Eine bayerische Bäuerin kann es nicht lassen. Obwohl ihre Familie schon lange darunter leidet, sucht sie immer wieder neue Ärzte auf, die ihre Sorgen um ihre Tochter, die unter Kopfschmerzen, Wachstums- und Sehstörungen leidet, jedoch nicht ernst nehmen wollen. Gerade weil ihren beiden älteren Kindern nichts fehlt, ist ihr die Fülle an Symptomen bei ihrer Tochter ein Rätsel. Die Mediziner verzichten auf elementare Untersuchungen und wählen eine Diagnose, die keiner weiteren Überlegungen bedarf: Die Ursache liege im psychosomatischen Stress der verfrühten Einschulung, schließlich habe doch auch der Schwiegervater Selbstmord begangen.
Mit dieser simplen Schlussfolgerung will sich die resolute Kämpferin aber nicht abfinden. Sie besorgt sich medizinische Bücher, findet Erkrankungen, die zum Leidensweg ihrer Tochter passen, und erreicht mit ihrer Beharrlichkeit, dass nach sechs Jahren eine Endokrinologin endlich eine fatale Diagnose stellt. Der Kopftumor kann jetzt nur noch von einem Spezialisten in New York operiert werden. Vor Ort bietet man der schlecht Englisch sprechenden Bäuerin allerdings nur einen Termin in einem halben Jahr an. Das will sich die resolute Frau nicht bieten lassen und passt den Chirurgen im Vorbeigehen ab, um ihren Fall tränenreich zu schildern und seine Zusage unter Übernahme sämtlicher Kosten zu erreichen. Nach all den Hindernissen droht die Operation dann aber doch noch zu scheitern.
Hans Steinbichler wählt für dieses als Fernsehfilm konzipierte Drama nach einem authentischen Fall den Rahmen eines Gerichtsfilms. Und das gleich zweifach. Die eine Verhandlung richtet sich rückblickend gegen die Ärzte, die mit ihren Fehldiagnosen die nötige Behandlung verhindert haben. Der zweite Prozess reicht zeitlich noch weiter zurück, in die Kindheit der Bäuerin, die nach einer brutalen Vergewaltigung den Täter vor Gericht identifizierte, obwohl selbst ihre Eltern es ablehnten, den Schuldigen zu benennen. Zwischen diesen Strängen springt die auf einen sanften Realismus setzende Handlung mitunter etwas unmotiviert hin und her. Dazwischen schiebt Steinbichler Szenen einer trotz des harten Arbeitsalltags glücklichen Ehe. Wegen der ominösen Krankheit der Tochter beginnt die Beziehung der Eheleute aber allmählich zu bröckeln, auch weil nicht zuletzt die Schwiegermutter die Gunst der Stunde nutzt, um ihren Sohn von der scheinbar übertrieben reagierenden Gattin zu entfremden.
Rosalie Thomass ist die perfekte Wahl für diese zwar ihrem bodenständigen Milieu verhaftete, aber unter Druck über sich selbst hinauswachsende Figur, die zum zweiten Mal in ihrem Leben gegen ein ihr feindlich gestimmtes Umfeld rebelliert. Sie schafft den Spagat, ihre Rolle emotional aufzuladen, ohne die Untiefen des Kitschs zu streifen. Kein großer Wurf, aber dank der überzeugenden Darsteller und einer über den Fernsehdurchschnitt hinausreichenden Inszenierung eine stimmige Feier des unbeirrten Widerstands gegen ignorante und selbstgefällige Autoritäten.