Aus dem Rauchpilz einer Rakete wird per Überblendung ein Martini-Kelch, aus der Trommel eines Revolvers ein edles Teeservice, aus Bomben, die ein Flugzeug abwirft, ein Diamantcollier – die Synthese aus Glamour und Krieg, die der Vorspann der Miniserie präsentiert, verbreitet ein gewisses Bond-Feeling. Und die Episoden lösen das durchaus ein: Susanne Biers Verfilmung von John Le Carrés gleichnamigem Roman verbindet Agenten-Suspense mit einer Jetset-Atmosphäre, die eines 007 durchaus würdig wäre. Im Kontext der Story wirkt die stylische Oberfläche dieser Titelsequenz dann allerdings fast wie eine Bebilderung des Zynismus des »Bad Guy«: Der Waffenhändler Richard Roper (Hugh Laurie) scheffelt als »Händler des Todes« das Geld, mit dem er sich als eleganter Lebemann inszeniert und Annehmlichkeiten wie eine Privatinsel, eine junge Geliebte und eine Entourage williger Handlanger finanziert. Falls Roper, den jemand zu Anfang als »schlechtesten Menschen der Welt« bezeichnet, jemals so etwas wie ein Gewissen hatte, dann muss das schon ziemlich lange her sein; wem er seine Waffen verkauft und was derjenige damit tut, könnte ihm nicht gleichgültiger sein. Angela Burr, der Leiterin einer Unterabteilung des MI6, ist es nicht gleichgültig. Und darin findet sie einen Seelenverwandten in einem jungen Mann namens Jonathan Pine, der zu Beginn als Nachtmanager in Luxushotels arbeitet. Indirekt bekommt es Pine zum ersten Mal mit Roper zu tun, als eine schöne Frau in dem Hotel in Kairo, in dem Pine des Nachts hinter der Rezeption steht, ermordet wird: Sophie war dabei, einen dubiosen Deal auffliegen zu lassen, den Roper während des Arabischen Frühlings mit dem Zögling eines mächtigen ägyptischen Clans abschließen wollte; sie zog Pine dabei ins Vertrauen und wurde seine Geliebte. Der aufgestaute Groll über den Tod der mutigen Frau motiviert Pine, sich von Angela Burr als Undercover-Agent anwerben zu lassen, als er vier Jahre später in einem Hotel in den Alpen zufällig wieder Ropers Weg kreuzt. Pine lässt sich eine falsche Identität verpassen und in den »inner circle« Ropers einschleusen, um nach Beweisen für dessen illegale Machenschaften zu suchen. Dabei ist er bald auf sich alleingestellt: Sollte er auffliegen, kann ihm Angela kaum Rückendeckung geben, da sie selbst alle Hände voll damit zu tun hat, Pines Mission innerhalb der Strukturen des MI6 und des Innenministeriums geheim zu halten – denn dort sitzen längst Leute, die mit Roper unter einer Decke stecken.
Le Carrés Roman erschien schon 1993; Susanne Bier und Drehbuchautor David Farr haben ihn in die Gegenwart geholt, ohne dabei jedoch allzu große Änderungen vornehmen zu müssen: Der Stoff um illegale Waffengeschäfte wirkt nach wie vor aktuell; ein zeitgenössisches Thema wie der Arabische Frühling lässt sich da nahtlos einfügen, und dass Pines MI6-Kontakt hier mit einer Frau statt mit einem Mann besetzt ist, setzt als Reminiszenz an veränderte Rollenbilder einen schönen Akzent, ohne die Vorlage jedoch groß zu verändern. Obwohl die Serie an diversen schauträchtigen Schauplätzen spielt und dabei nicht mit schönen Kulissen geizt – von Kairo bis Südengland, von der Schweiz bis Mallorca – lässt sich die Dramaturgie nicht davon ablenken, dass der Kern der Story vor allem ein psychologisches Katz-und-Maus-Spiel ist: Pine und Burr müssen versuchen, ihre Gegner auszutricksen und sich selbst nicht in die Karten schauen zu lassen, während sie ihre Ermittlungen vorantreiben; das Ganze wird für sie zum lebensbedrohlichen Spiel der Täuschungen innerhalb völlig korrupter Strukturen, in denen jeder falsche Schritt, jedes zu leichtfertig geschenkte Vertrauen tödliche Konsequenzen haben kann. Wobei die hervorragende Besetzung beste Arbeit leistet, angeführt von Tom Hiddleston als aufrechtem, zugleich aber undurchschaubarem Held sowie von Hugh Laurie als skrupellosem, aber umso charismatischerem Bösewicht.