14 Jahre ist es her, dass die Familie Parr, besser bekannt als „Die Unglaublichen – The Incredibles“
(fd 36 818), mit ihren phänomenalen Fähigkeiten Übeltätern das Handwerk legte, von den Menschen dafür aber nicht sonderlich geliebt wurde. Während auf andere Pixar-Filme wie etwa „Toy Story“
(fd 31 830), „Die Monster AG“
(fd 35 258) oder „Cars“
(fd 37 766) rasch Fortsetzungen folgten, verging bei „Die Unglaublichen“ ungewöhnlich viel Zeit. Trotz der originellen Story und einem ganz eigenen, unverwechselbaren Superhelden-Universum geriet der Stoff ein wenig in Vergessenheit. Nun aber meldet sich Familie Parr zurück. Das Überraschendste daran: Der 2004 geschaffene Kosmos hat keine Patina angesetzt. Fast erweckt das den Eindruck, als ob computeranimierte Welten nicht altern.
Regisseur Brad Bird geht sofort in die Vollen. Der am Ende des ersten Films aufgetauchte Bösewicht namens Underminer wühlt sich wie ein übergroßer Maulwurf durch die Erde von Metroville und raubt Banken von unten aus. Bob und Helen versuchen mit allen Mitteln, unterstützt von ihren Kindern Violet und Dashiell, den Räuber zu stoppen. Allerdings geht dabei eine Menge zu Bruch, der Schaden ist größer als der Nutzen. Niemand mag sich bei den Superhelden bedanken. Doch es kommt noch schlimmer: Den Parrs wird fortan verboten, ihre Kräfte einzusetzen – Superhelden sind out.
Bis ein schwerreiches Geschwisterpaar auf die Idee kommt, dass Superhelden-Image wieder aufzupeppen – mit Bodycams, die die aufregende Arbeit dokumentieren, und einem Schuss weiblicher Erotik als medialer Blickfang. Das führt dazu, dass Helen aka Elastigirl, im scharfen Outfit und auf rasantem Motorrad, den Rabauken alleine auf die Finger klopft. Bob sitzt derweil zuhause, schmeißt den Haushalt und kümmert sich um die Kinder. Allerdings steckt Violet mitten in den Pubertätswirren und verliebt sich unglücklich; Dashiells Mathe-Aufgaben sind nicht ohne, und Baby Jack-Jack fängt urplötzlich an, ebenfalls übernatürliche Fähigkeiten zu entwickeln. Ausgerechnet jetzt aber treibt ein Bösewicht namens Screenslaver sein Unwesen. Er hypnotisiert die Bürger von Metroville über ihre Bildschirme und zwingt ihnen seinen Willen auf.
Es ist immer wieder erstaunlich, wie es Pixar schafft, neue Charaktere zu entwerfen, sie in ein fantastisches, aber gleichwohl glaubwürdiges Umfeld zu integrieren und gleichzeitig ein Feuerwerk der Attraktionen abzubrennen. Das Resultat ist stets auf Neue aufregende Unterhaltung, gespickt mit Humor und Anspruch, ein Triumph des Erzählens, in dem sich die perfekt animierte Action in eine runde Geschichte fügt. Das beginnt schon bei den sozialen Gegebenheiten: Ein Familienvater wird plötzlich zum Hausmann (und leidet darunter), während die Mutter für das Einkommen sorgt (und dabei sichtlich auflebt). Der soziale Abstieg des Mannes geht mit dem Erfolg der Frau einher – eine gegenläufige Bewegung, mit gravierenden Folgen für das schwindende Selbstbewusstsein des Mannes. Unterschwellig handelt der Film so von Ehrgeiz und Erwartungen, Erfolg und Enttäuschung, Fähigkeiten und ihre Grenzen. Zu den schönen Ideen des Films zählt es, dass diese Kluft nur durch die gemeinsame Anstrengung der Familie Parr, verstärkt durch Baby Jack-Jack, überwunden werden kann. Angereichert werden diese Themen noch durch Phänomene wie öffentliche Aufmerksamkeit und digitale Medien. Screenslaver hat nur deshalb so leichtes Spiel, weil jeder in irgendeiner Form, vom Fernseher bis zum Smartphone, über einen Bildschirm verfügt.
Brad Bird treibt die Handlung angenehm fließend und virtuos animiert voran. Die Figuren sind liebevoll gezeichnet, das Art Design ist perfekt und phantasievoll. Egal, ob Bob erschöpft von der Hausarbeit auf dem Sofa liegt oder Baby Jack-Jack mit seinen Laserstrahlen alles niederbrennt – stets hat man es mit lebendigen, überzeugenden Charakteren zu tun. Nicht zu vergessen ist dabei die Action, bei der immer alles in Bewegung ist und die unglaublichsten Dinge passieren. Mit dem Höhepunkt in einer Szene, in der Elastigirl einen führerlosen Zug verfolgt und stoppt. Dagegen sehen die Superhelden aus dem Hause Marvel richtiggehend blass aus.