Im Sommer wohnt er unten

Tragikomödie | Deutschland/Frankreich 2015 | 100 Minuten

Regie: Tom Sommerlatte

Ein junger Deutscher wohnt mit seiner einheimischen Geliebten und deren sechsjährigem Sohn im Ferienhaus seiner Eltern an der französischen Atlantikküste. Das idyllische Zusammensein wird jäh unterbrochen, als sein älterer Bruder mit seiner Frau eine Woche früher als angekündigt auftaucht und sich neben dem schon lange schwelenden Bruderzwist neue Beziehungskonflikte anbahnen. Mit Anklängen an die „Berliner Schule“ inszenierter Debütfilm, dessen unausgereiftes Drehbuch nur teilweise durch die authentischen, unverbrauchten Darsteller aufgehoben wird. - Ab 16.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland/Frankreich
Produktionsjahr
2015
Produktionsfirma
Osiris Media/Osiris Media France
Regie
Tom Sommerlatte
Buch
Tom Sommerlatte
Kamera
Willi Böhm
Musik
Sebastian Kiefer
Schnitt
Anna Kappelmann
Darsteller
Sebastian Fräsdorf (Matthias) · Alice Pehlivanyan (Camille) · Godehard Giese (David) · Karin Hanczewski (Lena) · William Peiro (Etienne)
Länge
100 Minuten
Kinostart
29.10.2015
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Tragikomödie
Externe Links
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Heimkino

Die Extras enthalten u.a. ein Feature mit im Film nicht verwendeten Szenen sowie den Kurzfilm „Auf den Hund gekommen“.

Verleih DVD
EuroVideo (16:9, 2.35:1, DD5.1 frz. & dt.)
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Familiendrama unter konkurrierenden Brüdern im Stil der "Berliner Schule"

Diskussion
„Der muss hier weg. Was denkst du, was Mama und Papa dazu sagen würden, wenn sie wüssten, dass der Kleine hier wohnt!?“ So herrscht David bei seiner Ankunft im elterlichen Ferienhaus seinen jüngeren Bruder Matthias an, der dort mit seiner französischen Freundin Camille und deren Sohn Etienne Urlaub macht. Und schon ist der Grundstein für ein Bruderzwist- und Beziehungsdrama gelegt, das unter südlicher Sonne mit deutscher Gründlichkeit ausgetragen wird. Tom Sommerlatte interessierte „die Hackordnung, die Menschen sehr schnell untereinander ausmachen, das Ausnutzen von Macht und die Unfähigkeit mancher, aus solchen Mustern herauszukommen“. Selbst biografisch vorbelastet durch das Aufwachsen mit elf Geschwistern, orientiert sich sein Spielfilmdebüt mehr am Inszenierungsstil der „Berliner Schule“ (etwa an Maren Ades „Alle Anderen“, 2009, fd 39 348) als an der Leichtigkeit eines Eric Rohmer, der ebenfalls seine Protagonisten ihre (Sommer-)Konflikte austragen ließ. So nimmt es nicht Wunder, dass die französische Atlantikküste um Poitou-Charentes keine visuelle Rolle spielt, Land und Leute außen vor bleiben. Eigentlich könnte der Film irgendwo und nirgendwo spielen. Das Ferienhaus und der Swimmingpool bleiben die einzigen Handlungsorte, in denen sich mit wenig kameratechnischer Finesse ein uninspiriert kopiertes „Savoir vivre“ mit zwischenmenschlichen Zerwürfnissen abspielt: Weil Davids Frau Lena, die sich sehnlichst ein Kind wünscht, gerade ihren Eisprung hat, sind sie eine Woche früher angereist, um die Ferien zur Familienplanung zu nutzen. Doch von Anfang an verbreitet der durch seine Börsen-Zockerei kurz vor der Pleite stehende David schlechte Laune. Nicht nur, dass er Matthias aus „seinem“ Zimmer verdrängt, er verlangt auch, dass Camille ihren Sohn zu seinem leiblichen Vater bringt, damit er ungestört von Kinderlärm seinen Urlaub genießen kann. Sehr zum Leidwesen von Camille kneift Matthias vor dem großen Bruder: Im Sommer muss er nun mal unten im Haus wohnen, wenn Papas Liebling und erfolgreicher Banker anreist und dem Loser Matthias wieder einmal klarmacht, wer das Sagen hat. Camille dagegen bietet dem Yuppie Paroli, geht zum Gegenangriff über und spielt die erotische Komponente aus. Während sie zu einem gemeinsamen Bootstrip aufbrechen, kommen sich Matthias und Lena im Swimmingpool näher. So drängen aus dem Bruderdrama immer deutlicher die Beziehungskonflikte an die Oberfläche. Dabei reicht es nicht, beim gemeinsamen Essen über philosophische Alltagsfragen, Gender-Problematiken und die eigenen Befindlichkeiten zu reden, wenn das Drehbuch die Situationen nicht plausibel zu entwickeln versteht. Dann nimmt man David weder sein hartes „Einsteigen“ ab noch Matthias seine unterwürfige „Weichei“-Reaktion. Dass Camille ihren Sohn dann tatsächlich „aussiedelt“ und mit David die Tage verbringt, wird auch durch ihre subtilen Rache-Gelüste nicht zwingend motiviert. Wenn sie mit Matthias im Schlafzimmer verschwindet, um David zu provozieren, bebildert Sommerlatte das Liebesspiel mit schlecht inszenierten Sexszenen, statt visuell im „Off“ zu bleiben. Nicht nur hier hätte er vom französischen Kino lernen können. Punkten kann er indes mit seiner Darstellerführung und dem Mut, weitgehend unbekannte Schauspieler zu besetzen, die ihren Figuren in Ausstrahlung, Gestik und Mimik durchaus Authentisches verleihen und die Klischees des Drehbuchs damit bisweilen überspielen.
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