Ein schwarzhäutiges Ehepaar aus einem Pariser Vorort adoptiert ein weißes Baby und hat schon bald mit einer Reihe von Vorbehalten zu kämpfen. Die von ausdrucksstarken Darstellern getragene Komödie lebt von der schlichten Idee einer verkehrten Welt, die rassistische Rollenzuschreibungen von Weiß und Schwarz ad absurdum führt. Der vorhersehbare, gleichwohl aber unterhaltsame Film vereint Klamauk und Karikatur mit Gesellschaftskritik und plädiert auf amüsante Weise für mehr Toleranz und Diversität in einer sich verändernden Gesellschaft.
- Ab 12.
Zum Verwechseln ähnlich
Komödie | Frankreich 2016 | 95 Minuten
Regie: Lucien Jean-Baptiste
Kommentieren
Filmdaten
- Originaltitel
- IL A DÉJÀ TES YEUX
- Produktionsland
- Frankreich
- Produktionsjahr
- 2016
- Produktionsfirma
- Nolita Cinema/TF1/UGC/France 2 Cinéma/Nexus Factory/Umedia/Ufund
- Regie
- Lucien Jean-Baptiste
- Buch
- Sébastien Mounier · Marie-Françoise Colombani · Lucien Jean-Baptiste
- Kamera
- Colin Wandersman
- Musik
- Alexis Rault
- Schnitt
- Sahra Mekki
- Darsteller
- Aïssa Maïga (Salimata Aloka) · Lucien Jean-Baptiste (Paul Aloka) · Zabou Breitman (Madame Mallet) · Vincent Elbaz (Manu) · Delphine Théodore (Prune)
- Länge
- 95 Minuten
- Kinostart
- 13.07.2017
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 12.
- Genre
- Komödie
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Heimkino
Schlichte Komödie über Rassismus und Toleranz
Diskussion
„Il a déjà tes yeux“, sagt Paul zu seiner Frau Sali. „Er hat jetzt schon deine Augen.“ Das junge Paar kann sein Glück kaum fassen. Seit Langem wartet es darauf, ein Kind adoptieren zu können, und dann geschieht alles auf einmal: Das Eigenheim in einem Pariser Vorort ist gekauft, der eigene Blumenladen eröffnet, vom Jugendamt kommt der heißersehnte Bescheid. Benjamin, ein süßer Blondschopf von wenigen Monaten, lächelt Sali und Paul mit seinen großen blauen Augen per Foto entgegen. Pauls Kommentar dazu ist buchstäblich augenzwinkernd. Denn der Clou der Komödie besteht darin, dass sich hier rein gar nichts zum Verwechseln ähnelt.
Die familiären Wurzeln der Adoptiveltern in spe liegen in Martinique und im Senegal. Sali und Paul sind schwarzhäutige Franzosen und alles andere als blond oder blauäugig. Die Sozialarbeiter sind entsprechend aufgeregt: „So herum“ haben sie noch nie ein Adoptionsverfahren begleitet. Ähnlich wie in „Africa Paradis“ (2006) von Sylvestre Amoussou, einem Klassiker der schwarz-weißen Rollenumkehrung, in dem Menschen scharenweise aus dem krisengebeutelten Europa ins wohlhabend-friedliche Afrika flüchten, nähren sich Handlung und Humor in „Zum Verwechseln ähnlich“ vor allem aus dieser an sich schlichten Grundidee der „verkehrten Welt“.
Wenn Sali, Paul und Benjamin bei einem Wochenendausflug in die Normandie plötzlich einem weißen Paar mit schwarzem Kind gegenüberstehen, dann braucht es nichts weiter als dieses Bild, um geläufige europäische Vorstellungen von Schwarz und Weiß und damit die ganze Absurdität der Differenzen zu entlarven. Das nennt man einen komischen Kontrast, quasi eine Garantie für Lacher im Komödiengeschäft, was die Inszenierung weidlich ausreizt.
Die Frage, warum man im Kino über diese Bilder lacht, nicht aber zwangsläufig auch im realen Leben, trifft den Kern des Problems. Madame Mallet, die bei der neuen Familie im Auftrag des Jugendamts nach dem Rechten sieht und über die abschließende Zustimmung zur Adoption entscheidet, ist ein pointiertes Beispiel dafür. Sie weist strikt jeden Vorwurf zurück, dass sie Vorbehalte habe. Doch wenn ihr die Angelegenheit wirklich geheuer wäre, würde sie Paul und Sali keine unangemeldeten Besuche abstatten und verfängliche Fragen stellen.
Dass an schwarzen Paaren mit weißem Baby so wenig verkehrt ist wie an der Adoption schwarzer Babys durch weiße Paare, ist von Anfang an die Botschaft des Films. Wie in „Triff die Elisabeths“ (fd 39 645) versteht es der Regisseur und Schauspieler Lucien Jean-Baptiste auch hier, Klamauk und Karikatur geschickt mit Gesellschaftskritik zu paaren. Auf die Großstadtfamilie, die als einzige schwarze Familie in den Alpen Urlaub macht, folgt nun nicht nur eine humorige Unterhöhlung des latenten Rassismus, sondern, wie ein Blick ins Wartezimmer beim Kinderarzt zeigt, auch ein Plädoyer für weniger konventionelle Familienvorstellungen.
Getragen wird der Film von ausdrucksstarken Darstellern: der Regisseur persönlich als frischgebackener Vater, Vincent Elbaz als schräger bester Freund, Zabou Breitman als befangene Jugendamtsmitarbeiterin und insbesondere die hervorragende Aïssa Maïga in der einzigen ernsten Rolle als Mutter des kleinen Benjamins. Dies ermöglicht dem Film durchaus einen Perspektivwechsel, der über die gängigen Muster der Komödie hinausweist. Jean-Baptiste fügt dem schwarzen Filmschaffen in Frankreich damit ein interessantes Puzzleteil hinzu und führt auf unterhaltsame Weise vor, wie Kino nicht nur als Spiegel einer Gesellschaft, sondern zugleich als Ermunterung zu mehr Diversität funktionieren kann.
Kommentar verfassen