Miniserie über eine lokalpolitische Affäre in Yonkers, New York in den 1980er- und frühen 1990er-Jahren. Beruhend auf dem gleichnamigen Sachbuch, verfolgt die Serie die Querelen um ein Gerichtsurteil, das die Stadt verpflichtet, Sozialwohnungen, die vornehmlich von Schwarzen und Latinos genutzt werden, in traditionell "weißen" Vierteln zu errichten. Im Mittelpunkt steht ein junger Stadtrat, der sich zunächst populistisch von den Aversionen des Mittelstands gegen das Projekt ins Bürgermeisteramt hieven lässt, dann aber seinen Kurs ändert und zu dessen Fürsprecher wird. Als elliptische Chronologie der über mehrere Jahre verfolgten Ereignisse durchleuchtet die Serie politische Prozesse im Mikrokosmos einer Stadt, setzt sich damit auseinander, wie mit oder gegen die Angst vor Überfremdung Politik gemacht wird und fasziniert dabei mit eindringlichen, glaubwürdigen Charakterstudien von Personen aus dem ganzen sozialen Spektrum.
- Sehenswert ab 16.
Show Me a Hero
Drama | USA 2015 | 345 (sechs Teile) Minuten
Regie: Paul Haggis
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Filmdaten
- Originaltitel
- SHOW ME A HERO
- Produktionsland
- USA
- Produktionsjahr
- 2015
- Produktionsfirma
- HBO/Pretty Pic./Blown Deadline Prod.
- Regie
- Paul Haggis
- Buch
- David Simon · William F. Zorzi
- Kamera
- Andrij Parekh
- Musik
- Nathan Larson
- Schnitt
- Jo Francis · Kate Sanford
- Darsteller
- Oscar Isaac (Nick Wasicsko) · Carla Quevedo (Nay Noe Wasicsko) · Peter Riegert (Oscar Newman) · Jim Belushi (Angelo R. Martinelli) · Alfred Molina (Hank Spallone)
- Länge
- 345 (sechs Teile) Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 0 (Episode 1)
ab 6 (Episode 2
3)
ab 12 (Episode 4-6) - Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 16.
- Genre
- Drama | Historienfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Heimkino
Miniserie über eine lokalpolitische Affäre in Yonkers, New York, in den 1980er-Jahren, bei der es um von Schwarzen und Latinos bewohnte Sozialwohnungen geht, die in den wohlhabenderen Vierteln des weißen Mittelstandes errichtet werden sollen.
Diskussion
Mary Dorman (Catherine Keener) ist, neudeutsch gesagt, eine „Wutbürgerin“, und sie macht ihrem Ärger bei den öffentlichen Stadtratssitzungen in Yonkers, New York, lautstark Luft. Als weiße Mittelklasse-Hausfrau fühlt sie sich betrogen von „denen da oben“. Vor allem von Nick Wasicsko (Oscar Isaac), dem neuen Bürgermeister, der es 1987 mit 28 Jahren geschafft hat, den langjährigen Amtsinhaber Angelo Martinelli abzulösen. In seinem Wahlkampf hatte Nick versprochen, gegen das zu kämpfen, wogegen auch Mary aufbegehrt: gegen die gerichtlich verordneten sozialen Wohnungsbauprojekte, durch die mitten in den „weißen“ Vierteln Häuser für Schwarze und Latinos entstehen sollen, um gut zwanzig Jahre, nachdem die Rassentrennung in den USA offiziell beendet ist, auch Schluss zu machen mit der realexistierenden räumlichen Segregation in Yonkers. Für Mary ein Albtraum, denn sie befürchtet wie viele andere brave Bürger, dass damit die Ghetto-Probleme – Drogen, Gewalt, Verwahrlosung – direkt in ihren gepflegten Vorgarten ziehen. Nick allerdings enttäuscht die in ihn gesetzte Erwartung, gegen das Urteil von Richter Sands zu Felde zu ziehen, das die Stadt zur Durchführung der Bauprojekte verpflichtet.
