Bad Banks
Drama | Deutschland/Luxemburg 2018/2020 | 306 (sechs Folgen) Minuten
Regie: Christian Schwochow
Filmdaten
- Originaltitel
- BAD BANKS
- Produktionsland
- Deutschland/Luxemburg
- Produktionsjahr
- 2018/2020
- Produktionsfirma
- Letterbox Filmproduktion/Iris Productions
- Regie
- Christian Schwochow · Christian Zübert
- Buch
- Oliver Kienle · Lisa Blumenberg · Jana Burbach · Jan Galli · Ron Markus
- Kamera
- Frank Lamm
- Musik
- Kyan Bayani
- Schnitt
- Julia Karg · Jens Klüber
- Darsteller
- Paula Beer (Jana Liekam) · Barry Atsma (Gabriel Fenger) · Marc Limpach (Luc Jacoby) · Albrecht Schuch (Adam Pohl) · Mai Duong Kieu (Thao Hoang)
- Länge
- 306 (sechs Folgen) Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 6 (St.1, Ep.4)
ab 12(St.1, Ep. 1-3,5
6) - Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 16.
- Genre
- Drama | Thriller
Heimkino
Eine Drama-Serie über den schmutzigen Kalten Krieg der Finanzwelt
Staffel 1
Es beginnt als kapitalistische Dystopie: Die Bankautomaten spucken kein Geld mehr aus. Offenbar hat sich eine Bankenpleite ereignet. In der Bevölkerung greift Panik um sich, weil um ihre Ersparnisse fürchten. Im Fernsehen sieht man einen Minister, der zu Besonnenheit aufruft, auf den Straßen werden Demonstranten mit Tränengas bekämpft, gegen die Polizeischilder knallen Gegenstände. Eine junge Frau, die ihr Gesicht unter der Kapuze eines Jogging-Overalls verdeckt, eilt durch den Hintereingang eines Frankfurter Bankenturms und stürmt in ein Großraumbüro, in dem Computerbildschirme die hektischen Aktivitäten der weltweiten Finanzmärkte registrieren.
Diese Auftaktszenen von „Bad Banks“ sind nicht der Anfang, sondern fast schon das Ende der Geschichte. Es folgt ein Sprung zurück auf der Zeitachse: Ein paar Monate zuvor in Luxemburg. Die junge Frau im Anzug, Jana Liekam, wird gefeuert, erhält ein paar Minuten später aber schon den Anruf eines Headhunters, der sie für die „Deutsche Global Invest“ anwirbt – ein unerwarteter Aufstieg. Der neue Job fällt aber nicht vom Himmel, sondern wurde von der Investmentbankerin Christelle Leblanc eingefädelt, einer berechnend-manipulativen Strippenzieherin der Finanzmärkte. Leblancs Agenda bleibt lange Zeit im Dunkeln, auch wenn klar ist: Sie ermöglicht Liekams Aufstieg aus eigennützigen Gründen und erwartet für ihre Hilfe Gegenleistungen im schmutzigen Kalten Krieg der Finanzwelt.
Eine Serie mit schneller Pulsfrequenz, prägnanten Szenen und einer dramaturgischen Mechanik auf hohem Niveau
Nach anfänglichen Schwierigkeiten erlebt die schnelle, kluge, und extrem ehrgeizige Protagonistin (Paula Beer) einen steilen Aufstieg in der Global Invest. In den ersten Folgen der Serie lernt man auch ihre Kollegen Thao und Adam kennen, sowie ihren Chef, den charismatischen Investment-Star Gabriel Fenger. Zugleich werden weitere Figuren etabliert, die für die Zuspitzung der Handlung in der zweiten Hälfte der ersten Staffel entscheidend sind: die Finanzvorstände der Bank (Tobias Moretti, Jean-Marc Barr), die Fenger wider Willen zum Mitbeteiligten in einem schmutzigen Aktiendeal machen, den todkranken Leipziger Oberbürgermeister (Jörg Schüttauf), Liekams Ex-Chef Luc (Marc Limpach). Parallel dazu wird das Leben der Börsenhändler nach allen Regeln der Broker-Klischees entfaltet: Drogen, Prostituierte, schnelle Autos, daneben Burnout, sexuelle Perversion und ein nichtexistentes Privatleben.
