Gotthard Graubner - Farb-Raum-Körper

Dokumentarfilm | Deutschland 2014 | 93 Minuten

Regie: Tilman Urbach

Drei Jahre vor seinem Tod erlaubte der Maler Gotthard Graubner (1930-2013), ihn bei der Arbeit in seinem Atelier auf der Museumsinsel Hombroich sowie bei einigen anderen Gelegenheit zu filmen. Das dokumentarische Porträt des Künstlers folgt bei der Betrachtung seines Werks bereitwillig Graubners Credo, dass Reden über Kunst das Sehen behindere, bittet zwischendurch aber Galeristen, Freunde und Weggefährten um Auskunft über den Maler und seine Kunst. Eine gelungene Annäherung an einen Meister des Monochromen. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2014
Produktionsfirma
Modofilm
Regie
Tilman Urbach
Buch
Tilman Urbach
Kamera
Marcus Schwemin
Musik
Johannes Tonio Kreusch
Schnitt
Anja von Ruexleben
Länge
93 Minuten
Kinostart
03.09.2015
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
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Gelungene Annäherung an den Maler Gotthard Graubner (1930-2013)

Diskussion
Was er während der Dreharbeiten gesagt habe, könne der Filmemacher komplett herausschneiden, hört man Gotthard Graubner während der ersten Filmsekunden sagen. Noch ist die Filmleinwand schwarz, und der Maler gibt seinem Ideal Ausdruck: „Man müsste einen Film ohne Worte machen.“ Den hat Tilman Urbach zwar nicht gedreht, aber tatsächlich spricht der Künstler darin wenig; meistens sieht man ihm bei der Arbeit zu. Der Protagonist des Künstlerfilms „Gotthard Graubner – Farb-Raum-Körper“ starb im Mai 2013 kurz vor seinem 83. Geburtstag. Im Sommer 2010 ließ Graubner das Filmteam in sein Atelier auf der Museumsinsel Hombroich in Neuss, wenig später durfte ihn Urbach auch zu einer Galerieausstellung nach Paris und zu Aufbauarbeiten im Josef-Albers-Museum in Bottrop begleiten. Der 1930 in Erlbach im Vogtland geborene Künstler, der stets mit Hut, Krawatte, Anzug und Taschenuhr an die Öffentlichkeit trat, war mehr als ein Maler von Bildern. Statt auf plane Leinwände trug er die Farbe auf eine Perlongewebespannung auf, flache Kissen, die Graubner „Farbkörper“ nannte. Um seine sanft um einen jeweiligen Grundton oszillierende Farbenkammermusik zu erzeugen, verzichtete er meist auf Pinsel und tupfte Acrylfarben mit Schwämmen auf den Untergrund. Zwischen 1948 und 1954 lebte und studierte Graubner in Dresden. Dann verließ er die DDR und zog nach Düsseldorf. Seine „deutsch-deutsche“ Vergangenheit verbindet ihn mit Gerhard Richter und Georg Baselitz, deren überwiegend gegenständliches Werk Politik und Lebensumstände weit deutlicher spiegelt, als dies bei Graubner der Fall ist. Graubner, ein sehr introvertierter Mensch, interessierte sich nicht für Figurationen, sondern für die reine Farbe. Die Farbschleier und Klänge, aus denen seine Bilder gewebt sind, scheinen sich mit jedem Lidschlag und jedem Wiedersehen zu verändern. Insofern haben die Gemälde durchaus etwas Filmisches. Andererseits sieht die Kamera natürlich nicht die Nuancen, die das menschliche Auge wahrnehmen kann. Bei einem ikonographisch lesbaren Werk, etwa von Max Beckmann, mag die filmische Bilderklärungs-Methode einigermaßen funktionieren, wobei Michael Trabitzsch in „Departure“ (fd 41 764) es mit der Analyse denn doch etwas übertrieb; Urbach lässt es bei Graubner zum Glück ganz sein. Wenn die Bilder an der Wand hängen, bleibt die Kamera auf Distanz. Nur, wenn er den Maler in Aktion zeigt, geht der Filmemacher dicht heran ans Geschehen. Die akustische Ebene ist in diesen Momenten ebenso eindrucksvoll wie die visuelle: der alte Maler schnauft bei der offensichtlich anstrengenden Arbeit, außerdem hört man die Kratz- und Wischgeräusche der Malwerkzeuge. Man sieht, wie Graubner die Farbe mit Pinseln aufträgt, die er so benutzt, als würde er Laub harken. Die Assoziation mit Gartenarbeit wird vom Künstler gestützt, als er Malerei als „organischen Prozess“ bezeichnet. „So wächst und gedeiht es“, hört man ihn einmal sagen. Auch beim Spaziergang durch die Vegetation der Insel Hombroich wird er gesprächiger als gewohnt. Graubner schwärmt von den Grünschattierungen in der Natur – und kritisiert zugleich die Audioguide-Angebote der Museen; seiner Ansicht nach behindert das viele Reden über Kunst das Sehen, „der Knopf im Ohr ist eine Entmündigung des Betrachters“, sagt Graubner. Vielleicht auch deshalb gibt sich der Künstler lakonisch. Der Film hingegen verzichtet nicht auf „Talking Heads“ – Galeristen, Museumsleiter, Weggefährten. Bereichernd sind vor allem die Schilderungen Volker Kahmens, eines Sammlers und langjährigen Graubner-Freundes, der nachvollziehbar erklärt, wie der Künstler zu den kissenartigen Malgründen kam. Das Rätsel seines Spazierstocks aus Ebenholz, dessen Knauf sich Graubner als Faust schnitzen ließ, lüftet der Künstler am Ende selbst: „Die Faust stecke ich zwischen die Schublade, in der die Kunsthistoriker mich verschwinden lassen wollen.“ Wer Gotthard Graubners Werk allerdings kennt, kommt gar nicht auf die Idee, diesem Schaffen ein Etikett anzukleben. Wer mit seinen schillernden Farbräumen noch nicht vertraut ist, wird durch dieses gelungene Künstlerporträt sicherlich neugierig darauf.
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