Fridas Sommer
Drama | Spanien 2017 | 98 Minuten
Regie: Carla Simón
Filmdaten
- Originaltitel
- ESTIU 1993
- Produktionsland
- Spanien
- Produktionsjahr
- 2017
- Produktionsfirma
- Inicia Films/Avalon
- Regie
- Carla Simón
- Buch
- Carla Simón
- Kamera
- Santiago Racaj
- Musik
- Ernest Pipó · Pau Boïgues
- Schnitt
- Ana Pfaff · Didac Palou
- Darsteller
- Laia Artigas (Frida) · Paula Robles (Anna) · Bruna Cusí (Marga) · David Verdaguer (Esteve) · Fermí Reixach (Avi)
- Länge
- 98 Minuten
- Kinostart
- 26.07.2018
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 10.
- Genre
- Drama | Jugendfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Sensibles Drama über eine Sechsjährige, die sich nach dem Tod der Mutter in der Familie ihres Onkels und in neuer Umgebung zurechtfinden muss.
Kinderspiele sind oftmals Imitationen des Lebens, kleine Reenactments familiärer Szenarien, an denen sich einiges ablesen lässt. Etwa wenn die sechsjährige Frida sich als „Mami“ mit Cowboystiefeln, Federboa, Sonnenbrille und Lippenstift auf den Wangen im Liegestuhl fläzt und ihre kleine Cousine Anna mit einem „Pass auf, mein Schatz, mir tut alles weh“ divenhaft abwimmelt.
Die spanische Regisseurin Carla Simón stützt sich in „Fridas Sommer“ weitgehend auf Alltagsbeobachtungen und Kinderspiele, hinter denen die Vorgeschichte des Mädchens lediglich momenthaft aufscheint, was für ihr enormes Vertrauen in die Kraft der Erzählung jenseits ausformulierter Konfliktszenarien spricht, und für ihre große Sensibilität, den kindlichen Darstellerinnen den notwendigen Raum zu eröffnen. Eine ähnliche Freiheit und Großzügigkeit hat man seit Jacques Doillons „Ponette“ wohl kaum mehr gesehen.
Aus der kindlichen Perspektive
Der Film beginnt mit einem Abschied, hinter dem sich die Nachwehen eines ungleich größeren Abschieds verbergen. Nach dem Tod der Mutter muss sich Frida von der Wohnung in Barcelona und den geliebten Großeltern trennen. Dinge verschwinden in Kisten, die Großmutter betet mit ihr gemeinsam ein Vaterunser, im Nebenzimmer spielt jemand auf der Gitarre ein melancholisches Lied. Frida wird von ihren liebevollen Verwandten, Tante Marga, Onkel Esteve und deren Tochter Anna mit aufs Land genommen. Hier soll sie künftig leben und nach den Sommerferien auch zur Schule gehen.
Der Film folgt weitgehend der kindlichen Perspektive. Dass Fridas Mutter an einer HIV-Infektion gestorben ist wie vermutlich auch der Vater, lässt sich anfangs nur erahnen, wenn die Erwachsenen im leisen Tonfall von einer Lungenentzündung sprechen. Später schlägt sich Frida beim Spielen mit anderen Kindern das Knie auf, woraufhin eine Mutter panisch ihr Kind wegreißt. Für Frida lassen sich diese Zeichen nicht lesen; ein Gefühl der Verunsicherung bleibt dennoch zurück.
Clara Simón konzentriert die Erzählung ganz auf Frida, wobei sie das familiäre Gefüge stets im Blick behält. So sieht man das eigenwillige Mädchen mit dem Lockenkopf die neue Umgebung erkunden, mit Anna im Schlepptau durch den nahegelegenen Wald streunen und zu Schlagermusik tanzen. Aber man sieht auch, wie die eingespielte Konstellation durch Fridas unkontrollierbare Launen aus dem Takt gerät und die erweiterte Familie sich komplett neu sortieren muss. Anna übernimmt Fridas Verhaltensweisen; elterliche Regeln gelten fortan nichts mehr. Frida wiederum stiftet Anna zu riskanten Mutproben an. Zwischen den Cousinen, die plötzlich Schwestern sind, entstehen Eifersüchteleien. Und auch Marga und Esteve haben ihre Unstimmigkeiten über das richtige Verhältnis zwischen Nachsehen und Durchgreifen auszutragen.
Fridas wechselnde Launen und Gefühlslagen werden im Film nicht aufgelöst, aber gegen Ende doch in ein versöhnliches Verhältnis gebracht. Es gibt ausgelassene und fröhliche Momente, brütende Stimmungen, Melancholie, Biestigkeit und Schwermut. Dass gerade in Augenblicken des Glücks Frida die Traurigkeit überfallartig überkommt: auch das muss ausgehalten werden.