„Show Me a Hero“ spielt in den späten 1980er- und frühen 1990er-Jahren – ein „peroid piece“, das trotz entsprechender Kostüme und viel Bruce Springsteen im Soundtrack beängstigend aktuell wirkt. Wobei man nicht nur an die gegenwärtigen gewalttätigen Konflikte um den immer noch nicht überwundenen Rassismus in den USA denken muss; Mary Dorman kann man sich auch als AfD-Wählerin vorstellen (die sich allerdings im Lauf der Serie von der wachsenden Aggressivität ihrer Mitstreiter immer mehr abgestoßen fühlt und ihr Engagement für eine harmonische Nachbarschaft in konstruktivere Bahnen lenkt). Den Stoff für diese zeitlos wirkende Studie über die Angst vor „Überfremdung“ und darüber, wie mit oder gegen diese Angst Politik gemacht werden kann, lieferte Autor David Simon die Realität: Die HBO-Miniserie, mit der Simon ähnliche Qualitäten beweist wie mit seiner Krimiserie „The Wire“, beruht auf Lisa Belkins gleichnamigem Sachbuch. Der Titel spielt an auf F. Scott Fitzgeralds Diktum „Show me a hero and I will write you a tragedy“. Letzteres vermeiden allerdings sowohl das Skript als auch die Regie; vielmehr inszeniert Paul Haggis die Serie als nüchterne, elliptisch aufgerollte Chronologie eines Stücks Kommunalpolitik, das in den USA weit über die Stadtgrenzen hinaus für Aufsehen sorgte.
Was für Mary ein Zeichen von Rückgratlosigkeit ist, ist für Nick Wasicsko ein Hineinwachsen in seine Verantwortlichkeit als Stadtoberhaupt: Nachdem sich der junge Stadtrat von der Stimmungsmache gegen die Sozialwohnungen populistisch ins Amt hieven ließ, merkt er als Bürgermeister bald, dass sich damit keine Politik zum Wohl der Stadt machen lässt. Das Urteil von Richter Sands ist nicht mehr anfechtbar, und die Geldstrafen, die fällig wären, sollte sich Yonkers weiter gegen dessen Umsetzung wehren, könnten die Stadt in Kürze in den Ruin treiben. Also schwenkt Nick um und setzt alles daran, um die Bauprojekte im Stadtrat so zügig wie möglich auf den Weg zu bringen. Und wird damit zum unfreiwilligen „Märtyrer“ der Desegregation, der vom gutbürgerlichen Mob angespuckt und wüst bedroht wird. Das bringt ihm das Lob der überregionalen liberalen Presse ein. Für Wasicskos Chancen auf eine Wiederwahl als Bürgermeister und eine politische Karriere in Yonkers ist sein Engagement freilich fatal.
Er habe „mit nur 28 Jahren durch seine Amtsführung und seine unerschütterliche Unterstützung für das Recht von Minderheiten und die Armen politischen Mut demonstriert in einer leidenschaftlichen Debatte, die die Stadt spaltete“ – so hieß es 1991 in der Begründung zur Nominierung Wasicskos für den John F. Kennedy Profile in Courage Award (die in der Serie auch erwähnt wird). Als noblen Helden porträtiert „Show Me a Hero“ Nick Wasicsko aber nicht; vielmehr spielt ihn Oscar Isaac, der für seine Glanzleitung mit einem „Golden Globe“ geehrt wurde, als gerade in ihren Fehlbarkeiten eindringliche und glaubwürdige Figur, der es eigentlich mehr um die eigene Karriere als um einen idealistischen Kreuzzug geht, die aber trotzdem die Charakterstärke aufbringt, in einer explosiven Situation das für die Stadt einzig Vernünftige durchzuboxen. Die Serie bettet ihn ein in ein breit aufgestelltes Ensemble, das von der Polit-Elite bis hin zur schwarzen Teenage-Mom das ganze Panorama derer umspannt, die von dem Konflikt in Yonkers betroffen waren. Simons Skript und Haggis’ Inszenierung liefern damit eine differenzierte, fesselnde Studie politischer Prozesse im Mikrokosmos einer Stadt – die zugleich dank bravouröser Charakterstudien einen mitreißenden emotionalen „Drive“ entwickelt.
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