Das ist so mechanisch, wie es klingt, aber für eine ruhigere, glaubhaftere Story- und Charakterentwicklung ist in den ersten sechs Folgen von je 50 Minuten nicht genügend Zeit; „Bad Banks“ ist eine Serie mit schneller Pulsfrequenz, kurzen, prägnanten Szenen und einer dramaturgischen Mechanik auf hohem Niveau. Die zentralen Konflikte eskalieren erst spät, als verschiedene riskante Spekulationen gegeneinander ins Feld geführt werden und die Figuren sich gegenseitig auszustechen versuchen, weshalb alles auf die Bankenkrise des Beginns zuläuft.
Wie es Regisseur Christian Schwochow und Drehbuchautor Oliver Kienle gelingt, diese abstrakte Materie zu einem spannenden Geldthriller zu formen, ist aller Bewunderung wert. Auch schauspielerisch überzeugt die Serie: Bekannte Darsteller wie Paula Beer, Jörg Schüttauf und Tobias Moretti werden mit Newcomern wie Mai Duong Kieu und Albrecht Schuch als Liekams Kollegen ergänzt; dazu kommen überraschende Besetzungen wie Desirée Nosbusch (als Christelle Leblanc) und der hierzulande unbekannte Barry Atsma (als Gabriel Fenger). Die Erzählweise ist dynamisch, rhythmisch, von vielen Tempi-Wechseln bestimmt, die Montage verstärkt den Sog durch paralleles Erzählen. Verbunden werden die Ebenen oft durch den geschickten Einsatz von Textbotschaften. Die Kamera von Frank Lamm taucht die Bankenwelt zudem oft in eine dunkle Stimmung aus kühlen Blau, Gelb- und Grüntönen.
Westentaschen-Machiavellismus
Zu bemängeln ist am ehesten das Drehbuch. Dass auch die Hauptfigur Jana Liekam trotz aller Bemühungen (verkorkste Liebesgeschichte, Krebstod der Mutter, Appelle an den Teamgeist) auf Distanz bleibt und nicht selten unsympathische Züge aufweist, ist dem Milieu geschuldet. Allen Figuren aber fehlt es an Raffinement und Doppelbödigkeit. Sie sind in ihren Handlungen und ihrer Position zu eindeutig auf der Gut-Böse-Achse verteilt. Am ehesten überrascht der Turbo-Kapitalist Fenger, während die Entwicklung der „schurkisch-eisigen Asiatin“ Thao früh zu erahnen ist. Auch der Westentaschen-Machiavellismus von Leblanc bringt einen Hauch von „Guldenburg“-Intrigenstadl in die betonharte Finanzwelt.
So bleibt alles recht schematisch und hält den Zuschauer auf Distanz; die Gefahr, dass einem diese Bankenwelt plötzlich ebenso sonderbar-sympathisch erscheinen würde wie die PR-Welt seit „Mad Men“, besteht nicht. Das mag auch daran liegen, dass das Privatleben der Figuren nur am Rande auftaucht, wie eine Pflichtübung.
Ein interessanter Beitrag zur Kultur und Ästhetik des Kapitalismus
Gut funktioniert „Bad Banks“ als treffendes Porträt eines Milieus, in dem täglich mit Milliarden gehandelt und über Katastrophen gejubelt wird, weil man einen passenden Risikofonds im Portfolio hat. Kreativität bedeutet hier, „strukturierte Finanzprodukte“ zusammenzubasteln, die so kompliziert sind, dass das Gegenüber den Betrug nicht merkt, in dem geschicktes Bluffen also an der Tagesordnung ist und jeder unter immensem Dauerdruck steht.
Zehn Jahre nach der vorläufig letzten Finanzkrise formuliert „Bad Banks“ einen interessanten Beitrag zur Kultur und Ästhetik des Kapitalismus. Und die aktuellste Antwort auf die nicht mehr ganz neue Frage: Kann in Deutschland eine Fernsehserie produziert werden, die mit dem Niveau US-amerikanischer Vorbilder oder bedeutender europäischer Serien wie „Borgen“ aus Dänemark oder der französischen Serie „Les Revenants“ mithalten kann?
Die Welt der Finanzen schildert „Bad Banks“ durchaus mit Faszination, aber ohne sonderlich kritischen Unterton. So bleiben die wahren Opfer der hier vorgeführten Transaktionen völlig ausgeblendet; langfristige Folgen dieser Geschäfte kommen nicht einmal am Rande zur Sprache. Umgekehrt fehlt jede sardonisch-sarkastische Ironisierung à la „Mad Men“. Stattdessen verfällt „Bad Banks“ immer wieder der Anziehung seines Gegenstands: Drogen, Sex, schnelle Autos, tolle Appartements und das viele Geld. Manchmal beschleicht einen der Eindruck, als bebilderten die Macher hier auch eigene Wunschfantasien.
