Ein neuer Tag beginnt im Mumintal und spült ein bisschen Aufregung in Gestalt einer Handvoll Piraten an Land. Als abends wieder Ruhe einkehrt, stechen Mumin, seine Eltern und Snorkfräulein einer spontanen Sehnsucht folgend in See. Ihr Ziel: ein mondäner Badeort an der Riviera, an dem sich die Schönen und Reichen in der Sonne räkeln. Schon bald wird der Familienzusammenhalt auf die Probe gestellt. Kinderanimationsfilm nach den klassischen Mumin-Bilderbüchern, schlicht im Auftreten, fantasievoll und pointiert, erfrischend unspektakulär und entschleunigt. Abgesehen von spielfilmgerecht aufgearbeiteten Hintergründen sowie einer schönen Farbdramaturgie gibt er den Charme und den feinen Humor der Figuren nahezu unverändert wider.
- Ab 6.
Mumins an der Riviera
Animation | Finnland/Frankreich 2014 | 85 Minuten
Regie: Xavier Picard
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Filmdaten
- Originaltitel
- MUUMIT RIVIERALLA
- Produktionsland
- Finnland/Frankreich
- Produktionsjahr
- 2014
- Produktionsfirma
- Handle Prod./Pictak
- Regie
- Xavier Picard · Hanna Hemilä
- Buch
- Leslie Stewart · Annina Enckell · Hanna Hemilä · Xavier Picard · Beata Harju
- Musik
- Panu Aaltio · Jean De Aguiar · Anna-Karin Korhonen · Timo Lassy · Milla Viljamaa
- Schnitt
- Thomas Belair
- Länge
- 85 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 0
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 6.
- Genre
- Animation | Familienfilm
- Externe Links
- IMDb
Heimkino
Diskussion
Ein neuer Tag beginnt im Mumintal. Wie immer hält er eine Überraschung für die Mumintrolle und ihre Freunde bereit. Das ist bereits seit rund 70 Jahren so, und so soll es auch diesmal geschehen. 1945 erweckte die finnische Autorin und Malerin Tove Jansson die niedlichen Fabelwesen erstmals in einem Buch zum Leben und schuf in den folgenden Jahrzehnten in vielen Büchern und Comics einen ganzen Mumin-Kosmos, der nicht nur Kinder weltweit in den Bann schlug. Heute gibt es Mumin-Theaterstücke, Mumin-Fernsehserien, einen Mumin-Freizeitpark, eine ganze Heerschar an Mumin-Merchandising-Artikeln und auch ein paar Spielfilm-Adaptionen.
„Die Mumins an der Riviera“ ist der neueste Versuch, Janssons Troll-Universum im Medium Film gerecht zu werden und zugleich die erste eigenständige Verfilmung des Stoffs, basierten doch die vorherigen Adaptionen entweder auf Zusammenschnitten einer TV-Serie („Die Mumins – Verrückte Sommertage im Mumintal“, 2008; „Die Mumins auf Kometenjagd“, (fd 40 879), 2010) oder bildeten das Prequel einer Anime-Serie („Der Komet im Muminland“, (fd 30 094), 1992). Ein neuer Tag beginnt im Mumintal und spült ein bisschen Aufregung in Gestalt der Schwestern Mymla und Kleine My, gefolgt von einer Handvoll Piraten, an Land. Als abends wieder Ruhe eingekehrt ist, stechen Mumin, seine Eltern und Snorkfräulein einer spontanen Sehnsucht folgend in See. Als blinder Passagier mit an Bord ihres Segelboots ist die krawallige Kleine My. Ihr Ziel: ein mondäner Badeort an der Riviera, an dem sich die Schönen und Reichen aus Snorkfräuleins Magazinen in der Sonne räkeln.
Luxus und Glamour bekommen den Mumins allerdings nicht gut. Schon bald wird der Familienzusammenhalt auf die Probe gestellt. Snorkfräulein schmachtet einem hirnlosen Schönling hinterher, Mumin schäumt vor Eifersucht, Muminpapa nennt sich nur noch vornehm „de Mumin“ und gibt den adeligen Lebemann. Nur Muminmama, immer freundlich, immer herzlich, bleibt ganz bei sich, pflanzt Blumen und wartet geduldig, dass die anderen sich besinnen.
Schlicht im Auftreten, aber doch fantasievoll und pointiert, eben wie die Mumin-Comics, die Tove Jansson und ihr Bruder Lars für Tageszeitungen entwarfen und die diesem Film zugrunde liegen, präsentieren sich „Die Mumins an der Riviera“. Anlässlich des 100. Geburtstags von Tove Jansson 2014 entstanden, sollte die finnisch-französische Produktion ganz im Geiste der Schöpferin stehen und griff unter der Regie von Xavier Picard in handgezeichneten Bildern den reduzierten Stil des schwarz-weißen Originals auf. Abgesehen von spielfilmgerecht aufgearbeiteten Hintergründen und Perspektiven sowie einer schönen Farbdramaturgie, die mit Signalfarben arbeitet, gibt der Film den Charme der Figuren tatsächlich nahezu unverändert wider.
Auch die Handlung kommt erfrischend unspektakulär und entschleunigt daher. Anstatt mit pompöser Geste treffen präzise inszenierte kleine Momente der Angeberei, Blasiertheit und geistigen Leere an der Riviera auf den Freundschaftssinn und die Nächstenliebe der Mumins. Die rundlichen Geschöpfe aus dem grün-blauen Mumintal fallen in dem gleißend sonnengelben Urlaubsort mit all seinen spitznasigen Bewohnern nicht nur visuell aus dem Rahmen. Mit Geld und dem dortigen Konzept von Reichtum können sie letztlich nichts anfangen und genießen das pralle Leben gemäß Tove Janssons Motto, das zu Beginn des Films Muminpapa in den Mund gelegt wird: „In Frieden leben, Kartoffeln pflanzen und träumen.“
Während die Kleine My mit an Bösartigkeit grenzender Ehrlichkeit als anarchisches Element menschliche Verhaltensweisen entlarvt, vertreten die Mumins selbst kindliche Lebensfreude, beharrlichen Antikapitalismus und ideelle Werte. Die eindeutige Botschaft dieser bewegten Fantasiewelt spricht bereits jüngste Zuschauer an, ohne sie mit zu viel Handlung und Dramatik zu überrollen. Generationenübergreifend bereiten vor allem die punktgenauen Zeichnungen und der feine Humor dieses ausgefeilten Films viel Freude.
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