grandiosen Schlussgefecht lernen dann angesichts roter Tentakel-Monster und dämonischer, mit Augäpfeln überwucherter Riesen sogar die mutigen Krieger aus Dees Behörde das Fürchten, und schließlich gibt es eine köstliche „King Kong“-Referenz, wenn ein gigantischer weißer Affe auf einem Palastdach nach fliegenden Echsenmonstern schlägt.
Dee freilich behält auch diesmal seinen kühlen Kopf, durchschaut die Tricks der anderen, versteht es seinerseits bestes, seine Gegner zu narren, und schafft es rechtzeitig, neue Verbündete zu finden: Die ebenso schöne wie starke Kriegerin Wassermond, die eigentlich gegen Dee agiert, entdeckt nach viel Screwball-artigem Geplänkel widerwillig ihr Herz für Dees Freund und Gefährten Shatuo und schlägt sich auf die Seite der Guten; und in einem einsamen Heiligtum im Wald gibt es einen weisen Eremiten, der das nötige magische Gegengewicht schaffen könnte, um das grausige Täuschungs-Gespinst der Windkrieger zu zerreißen.
Tänzerischer Bewegungsrausch
Einmal mehr nutzt Hark die wilde Story nur als Grundlage, um seine Vorstellung von Spektakel-Kino zu realisieren: Schwelgerische Palast-Kulissen, in denen eine Phalanx von Statisten eine wahre Leitungsschau in Sachen Kostümdesign vorführt, wechseln mit märchenhaft-gruseligen Orten wie dem einsamen Waldtempel, dem Tempel der vier Himmelsgötter oder einem finsteren Kerker; die Kämpfe entfalten sich als tänzerischer Bewegungsrausch am Boden und vornehmlich in der Luft, der ganz auf Grazie und das elegante Spiel mit den räumlichen Gegebenheiten und kaum auf blutige Drastik setzt. Dass die Story rund um die doppelte Intrige von Kaiserin und Windkriegern nur so hingetuscht ist und die Spannungen zwischen den Personen – zwischen Kaiser und Kaiserin, zwischen Dee und Yuchi Zhenjin, zwischen Wassermond und Shatuo – sich arg nonchalant in Wohlgefallen auflösen, lässt man dem Film gerne durchgehen.
(Der Film erscheint bei Koch Media als Einzel-DVD/BD sowie als Box-Set zusammen mit den beiden ersten "Detective Dee"-Filmen)