Aber was genau geht wirklich in einem Banker vor, der in kürzester Zeit Millionen in riskante Kredite steckt? Geht es nur um Gier und Geschäft? Geht es um die berühmten „Kicks“? Vielleicht ist es viel banaler und schlicht nur Handwerk, das man besonders gut beherrscht; vielleicht lässt der ständige Stress auch gar keinen Raum für ekstatische Gefühle. Man sollte nicht unterschätzen, in welchem Maß Manager der eigenen PR mit ihrem hohen Ton von „Verantwortung“ und „dem Blick fürs Ganze“ verfallen. Der Filmemacher Marc Bauder ist solchen Fragen in seinem Dokumentarfilm „Master of the Universe“ und dem Spielfilm „Dead Man Working“ nähergekommen als „Bad Banks“. Und Christoph Hochhäusler ließ in „Unter Dir die Stadt“ gleichzeitig das Romantisch-Utopische wie das Zombiehafte einer ganzen Kaste aufscheinen.
Es ist insofern noch „Luft nach oben“. Christian Schwochow gelingt mit „Bad Banks“ eine spannende, in vielem überzeugende Serie, die in Bann zieht und auf eine Fortsetzung hoffen lässt. Die deutsche Filmbranche sollte sich nur nicht an den eigenen Fähigkeiten berauschen, sich nicht zu schnell und zu sehr auf die Schultern klopfen, weil ihr eine souverän erzählte Serie geglückt ist, die sich hinter ausländischen Konkurrenten nicht zu verstecken braucht. Man sollte das bloß nichts als „brillant“ bezeichnen, so als sei das alles nicht steigerungsfähig.
Staffel 2
Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Am Beginn der zweiten Staffel von „Bad Banks“, etwa ein gutes halbes Jahr nach der Krise der „Deutsche Global Invest Bank“, sitzen die Manager weiterhin auf ihren Posten. Nur der niederländische Investment-Chef Gabriel Fenger (Barry Atsma) hat den Bogen überspannt und schmort stellvertretend für die Fehler aller in Untersuchungshaft. Allerdings wird auch er nicht lange dortbleiben. Neu im Spiel ist der ehrgeizige Berliner Finanzminister Alexander Schunk (Trystan Pütter), der sich der Wirtschaft zu bedienen versucht, um seine eigene Karriere voranzutreiben.
Die erste Folge braucht ein wenig, um ins Laufen zu kommen. Doch wenn das erst mal geschehen ist, hat Drehbuchautor Oliver Kienle gemeinsam mit Regisseur Christian Zübert, der Christian Schwochow in der zweiten Staffel ersetzt, eine Situation etabliert, in der das Bild eines ökonomischen Haifischbeckens noch weiter auf die Spitze getrieben wird. Gab es zuvor zumindest Bündnisse auf Zeit und aus taktischen Gründen, kämpft nun jeder offen gegen jeden und misstraut allen anderen. Die tückische Finanzchefin Christelle LeBlanc (Desirée Nosbusch) fürchtet (zu Recht) um ihren Job und versucht im Gegenzug, alle anderen zu manipulieren; ihr Chef, der Altbanker Quirin Sydow (Tobias Moretti), versucht, seinen Vorstandsvorsitzenden abzuschießen, und besticht weiterhin den Leiter der Finanzaufsicht. Mittendrin: die Protagonistin Jana Liekam (Paula Beer) und „ihr“ Team Adam und Thao. Sehr früh bekommt Liekam den Tipp, dass LeBlanc heimlich gegen ihre eigenen Kunden spekuliert.
Der Kampf der Bösen gegen die noch Böseren
Es ist ein permanenter Kriegszustand, in dem verunsichernde Blicke und das Mobiltelefon als Waffen dienen, mit dem man entweder unfreiwillig zum Spion wird oder das im richtigen Moment zum Anruf bei der Finanzaufsicht oder der Compliance-Abteilung des eigenen Unternehmens dient.
Es ist schon erstaunlich für so ein unmoralisches Milieu und eine Serie, die so offen mit der Gewissenlosigkeit ihrer Protagonisten spielt, welche Rolle darin die Moral in bestimmten Situationen spielt. Auch das ist Zeitgeist pur: Wo das ökonomische Controlling ausgereizt ist, setzt das Controlling des Gewissens und der guten Absichten ein. Das idealistische Reden, die zur Schau getragenen guten Absichten und die Rechtsvorschriften, die das Einhalten von Mindeststandards erzwingen sollen, sind die neueste Waffe im Kampf der Bösen gegen die noch Böseren.
