Heute sagt man gern: „sei authentisch!“, gemeint ist „Glaubwürdigkeit“: eine Tugend, die als Aufrichtigkeit und Verlässlichkeit des Wesens jeden zieren sollte, für zwei Berufe jedoch überlebensnotwendig ist: den Schauspieler und den Pfarrer. Wenn der Akteur die Rolle nicht überzeugend verkörpern und der Pfarrer den Glauben nicht glaubwürdig verkünden kann, dann bleiben – wie das heute allzu oft der Fall ist – Theater und Kirche leer. Davon erzählt Sylke Enders in ihrer herrlich leichtfüßigen Wie-coacht-man-einen-Pfarrer-Komödie und schenkt Andrea Sawatzki eine in jeder Hinsicht funkelnde Glanzrolle.
Sawatzki als Rebecca: eine wunderbar verpeilte, traumtänzerische, auf ihr Ego-Theater fixierte Schauspielerin, die einfach nicht wahrhaben will, dass sie kein gefragter Bühnenstar mehr ist und gagenfrei in Kellertheatern tingeln muss. Rebeccas Glück: ein Jugendfreund, nun einflussreicher Bischof der evangelisch-lutherischen Kirche in Berlin, engagiert sie, um seinem Sohn Thaddäus Rhetorik-Unterricht zu geben. Denn dieser arme Jungpfarrer Thaddäus predigt seine architektonisch supermoderne Kirche ratzeputz leer. Unter der Fuchtel des karriereorientierten Vaters verkümmerte er zum verklemmten, gehemmten, lebensfremden Wesen, das nun unter Rebeccas Regiment, konfrontiert mit Stadtviertel-Alltag, tragischen Schicksalen und wahrer Liebe, reifen darf. Er braucht ja keine Rhetorik-Tricks, sondern Lebensreife.
Eine Komödien-Konstellation, die sich wie ein Strauß bunter Blumen entfaltet. Sylke Enders und Drehbuchautorin Edda Leesch suchen thematisch und inszenatorisch nicht nach dem Abgründigen oder Exzentrischen, sie tun gut daran, im Umkreis des Liebenswürdigen und lebensphilosophisch Nachdenklichen zu bleiben. So steuert diese Komödie der Lebenslektionen mit pointierten Dialogen und immer spürbarer Fabulierlust auf ein Finale zu, das Thaddäus die dringend benötigte Lebenserfahrung und dann eben auch seine Glaubwürdigkeit als Pfarrer zuteilwerden lässt.