99 Homes - Stadt ohne Gewissen

Drama | USA 2014 | 103 Minuten

Regie: Ramin Bahrani

Ein junger Bauarbeiter in Florida verliert durch die Rezession seinen Beruf und sein Haus. In seiner Verzweiflung, seiner Familie kein Dach über dem Kopf mehr bieten zu können, gerät er unter den Einfluss eines cleveren, von Mitgefühl unangefochtenen Immobilienmaklers. Ein sensibel recherchiertes, außergewöhnlich stimmiges Drama über die sozialen Konsequenzen der Wirtschafts- und Hypothekenkrise. Durch fast dokumentarische Kamerafahrten und die Besetzung von Nebenrollen mit Laien knüpft der Film an die Humanität des Neorealismus an, während die hervorragend gespielten Hauptfiguren ein gleichnishaftes Gefecht um die Schuldverstrickungen in einem gewissenlosen System austragen. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
99 HOMES
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2014
Produktionsfirma
Broad Green Pic./Hyde Park Ent.
Regie
Ramin Bahrani
Buch
Ramin Bahrani · Amir Naderi
Kamera
Bobby Bukowski
Musik
Antony Partos · Matteo Zingales
Schnitt
Ramin Bahrani
Darsteller
Andrew Garfield (Dennis Nash) · Michael Shannon (Rick Carver) · Laura Dern (Lynn Nash) · Tim Guinee (Frank Greene) · Noah Lomax (Connor Nash)
Länge
103 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Drama
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
EuroVideo (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
EuroVideo (16:9, 2.35:1, dts-HDMA engl./dt.)
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Ein sensibel recherchiertes Drama über die sozialen Konsequenzen der Wirtschafts- und Hypothekenkrise anhand des Schicksals eines jungen Bauarbeiters aus Florida, der Beruf und Haus verliert, und sich einem skrupellosen Immobilienmakler andienen muss.

Diskussion
Wer wissen will, warum sich viele Amerikaner, unter ihnen vor allem junge Menschen, im Vorfeld der US-Präsident­schaftswahlen für Bernie Sanders begeistern – einen Mann, der sich selbst einen verärgerten Sozialisten nennt –, der sollte sich diesen Film ansehen. Nicht zufällig stammt »99 Homes« von einem Sohn iranischer Einwanderer, dessen Interesse als Filmemacher jenem Teil der USA gehört, den F. Scott Fitzgerald in »The Great Gatsby« die »valleys of ashes« genannt hat. Wie alle Filme Ramin Bahranis handelt auch dieser von den Schattenseiten des »Landes der unbegrenzten Möglichkeiten« und von Menschen, deren Existenz ohne eigenes Verschulden am Rande des Zusammenbruchs angelangt ist. Im Vordergrund steht das immense Gefälle zwischen Reichen und Armen und die sozialen Konsequenzen eines politischen und wirtschaftlichen Systems, das den Eindruck hinterlässt, als sei dieses Land nichts als eine »Nation von Gewinnern für Gewinner«, ohne das geringste Interesse, den Verlierern wieder auf die Beine zu helfen, wie es an einer Stelle des Films heißt. Es geht in »99 Homes« um einen All-American-Hero (Andrew Garfield), einen fleißigen Bauarbeiter im Sonnenstaat Florida, der in der Wirtschaftskrise der jüngsten Vergangenheit Job und Haus verliert und in seiner Verzweiflung, seiner Familie kein Dach über dem Kopf mehr bieten zu können, unter den Einfluss eines cleveren, von Mitgefühl unangefochtenen Immobilienmaklers (Michael Shannon) gerät. Während die Dinge um ihn herum von Tag zu Tag schlechter werden, tappt er in die Falle des Erfolgs um jeden Preis. Von ihm selbst zunächst unbemerkt, wenn auch widerwillig, wird er darüber zu einer Art Faust-Figur, indem er sich mit Haut und Haar an den Vollstrecker einer gewissenlosen, nur am eigenen Wohlstand interessierten Philosophie verkauft. Mit derselben insistierenden Genauigkeit, mit der Bahrani in seinen früheren Filmen seine »Helden« durch die frühmorgendlichen Straßen von Manhattan (»Man Push Cart«), die Schrottplätze von Queens (»Chop Shop«), das nächtliche North Carolina (»Goodbye Solo«) und den Mais-Gürtel Amerikas (»At Any Price«) begleitet hat, verfolgt er diesmal den Weg eines »kleinen Mannes«, der sich in den Fallstricken einer über ihn mit schicksalhafter Kraft hereinbrechenden Krise verfängt. Bahrani hat die Auswirkungen der Wirtschaftskrise monatelang vor Ort recherchiert und sich durch das im Vergleich zu seinen früheren Filmen etwas höhere Budget nicht dazu verlocken lassen, auf seinen ganz an den realen Gegebenheiten orientierten Stil zu verzichten. Auch hier gibt er nicht auf, Nebenrollen mit Laien zu besetzen und Szenerien nicht nachzubauen, sondern mit seiner Crew an den Ort der Ereignisse zu gehen und die Wirklichkeit sich selbst spielen zu lassen. Den größten Teil des Films hat er mit einer Steadicam gedreht, die den Personen auf Schritt und Tritt folgt. Schon die Anfangsszene ist ein Beispiel dafür, wie es Bahrani versteht, das Publikum in das Geschehen zu involvieren: Die Handkamera nimmt quasi die Position des Zuschauers ein und folgt einer irritierenden Räumungsaktion in einer ununterbrochenen Einstellung durch das ganze Haus. Man fühlt den Zorn und die Hilflosigkeit der Menschen, die ihre Bleibe innerhalb weniger Minuten verlassen müssen, geradezu körperlich. Man hat Bahrani einen Veristen genannt, und tatsächlich geht seine Faszination fürs Filmemachen auf Vorbilder wie De Sica, Rossellini und (aus dem Herkunftsland seiner Ahnen) Abbas Kiarostami zurück. Seine Filme wirken im Umfeld Hollywoods wie Fremdkörper, obwohl sie sich mit nichts anderem als der Wahlheimat Bahranis beschäftigen. »99 Homes« demonstriert mit letzter Konsequenz, wie ein System, das in wirtschaftlichen Blütezeiten für die Beteiligten funktioniert, in unvorhergesehenen Situationen missbraucht und für die Schwächsten der Versorgungskette zum gelebten Albtraum werden kann. Die Wirtschaftskrise als moralische Krise, könnte der Untertitel des Films lauten. Bahrani und seine hervorragenden Schauspieler haben sie mit solcher Ungeschöntheit dargestellt, dass sie erleben mussten, wie Verleiher vor ihrem Film zurückschrecken und das US-Publikum ihn meidet. Filme, die einem die Augen öffnen, sind noch nie beliebt gewesen.
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