Dazu gehören auch modische Ökothemen wie Klima und Nachhaltigkeit. Die Story der zweiten Staffel von „Bad Banks“ dreht sich nämlich um ein gehyptes Start-up namens „Green Wallet“, das die Nachhaltigkeit zum Alleinstellungsmerkmal und zur moralischen Investitionsalternative erklärt. Liekam lässt allerdings keinen Zweifel an ihrer eigentlichen Haltung: „Nachhaltigkeit ist ein Spitzenaushängeschild.“ Sie will in „Green Wallet“ nur investieren, um die Vergehen von LeBlanc aufzudecken, da sie zugleich von dieser erpresst wird.
„Grüne“ Finanzleute treffen auf neoliberale Zyniker
Alle haben aus der ersten Staffel noch Leichen im Keller. Außer den Ökoinvestoren mit dem guten Gewissen. Doch „Bad Banks“ lässt kaum einen Zweifel daran, dass auch die „grünen“ Finanzleute letztlich trotz aller Unterschiede genau die gleichen Haie sind wie die neoliberalen Zyniker von „Global Invest“. Denn auch bei den Öko-Banken geht es letztlich um Profit; zum finanziellen Gewinn kommt hier noch der emotionale hinzu. Wenn beide Seiten in einem klischeehaften Berliner Loft, das direkt den 1990er-Jahren entstiegen zu sein scheint, aufeinandertreffen und sich nichts zu sagen haben, ist das einer der wenigen komödiantischen Momente in der Drama-Serie.
Anschließend lästert Adam über die „behinderten Bio-Latten“: „Schön einen auf Öko machen und sich dann von den Idioten finanzieren lassen.“ „Bad Banks 2“ betont die unglaubliche Arroganz und Unaufrichtigkeit der Öko-Fonds-Manager und widerlegt deren Behauptung, Profit und Nachhaltigkeit würden sich unter derzeitigen Strukturbedingungen nicht widersprechen. Unter der coolen Rasta-Frisur ist die Ökobankerin auch nur eine harte Yuppie-Lady, die sinistre Pläne verfolgt und sich bei erster Gelegenheit abwerben lässt.
Zugleich entpuppen sich alle wahren Idealisten in dieser Serie früher oder später als manisch-depressiv, massiv medikamentenabhängig oder als korrupt. Und finanziert werden die Öko-Fonds durch reiche Erben. Ein desaströses Bild, bei dem sogar die härteste Kapitalistin Mitleid empfindet. Sentimentalität gibt es in „Bad Banks 2“ immer nur an der falschen Stelle.
Schwarz-grüne Koalition aus Abgebrühten und Moralisten
Dies alles ist insofern Zeitgeist pur, als in der Beziehung von Yuppies und Öko-Moralisten die mentale Arbeitsteilung der deutschen Gesellschaft offenkundig wird: eine schwarz-grüne Koalition aus Abgebrühten und Moralisten, aus Desillusionierten und Idealisten, wie sie innerhalb der gebildeten bürgerlichen Schichten längst existiert. Im Zweifel sind die ökologischen Moralisten Sprösslinge der reichen Großbürger, während die „hungrigeren“ Yuppies und Neoliberalen der unteren Mittelschicht entstammen. Gemeinsam ist ihnen die Verachtung für den Rest, allen voran die Alten und Politiker. Gleichzeitig ist aber nicht zu übersehen, dass „Bad Banks 2“ auch mit dem Masochismus von Teilen des Publikums spielt, dem Selbsthass der Idealisten, die es auf perverse Weise genießen, ihresgleichen, nämlich den wohlhabenden Mittelschichten, die sich Moral leisten können, beim Scheitern zuzusehen.
Dieses Scheitern der Idealisten ist die eigentliche Botschaft von „Bad Banks 2“. In einem zentralen Monolog formuliert Gabriel Fenger, warum alle Ideen von Nachhaltigkeit und einem anderen Wirtschaften scheitern müssen, solange nicht auch die Gesellschaft und das Bewusstsein jedes Einzelnen einer Revolution unterworfen wurden: „Weil du eine kleine feige Hure bist, genau wie alle anderen Menschen, deswegen wird ,Green Wallet‘ scheitern... Du spendest wahrscheinlich 50 Euro im Jahr, die du von der Steuer absetzt, kaufst dir jedes Jahr aber ein neues Handy, für das Kinder in denjenigen Ländern sterben, für die du deine 50 Euro spendest... Wir alle mogeln uns um unser Gewissen herum. Und die, denen das am besten gelingt, die, die sich am besten einreden, das Richtige zu tun, während sie anderen schaden, die sind die Gewinner.“ Der Zyniker entpuppt sich als der wahre, freilich gescheiterte Moralist.
