Den Vorsatz, dass es gerecht zugehen soll, schreiben sich Staaten gern in die Verfassung. In der Realität entpuppt sich dieser Anspruch jedoch meist als frommer Wunsch. Während ein Teil der Weltbevölkerung hungert, leben andere im Überfluss. Doch auch innerhalb der Wohlstandsgesellschaften öffnet sich die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter.
Der Dokumentarist Alex Gabbay fügt der langen Liste realer Ungerechtigkeiten nicht noch weitere Fallbeispiele hinzu, sondern geht in einem eher essayistischen Ansatz der Frage nach, was es mit dem Begriff der „Fairness“ auf sich hat. Handelt es sich bei dem überall beobachtbaren Egoismus um eine durch die Evolution bedingte anthropologische Konstante oder um ein in der Leistungsgesellschaft erlerntes Verhaltensmuster? Und warum sind so viele Menschen bereit, offensichtliches Unrecht zu tolerieren?
Auf der Suche nach Antworten reiste der Autor um den halben Globus und hat mit unterschiedlichsten Experten gesprochen, verhaltenspsychologische Experimente mit Kindern und Affen beobachtet und Kritiker der Globalisierung befragt. Kleinkinder lieben beim Puppenspiel keine Figuren, die fies zu anderen sind. Doch dieses Muster scheint nur von begrenzter Dauer. Ein Test mit Studenten in Norwegen zeigt, dass diese bei einer anonymen Gruppenarbeit am PC durchaus geneigt sind, Kommilitonen zu übervorteilen. Eine Haltung, die bei BWL-Studenten besonders ausgeprägt ist.
Vermutlich hätte die Begriffsklärung der Fairness aus anthropologischer Sicht genügend Material für einen erhellenden Dokumentarfilm hergegeben. Doch Gabbay belässt es nicht dabei, sondern nimmt auch konkrete Ausformungen von Ungerechtigkeit unter die Lupe. Das reicht von den Panama-Papers über das steuerliche Gebaren multinationaler Konzerne bis hin zu Rassismus, Sexismus und dem Kastenwesen in Indien. Außerdem finden sich Porträts mehrere Einzelkämpfer, die in der Manier von David gegen Goliath für mehr Gerechtigkeit streiten. Und dann werden mit Island und Costa Rica auch noch zwei Länder vorgestellt, in denen es etwas gerechter zugehen soll als auf der übrigen Welt.
Trotz seiner erkennbaren eigenen Haltung verzichtet der Film auf jede Form der Eindimensionalität. Und doch übernimmt er sich beim Versuch, den Begriff der Fairness möglichst umfassend zu ergründen. Weniger wäre hier eindeutig mehr gewesen. Abgesehen von einigen atmosphärischen (Landschafts-)Bildern als Intro zu den jeweiligen Schauplätzen ist die Darbietung überdies filmisch nicht sonderlich originell und eine auf Dauer doch eher ermüdende Aneinanderreihung von „Talking Heads“.