Todos están muertos

Drama | Mexiko/Spanien/Deutschland 2014 | 93 Minuten

Regie: Beatriz Sanchis

Nach dem Tod ihres Bruders hat sich eine einst gefeierte Rock-Sängerin in ihre Wohnung in Madrid zurückgezogen. Ihre alte mexikanische Mutter kümmert sich um den Haushalt und bittet eine Wunderheilerin, den Toten ins Leben zurückzurufen, um die Schockstarre ihrer Tochter aufzubrechen. Der kraftvoll inszenierte, überzeugend gespielte Debütfilm verbindet mit übersprudelnder Fantasie auf mehreren Zeit- und Ortsebenen Melodram, Komödie und magischen Realismus zu einer bewegenden Geschichte um jugendliche Identitätsfindung und dunkle Geschwisterliebe. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
TODOS ESTÁN MUERTOS
Produktionsland
Mexiko/Spanien/Deutschland
Produktionsjahr
2014
Produktionsfirma
Avalon/Animal de Luz Films/Cacerola Films/Integral Film/Cine Plus/TVE
Regie
Beatriz Sanchis
Buch
Beatriz Sanchis
Kamera
Álvaro Gutiérrez
Musik
Akrobats
Schnitt
Nacho Ruiz Capillas
Darsteller
Elena Anaya (Lupe) · Nahuel Pérez Biscayart (Diego) · Angélica Aragón (Paquita) · Cristian Bernal (Pancho) · Patrick Criado (Víctor)
Länge
93 Minuten
Kinostart
29.10.2015
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Drama | Komödie
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IMDb | TMDB

Kraftvoller inszenierter Debütfilm als Mischung aus Melodram, Komödie und magischen Realismus

Diskussion
„Fast jedem würde es gefallen, wenn seine Mutter ein Rockstar wäre. Aber sie haben meine Mutter noch nicht kennengelernt“, erzählt Pancho aus dem Off seinem toten Vater. Denn der pubertierende Jugendliche kann mit seiner Mutter nur wenig anfangen, einer ebenso gehetzt wie apathisch wirkenden Frau, die im Bademantel durch das Haus schlurft und Apfelkuchen backt. In den 1980er-Jahren war Lupe ein Rockstar der Madrider Movida und feierte gemeinsam mit ihrem Bruder Diego unter dem Namen „Groenlandia“ große Erfolge. Bis zu dem schweren Verkehrsunfall, bei dem ihr Bruder zu Tode kam. Seither will sie das eigene Haus nicht mehr verlassen. Panchos Großmutter Paquita hält deshalb den Haushalt am Laufen; im Grunde war sie für Pancho seit dessen Geburt Mutter und Vater zugleich. Madrid 1996: Graue Vororte, die nur wenig mit den Bonbonfarben der „movida“, der Madrider Jugendpopkulturbewegung nach Ende der Diktatur, zu tun haben. In ihrem Debütfilm führt die spanische Regisseurin Beatriz Sanchis zwei Zeiten und drei Generationen zusammen. Denn Pancho weiß sehr wenig über seine Familie; allerdings ahnt er, dass Paquitas Tage gezählt sind. Wohl auch deshalb versucht die Großmutter alles, um ihre Tochter wieder dazu zu bringen, Verantwortung für ihr Leben und das ihres Sohnes zu übernehmen. Dafür ist ihr jedes Mittel recht; so soll eine befreundete Wunderheilerin Diego aus dem Jenseits zurück ins Leben rufen. Der kehrt dann auch tatsächlich zurück, allerdings kann ihn nur Lupe sehen; Paquita muss erst Drogen nehmen, um mit ihm reden zu können. Bedingt durch Diegos Anwesenheit, erwacht Lupe aus ihrer inneren Erstarrung. Pancho sucht derweil neue Orientierung in seinem jungen Leben; er möchte kein Sänger von Pfadfinderliedern mehr sein. Stattdessen ist er von Victor fasziniert, einem jungen Gitarristen, der allerdings nur an Lupe und ihrer Legende interessiert ist. Das alles klingt chaotisch, und ist es auch, doch die Inszenierung schafft es, dem emotionalen und narrativen Durcheinander Struktur und vor allem Tiefe zu geben. In „Todos están muertos“ (zu Deutsch: „Alle sind tot“) geht es um den Umgang mit der Vergangenheit, um die Bewältigung der Gegenwart und die Frage, was man von all dem mit in die Zukunft nehmen kann. Der Film ist souverän zwischen den unterschiedlichen Orts- und Zeitebenen konstruiert; er fängt die Katerstimmung der späten 1990er-Jahre in Spanien nachdrücklich ein, die Erinnerung an die „Movida“, das euphorisierte Lebensgefühl der frühen 1980er-Jahre sowie die Welt der lateinamerikanischen Immigranten, der mexikanischen Großmutter mit ihrer Bilderwelt von Totenkult, Schamanentum und den „rancheros“, den ländlichen Volksliedern. Die Regisseurin verwebt eine Pubertätsgeschichte mit einer almodóvaresken Familienkomödie und magischem Realismus, jugendliche Identitätsfindung mit dunkler Geschwisterliebe. „Todos están muertos“ handelt von Selbstfindung und Selbstbestätigung, von Tod und Wiederauferstehung, und greift dabei sehr gelungen die Stimmung der ersten Filme Pedro Almodóvars wie „Pepi, Luci, Bom und der Rest der Bande“ (1980) oder von „Arrebato“ (1979, Regie: Iván Zuleta) auf. Es ist ein kraftvolles Debüt, mit überzeugenden Schauspielern, übersprudelnder Fantasie und einer beindruckenden Mischung aus Melodrama, Komödie und magischem Realismus. Am Ende sieht Pancho manches anders und erzählt seinem toten Vater: „Alle wünschen sich doch, dass ihre Eltern Rockstars wären. Denn Rockstars sind ganz besondere Menschen, so wie wir!“
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