Dokumentarfilm | Indien/Deutschland/Finnland 2016 | 71 Minuten

Regie: Rahul Jain

Dokumentarfilm über die unmenschlichen Arbeitsbedingungen in Textilfabriken in Indien und Bangladesch, der seinen Blick vor allem auf die erbarmungslosen, der Profitmaximierung geschuldeten Machtverhältnisse in einer Textilfabrik im indischen Bundesstaat Gujarat richtet. Düstere Bilder entfalten ihren eigenen intensiven Sog im Einklang mit einer eindrucksvollen Klanglandschaft, während sich Interviews mit Arbeitern, Chefs, Subunternehmern und Gewerkschaftern in ihrer vielsagend-erhellenden Widersprüchlichkeit einbrennen. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
MACHINES
Produktionsland
Indien/Deutschland/Finnland
Produktionsjahr
2016
Produktionsfirma
Jann Pic./Pallas Films/IV Films
Regie
Rahul Jain
Buch
Rahul Jain
Kamera
Rodrigo Trejo Villanueva
Schnitt
Yael Bitton · Rahul Jain · Robert Fenz
Länge
71 Minuten
Kinostart
09.11.2017
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Dokumentarfilm über die unmenschlichen Arbeitsbedingungen in Textilfabriken in Indien und Bangladesch

Diskussion
Ein riesiger, graubraun-rostiger Ofen brennt, die Funken scheinen auch akustisch von links ins Bild zu stieben. Das Geräusch ist bereits zu hören, wenn noch der Vorspann läuft: das Knistern der Funken, ein metallisches Schaben. Ein Mann steht vor dem Ofen und schiebt eine Stange hinein, immer wieder, er füttert wohl die Flammen mit unbekanntem Material. Zum Schutz vor Hitze und Feuer hält er sich einen Lappen vors Gesicht. Die Flammen zu Beginn von Rahul Jains „Machines“ sind eine Metapher, sie werden am Ende, nach knapp 70 Minuten, wiederkehren. Auf diese Eingangsszene folgt ein langer Steadicam-Streifzug durch die Fabrik, eine Plansequenz, die in fließender Bewegung das rhythmische Pulsieren der Maschinen und die seriellen Tätigkeiten der Menschen imitiert, die sie zeigt. Auf die Exposition folgen längere, geschnittene Sequenzen, Nahaufnahmen: Ein Farbeimer wird an einem Fetzen über den Boden geschleift, Säcke und Rahmen werden geschleppt. Die ersten Worte fallen nach ungefähr 15 Minuten. Dokumentarfilm-Debütant Rahul Jain ist Inder, sein Blick also ein Binnenblick, vielleicht noch mehr: Sein Großvater besaß eine inzwischen geschlossene Textilfabrik im Bundesstaat Gujarat, durch die er, nach eigener Aussage, als Kind streifte. In Gujarat, in einer Textilfabrik, deren Bauch Jain erst nach 45 Minuten verlässt, entstand „Machines“. Etwa zwei Drittel des Films sind eine Symphonie, im Sinne von Chaplins „Moderne Zeiten“, Walther Ruttmanns „Berlin – Die Symphonie der Großstadt“ oder von Joris Ivens’ Filmen. Man könnte die ästhetischen Bilder als Romantisierung, als dem westlichen Auge angepassten Armuts-Voyeurismus missverstehen, wäre da nicht das dritte Drittel. Jain führt Interviews mit Arbeitern, mit einem unbenannten Aktivisten, der sich für Gewerkschaften ausspricht, mit dem Chef der Fabrik. Unmenschliche Arbeitsbedingungen, perverse Niedriglöhne, die Torpedierung von Gewerkschaften treffen auf einen Boss, der, während er sein Handy dreht und wendet, Ansichten postuliert wie: „Nur mit einem leeren Magen arbeitet ein Arbeiter gut. Wenn er sich Geld zur Seite legen kann, ist ihm die Fabrik egal.“ „Machines“ ist eine Albtraum-Symphonie, ein düsteres Filmgedicht, ein so lyrischer wie politischer Film, eindringliches Dokument moderner Sklavenhaltung im frühindustriellen Gewand. Aber die Systemkritik sickert auch mit den Bildern in den Film; ganz wörtlich etwa in der Szene, in der sich die Arbeiter der Fabrik mit Seife waschen und schrubben, während aus den in der Nähe stehenden, undichten Farbtonnen rote, giftige Farbe sickert und über den Boden fließt, auf dem die Männer barfuß stehen. Oder mit dem Jungen, der an einer langen Walze steht, über die imprägnierte Stoffbahnen laufen. Immer wieder muss er gähnen, immer wieder fallen ihm die Augen zu – mit einem Ruck wacht er auf, schaut kurz in die Kamera. Jains Haltung ist klar: Gewerkschaften sind notwendig. Es braucht unerschrockene Anführer. Gegen Ende des Films wird er in eine Diskussion verwickelt und mit den Politikern verglichen: „Du fragst nach unseren Problemen – und dann gehst du wieder weg!“ Das Dilemma des Dokumentarfilmers wird hier subtil auf den Zuschauer übertragen: Die Stoffe, die in diesen Fabriken produziert werden, sind unsere Kleidung. Wir können entscheiden, wo wir unsere Kleidung kaufen.
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