Banker am Rande des Nervenzusammenbruchs
Die zweite Staffel von „Bad Banks 2“ übertrifft damit noch die erste Staffel. Sie ist mutiger in Inhalt und Erzählweise; die Dynamisierung der Inszenierung und ihre Temposteigerung durch Christian Zübert macht deutlich, wie behäbig und bieder die erste Staffel stellenweise doch war. Bedeutenden Anteil haben daran vor allem die Darsteller. Ihre Charaktere sind selten einfache Identifikationsfiguren; umso mehr ist ihre Leistung zu würdigen, die Zuschauer trotzdem Anteil an ihnen nehmen zu lassen, die im Detail kaum durchschaubare Handlung zu tragen und Dialoge im Finanz-Chinesisch mit Leben zu füllen.
Für Paula Beer ist die Figur der Jana Liekam eine ideale Rolle. In der zweiten Staffel ist sie noch facettenreicher: nicht mehr die halb-unschuldige Novizin am Hof des Geldadels, sondern eine Fürstin aus eigenem Recht, geachtet und gefürchtet, immer cool, dabei nicht ohne menschliche Wärme oder Seiten, die nur die Zuschauer kennen. Die Schauspielerin kann Autor und Regisseur dankbar sein, dass sie ihr Möglichkeiten jenseits ihrer bisheriger Auftritte geben. Hier ist sie nicht wie so oft schon idealisiertes Objekt in den Händen eines Regisseurs, hier stellt sie ein Film nicht als püppchenhafte Ikone auf einen Sockel wie etwa in ihrem Debüt bei Chris Kraus in „Poll“ oder zuletzt in „Werk ohne Autor“ und Petzolds „Transit“. Stattdessen entfaltet Paula Beer Charme und jugendliche Unrast, trotz all der Expertise in ihrem Beruf – ein seltsamer Kontrast zwischen fast kindlicher Wirkung und der Härte der Finanzkriegerin.
Großartig ist auch Albrecht Schuch in der Rolle von Liekams vertrautem Partner Adam, der das Gegenteil von ihr verkörpert: Der Finanzmarkt ist für ihn eine Art Droge („Ich muss das leben. Um aus Scheiße Geld zu machen, musst du sie zuerst probieren.“); er ist vom kurzfristigen Erfolg so abhängig wie ein Fixer vom täglichen Schuss, den Ausgleich bilden andere Exzesse mit Frauen und Alkohol, dazwischen gibt es kurzfristige Depressionsschübe. Das mag den Börsen-Klischees seit „Wall Street“ und „American Psycho“ folgen, doch Schuch verkörpert dies mit erstaunlicher Glaubwürdigkeit und Humanität - und gänzlich ohne zu karikieren. Man nimmt ihm sogar den naiv liebenden Vater der von ihm getrenntlebenden Kinder ab.
Im Vergleich zur ersten Staffel fällt dafür Mai Dong Kieu ab: War sie 2018 noch die Entdeckung, lässt ihre Rolle der Thao diesmal kaum mehr zu als das Klischee von der „undurchschaubaren Asiatin“. Routiniers wie Desirée Nosbusch als manipulative Lady Macbeth des Bankenmilieus, Barry Atsma in einem diesmal reduzierten Auftritt als Gabriel Fenger und Tobias Moretti als von den neuen Verhältnissen überrollter Altbanker an der Grenze zur Karikatur runden das Tableau. Einzig Trystan Pütter als deutscher Finanzminister bleibt in jeder Szene eine Witzfigur: absurd unglaubwürdig und den Kollegen nicht gewachsen.
„Bad Banks 2“ inszeniert die Entfesselung des Chaos auf allen Ebenen. Es zeigt Broker am Rande des Nervenzusammenbruchs und funktioniert selbst ein bisschen wie der Derivate-Handel: schnell, ohne Blick zurück oder Zeit zur Reflexion. Das Publikum ist mal in der Rolle von Insidern, die auf der Höhe der Macher eine neue Idee entwickeln, dann wieder in der von jenen trotteligen Kleinsparern, die von Menschen wie der ambivalenten Liekam in zwei Minuten zugelabert und über den Tisch gezogen werden. Die Verzinsung der Serie ist dabei überraschend langfristig. Man wartet gespannt auf die nächste Tranche.