Um Gottes Willen
Komödie | Italien 2015 | 87 Minuten
Regie: Edoardo Falcone
Filmdaten
- Originaltitel
- SE DIO VUOLE
- Produktionsland
- Italien
- Produktionsjahr
- 2015
- Produktionsfirma
- Wildside/Rai Cinema
- Regie
- Edoardo Falcone
- Buch
- Edoardo Falcone · Marco Martani
- Kamera
- Tommaso Borgstrom
- Musik
- Carlo Virzì
- Schnitt
- Luciana Pandolfelli
- Darsteller
- Marco Giallini (Tommaso) · Alessandro Gassman (Don Pietro) · Enrico Oetiker (Andrea) · Laura Morante (Carla) · Ilaria Spada (Bianca)
- Länge
- 87 Minuten
- Kinostart
- 05.07.2018
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Komödie
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Temporeiche italienische Komödie über Glaube und Säkularisierung als pointierter Schlagabtausch zwischen einem Chirurgen und einem charismatischen Priester.
Ist es die Macht Gottes oder die Schwerkraft, die eine reife Birne vom Baum fallen lässt? Der Herzchirurg Tommaso und der katholische Priester Don Pietro sind sich darüber zutiefst uneins. Auch die italienische Komödie „Um Gottes Willen“ von Edoardo Falcone gibt darauf keine eindeutige Antwort. Klar ist nur, dass am Ende die Birne ins Gras plumpst. Wie Tommaso das nun deuten soll angesichts der Tatsache, dass Pietro mittlerweile lebensbedrohlich verletzt im Krankenhaus liegt, ob also womöglich noch ein „Wunder“ geschieht oder die Dinge ihren rein „gottlosen“ Gang gehen, lässt Regisseur Edoardo Falcone offen. Wenn sich Atheisten und Katholiken auf komödiantische Weise gegenseitig ihre Überzeugungen und Weltbilder um die Ohren hauen, wird ein uraltes Genre reaktiviert, das sich, oft erweitert um Judentum und Islam, angesichts der wachsenden Spannungen zwischen den Religionen wieder größerer Beliebtheit erfreut. Umgesetzt wird das in den letzten Jahren vornehmlich im französischen Kino: etwa in „Monsieur Claude und seine Töchter“ (fd 42 478), „Voll verschleiert!“ (fd 45 150) oder demnächst in „Ein Lied in Gottes Ohr“ (Kinostart: 26.7.). Aber auch in Italien entwickelte sich Falcones Komödie im Jahr 2015 zum großen Publikums- und Kritikererfolg. Falcone, der bislang vor allem als Drehbuchautor in Erscheinung trat und für „Um Gottes Willen“ als beste Debütregisseur mit dem italienischen Filmpreis „David di Donatello“ ausgezeichnet wurde, erzählt von dem ebenso erfolgreichen wie arroganten Herzchirurgen Tommaso, dessen Sohn plötzlich ins Priesterseminar will, anstatt weiter Medizin zu studieren. Der Arzt, der sich für ziemlich freigeistig hält, sieht daraufhin rot. Als Ursache des Sinneswandels wird der charismatische Priester Don Pietro ausgemacht, der mit seinen unkonventionellen Predigten und seiner nahbaren Art eine Schar von Anhängern um sich geschart hat. Tommaso gibt sich als prekäre Existenz aus und sucht die Nähe von Pietro, um ihn als Betrüger und Scharlatan zu entlarven. Doch diese Absicht wendet sich gegen ihren Urheber, da der Priester Tommaso binnen Kurzem in der Hand hat und ihn ganz unchristlich erpresst; Tommaso muss bei der Renovierung einer Kirche mithelfen, wenn sein Sohn nichts von der Intrige erfahren soll. Und auch sonst wendet sich bald alles gegen den erfolgsverwöhnten Mann, weil das Bekenntnis des Sohnes das Familiengefüge durcheinanderwirbelt. Frau und Tochter, die Tommaso stets etwas von oben herab behandelt, testen neue Lebenswege aus. Das tut dann auch Tommaso, der durch den Kontakt mit dem Priester neue Erkenntnisse über sich, seine Familie und das Leben gewinnt. Vor allem in den ersten beiden Dritteln glänzt „Um Gottes Willen“ mit Tempo, Leichtigkeit, witzigen wie scharfen Dialogen und einem nahezu perfekten Gespür für Rhythmus, Timing und Pointen. Falcone nutzt die Möglichkeiten und Versatzstücke des Genres vortrefflich. Auch die Schauspieler überzeugen, vor allem der sehr wandlungsfähige Marco Giallini als Tommaso und Alessandro Gassman als sein Widersacher Don Pietro. Aber auch die Nebendarsteller sind wunderbar witzig, anrührend oder spitzzüngig. Einzig Andrea bleibt ziemlich blass, was weniger dem Darsteller als dem Drehbuch anzukreiden ist. Im letzten Drittel aber wird die Komödie deutlich zahmer und versöhnlicher, auch wenn sich Falcone und sein Co-Autor Marco Martani bemühen, die Genrekonventionen nicht allzu kitschig ausfallen zu lassen, indem sie die allseitige Harmonie mit leichten Spitzen versehen. „Um Gottes Willen“ ist ein sehr zeitgemäßer Film, ohne dem Zeitgeist hinterherzurennen. Das Setting der materiell gut situierten, aber spirituell unterversorgten Familie ist stimmig, ihre Sehnsucht nach einem Mehr durchaus spürbar. Bei aller Kritik des Atheisten Tommaso an „der rückschrittlichsten Institution der Geschichte“ spürt man eine wohlwollende Haltung gegenüber der Katholischen Kirche, die sich insbesondere in der Figur des Don Pietro bündelt: Ein Priester, wie man ihn sich wünscht, den Menschen und vor allem den Armen zugewandt, offen, hilfsbereit, charismatisch, und dazu auch noch ein begnadeter Prediger. Der „Ausflug“, den Tommasos Familie in die Gefilde von Glauben und Kirche macht, ist bei aller Komik durchaus ernsthaft und hat Konsequenzen für ihr Zusammenleben. Der Arzt wird von Pietro zwar nicht zum Glauben bekehrt, wohl aber dazu, sein Leben und den Umgang mit seinen Nächsten zu überdenken. Die "Botschaft" des Films für ein gutes Leben wäre wohl: Achtsamkeit, Hinsehen, ein freundliches Miteinander – also Verhaltensweisen, die man auch ohne Glauben und Kirche in sein Leben integrieren kann. Der Weg über Gott ist dabei zwar explizit eine Option – aber eben auch nicht mehr.